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Innendienst

Vorstellung: BMW 5er Touring

Autos Martin Franz
BMW 5er Touring

Äußerlich hat sich der fünfte BMW 5er Touring nur wenig verändert, Innovationen werden erst auf den zweiten Blick deutlich. Eine fehlt noch, und sie betrifft BMW ebenso wir die Konkurrenz. Gesucht wird eine Alternative zum Diesel

Angesichts der SUV-Schwemme und der schlichten Tatsache, dass Kombis nur in Westeuropa einen großen Marktanteil haben, könnte manch einer geneigt sein, dieser Fahrzeugklasse ein baldiges Ende vorauszusagen. Das wäre allerdings ausgesprochen schade, denn ein gut gemachter Kombi hat noch immer seinen Reiz. Das darf wohl auch für den nächsten 5er Touring gelten, den BMW nun vorstellt. Wie bei der Limousine wird jedoch deutlich, dass die Zeiten großer Fortschritte vorbei sind, auch wenn BMW im Detail spürbare Verbesserungen gelungen sind.

Weniger filigran

Optisch orientiert sich der neue 5er Touring an seinem Vorgänger. Er wirkt auf den ersten Bildern nicht mehr ganz so filigran wie das bisherige Modell. Die Leuchten sind viel größer und auch gröber gezeichnet als zuvor, was den 5er zumindest vorerst stärker aus der Masse heraushebt. Dieser Eindruck mag sich dadurch verstärkt haben, dass für die ersten Bildern ein Modell mit dem M-Sport-Paket abgelichtet wurde. Ob der Neue nun schöner ist als der Alte, mag jeder allein beurteilen. Die Grundlinie ließ BMW nahezu unangetastet, was aus unserer Sicht kein Fehler ist.

Kein innerer Riese

Das bisherige Modell war in mindestens einem Punkt kein Meister. Trotz üppiger Außenabmessungen war das Platzangebot nicht gerade überwältigend. Die Beinfreiheit hinten war eher knapp, insbesondere dann, wenn die teuren Komfortsitze eingebaut waren. Der neue Touring ist insgesamt 36 mm länger, der Radstand wuchs um ganze 7 mm. Um der bekannten Kritik zu begegnen, wurden zusätzlich die Lehnen der Vordersitze etwas dünner. So darf BMW vollmundig und richtig schreiben, es gibt „mehr Kopf-,Schulter- und Beinfreiheit auf allen Plätzen“. Zur Wahrheit dürfte freilich auch weiterhin gehören: Wer wirklich viel Platz benötigt, ist mit einem 5er nicht erstklassig bedient. Der Kofferraum wuchs im zehn auf nun 570 Liter, maximal sind es 1700 Liter – ein Zuwachs von 30 Litern. Kleiner Trost: Die Zuladung stieg um bis zu 120 Kilogramm und liegt nun bei maximal 730 kg.

Fortschritte verspricht BMW vor allem bei Gewicht und Komfort. So soll das Leergewicht um bis zu 100 Kilogramm gesunken sein. Bei der Limousine machte sich das bei einer ersten kurzen Ausfahrt [1] mit einem spürbaren Plus an Handlichkeit bemerkbar. Der Neue soll seinen Vorgänger auch beim Geräuschkomfort deutlich übertreffen. Das gilt auch für den Serienumfang: Anders als bisher sind LED-Scheinwerfer und ein Navigationssystem ohne Aufpreis dabei. Extra werden auch weiterhin adaptives Licht und diverse Assistenten berechnet. In einem Punkt ist sich BMW ohnehin treu geblieben: Auch vermeintliche Kleinigkeiten wie Sitzheizung, Einparkhilfe oder Digitalradio (DAB+) berechnet BMW zusätzlich. Unterm Strich kommt damit noch einmal eine erhebliche Summe für Dinge zusammen, die andere Hersteller schon eine Klasse darunter serienmäßig einbauen.

Das nun serienmäßige Navigationssystem hat einen 8,8-Zoll-Bildschirm. Damit wirkt das kleine Navi nicht mehr ganz so verloren wie im Vorgänger. Das große System war nicht nur bei den Neuwagenkäufern beliebt, sondern auch bei Gaunern. Erst 2015 steuerte BMW gegen – mit einer Zwangsregistrierung und einer Alarmanlage, ohne die das teure Navigationssystem nicht mehr bestellt werden konnte. Mit diesen beiden Maßnahmen soll die Aufbruchs-Quote etwas geringer sein als zuvor. Wie lange, wird die Zeit zeigen.

Vier Motoren

Zum Start im Juni gibt es zwei Vierzylinder und zwei Sechszylinder. Der vorläufige Basisbenziner im 530i leistet 252 PS, der Sechszylinder im 540i 340. In der Vergangenheit war der 520d der Bestseller, der unverändert 190 PS leistet. Noch mehr Reserven bietet der 530d mit nun 265 PS. Alle Diesel bekommen einen NOx-Speicherkat und einen SCR-Kat mit AdBlue-Einspritzung. In dieser Klasse kann man es sich leisten, kein Risiko mehr einzugehen.

Im Laufe des Jahres dürften der 520i mit 184 PS, der 540d mit 320 PS und der M550i mit 462 PS folgen. Gerechnet werden darf wohl auch mit dem Hybrid 530e. In der Limousine verspricht BMW für den Plug-in-Hybrid im NEFZ eine elektrische Reichweite von maximal 45 Kilometern. Die Batterie hat eine Kapazität von 9,2 kWh.

Diesel-Alternative gesucht

Vor einem rückläufigen Kombi-Interesse der Kundschaft braucht BMW mittelfristig wohl keine Angst zu haben. Wichtig dafür ist, dass es bei den Antrieben weitere Fortschritte gibt. Denn ein Plug-in-Hybrid, der in der Praxis rein elektrisch bestenfalls zwischen 20 und 30 km schafft, kann in einem klassischen Vielfahrer-Auto kaum als eine Ablösung für den Diesel ernst genommen werden. Soll er tatsächlich eine Konkurrenz für den Selbstzünder werden, müssten die Reichweiten massiv steigen. Wie wichtig eine Alternative zum Diesel mittelfristig sein wird, lässt sich an ersten, noch zaghaften Versuchen ablesen, ihn aus Großstädten auszusperren. Die Aktion in Oslo [2] war mit hoher Wahrscheinlichkeit nur der Anfang einer Entwicklung, die sich nicht mehr zurückdrehen lässt. Sie könnte für eine Klasse, in der rund 90 Prozent aller Modelle mit Dieselmotor ausgeliefert werden, bedeutsamer sein als alles zuvor.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-BMW-540i-3506852.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Oslo-Diesel-fuer-mindestens-zwei-Tage-ausgesperrt-3597206.html