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Kleinableger

Vorstellung: CRF 250 Rally

Motorrad iga
Honda CRF 250 Rally

Anstatt die Reiseenduro-Palette immer weiter nach oben zu verschieben, baut Honda sie nach unten aus: Die neue CRF 250 Rally trägt zwar nur einen kleinen Einzylinder, ist aber leicht, sparsam und geländetauglich

Es klingt natürlich erst einmal nach Langeweile: 250 cm3. Doch Honda hat dafür eine interessante Marktlücke entdeckt: das Mini-Adventure-Bike. Überboten sich in den letzten Jahren die Reiseenduros an Hubraum, PS und leider auch Gewicht, ging der weltgrößte Motorradhersteller jetzt genau den umgekehrten Weg. Die CRF 250 Rally wird von Honda mit „mühelosem Fahrspaß mit universellen Go-anywhere-Qualitäten“ beworben. Ein Versprechen, dass der kleine Einzylinder sicher halten kann. Zwar bieten seit kurzem auch Kawasaki mit der Versys-X 300 und Suzuki mit der V-Strom 250 kleine Reiseenduros an, aber sie sind nicht so konsequent entwickelt wie die Honda mit langen Federwegen und einem 21-Zoll-Vorderrad, was ihre Geländetauglichkeit auf ein sehr hohes Level hebt. Dazu kommt noch ein Wert, bei dem die korpulenten Geländepanzer [1] vor Neid erblassen: 157 kg vollgetankt. Das sind fast zwei Zentner weniger als die meisten großen Reiseenduros.

Die Optik des 450er-Rallybikes

Optisch ist sie eng an die CRF 450 Rally angelehnt, jenem Honda-Werksrenner, der auf der berüchtigten Rally Dakar mächtig Gas gibt. Tatsächlich hat Honda die Kühlerverkleidung, die Seitenteile und den voluminösen Motorschutz fast exakt übernommen. Die hochgezogene Scheibe und deren lange Halterung imitieren ebenfalls den Windschutz und den Instrumententurm des Rally-Motorrads. Die identische rot-weiß-blaue Lackierung macht die CRF 250 Rally zum Hingucker.

Einzig der asymmetrische LED-Doppelscheinwerfer irritiert, nicht nur weil die beiden runden Lampen unterschiedlich groß sind – das hatte bereits die BMW R 1150 GS in den späten 1990er Jahren –, sondern vor allem, weil sie von gewölbten Kunststoffringen umgeben sind, die ihr den Anschein einer Tauchermaske für Quasimodo verleihen. Sie sind in einen Ausschnitt der Scheibe eingelassen, die ebenfalls stark gewölbt ist, was vermutlich aerodynamische Vorteile bietet.

Überarbeiteter Antrieb

Der Einzylinder-Motor stammt aus der CRF 250 L, der wegen der Euro4-Norm für 2017 überarbeitet und dessen Leistung von 23 auf 25 PS bei 8500/min angehoben wurde, die 23 Nm Drehmoment liegen bei 6750 Touren an. Natürlich haut die doch recht überschaubare Kraft niemanden vom Sattel, aber für legales Landstraßentempo reicht es allemal, der Topspeed dürfte bei etwa 130 km/h liegen. Ihr Vorteil ist, dass sie niemanden überfordert und das macht die CRF 250 Rally so sympathisch.

Längere Federwege

Ihr Handling dürfte ebenso unbeschwert ausfallen wie das der bereits bekannten L-Version, auch wenn sie sich im Fahrwerk minimal unterscheiden. Ist der Radstand mit 1445 Millimeter noch identisch, so fällt der Lenkkopfwinkel mit 61,9 Grad sogar um ein halbes Grad steiler aus, während der Nachlauf mit 114 Millimeter um einen Millimeter länger geriet. Vor allem aber verfügt sie über noch längere Federwege: 265 Millimeter vorne und 250 Millimeter hinten schlucken auch im rauen Gelände selbst fiese Löcher und Bodenwellen weg.

270 mm Bodenfreiheit halten die Rahmenunterzüge weit vom harten Kontakt mit Felsen fern. Die 43 Millimeter dicke, gold eloxierte Upside-down-Gabel und das Mono-Federbein stammen von Showa, sind – abgesehen von der Vorspannung des Federbeins – allerdings nicht einstellbar. Die Federung und Dämpfung der Gabel sind separat in je einem Holm untergebracht und, laut Honda, für den Offroad-Einsatz abgestimmt, also wohl etwas härter als bei der CRF 250 L. Die extra versteifte Schwinge ist zur Verringerung der ungefederten Massen aus Aluminium gegossen.

Große Reichweite

Bei der Sitzbank ging Honda einen Mittelweg: Nicht so breit wie bei den Reiseenduros, aber auch nicht so schmal wie bei den Sportenduros. Natürlich ist das Sitzpolster durchgehend und nicht zweigeteilt, allerdings fällt die Sitzhöhe wegen der langen Federwege mit 895 Millimeter recht üppig aus, die CRF 250 Rally ist somit nichts für Kurzbeinige. Die Fußrasten sind gezahnt für einen sicheren Halt der Stiefel und offen konstruiert, damit sich Schlamm nicht so schnell festsetzen kann. Die breite Lenkstange verfügt über eine Mittelstrebe, dahinter informiert ein neues Display.

Der Tank fasst zehn Liter Benzin. Das hört sich für eine Reiseenduro erst einmal wenig an, aber der Verbrauch liegt bei nur knapp über drei Liter auf hundert Kilometer. Honda gibt für die CRF 250 Rally eine theoretische Reichweite von 320 Kilometer an. In Anbetracht der eher dünn gepolsterten Sitzbank will wohl auch niemand länger nonstop mit der Honda unterwegs sein.

Vorteil im Gelände

Im Gelände dürfte sich die CRF 250 Rally wesentlich besser schlagen als die fünf Zentner schweren Reiseenduros. Wobei 157 kg zwar nicht wirklich leicht sind, aber selbst für Fahranfänger noch gut beherrschbar sein werden. Zumal der Einzylinder nicht auf Spitzenleistung, sondern auf Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich abgestimmt wurde, was für eine Allround-Enduro von Vorteil ist. Wo es einem mit einer Zweizylinder-Reiseenduro den Angstschweiß auf die Stirn treibt, hoppelt man mit der CFR 250 Rally fröhlich durch den Dreck. Sie verfügt über dasselbe Zwei-Kanal-ABS wie die große Schwester Africa Twin, das für den Geländeeinsatz am Hinterrad abschaltbar ist.

Unsägliche IRC-Reifen

Ein pfiffiges Detail: hinter dem linken Seitendeckel verbirgt sich ein abschließbares Staufach, in dem auch das Bordwerkzeug lagert. Außerdem sind die Handprotektoren und ein klappbarer Schalthebel serienmäßig vorhanden. Honda zieht leider auch auf die Rally wie schon auf die L-Version weiterhin serienmäßig die unsäglichen IRC-Reifen auf, die weder auf dem Asphalt noch im Gelände überzeugen können.

Preis: noch offen

Bleibt die Frage nach dem Preis, die Honda noch nicht beantwortet hat. Die CRF 250 L steht mit 4890 Euro in der Preisliste, da wird die CRF 250 Rally vermutlich zwischen 5000 und 6000 Euro angesiedelt werden. Damit würde die schicke Rally-Replika ein attraktives Angebot bleiben, für Leute, die lieber abseits befestigter Wege, denn auf der Autobahn auf Reisen gehen.


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