All-mächtiger!

Mit Dragon ist seit gestern die erste private Raumfähre Richtung ISS unterwegs. Die NASA freut sich über Milliarden-Einsparungen, weil sie die Transporter nicht mehr selbst entwickeln und unterhalten muss. Dabei hätte sie sich noch viel mehr sparen können.

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Von
  • Robert Thielicke

Mit "Dragon" ist seit gestern die erste private Raumfähre Richtung ISS unterwegs. Die NASA freut sich über Milliarden-Einsparungen, weil sie die Transporter nicht mehr selbst entwickeln und unterhalten muss. Dabei hätte sie sich noch viel mehr sparen können.

Noch transportiert die Fähre der Firma SpaceX lediglich Fracht. Wenn jedoch alles gut geht, soll sie 2017 erstmals Menschen zur Internationalen Raumstation bringen. Aber die Frage, die im Jubel über den Beginn einer neuen Raumfahrt-Ära untergegangen ist, lautet: Was will der Mensch eigentlich noch dort oben? Die ersten Vorstöße ins All waren Abenteuer, der Flug zum Mond eine Pioniertat sondergleichen. Aber eine Raumstation 400 Kilometer über der Erde zu unterhalten, ist spätestens im 14. Jahr ihres Bestehens kein Aufbruch mehr zu neuen Ufern. Es ist Geldverschwendung. Selbst die wissenschaftlichen Erkenntnisse halten sich in Grenzen. Das verrät schon ein Blick auf die aktuellen Tätigkeiten im europäischen Forschungsmodul Columbus, für immerhin 880 Millionen Euro gebaut und Ende 2007 an die ISS angedockt:

Experiment ROALD 2 erforscht die Rolle einer bestimmten Fettsäure in menschlichen Immunzellen. Das Ziel ist, Gegenmaßnahmen zu den Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Körper zu finden.

Bei Geoflow-2 rotieren zwei mit Flüssigkeit gefüllte Kugelschalen als Nachbildung der Erde. Die innere ist heiß, die äußere kalt. So wollen die Forscher das Strömungsverhalten des Planeten Erde untersuchen.

In den EPM oder „European Physiology Modules“ werden die Folgen langer Schwerelosigkeit auf Herz-Kreislauf und Nervensystem untersucht. Erkenntnisse über irdische Krankheiten wie Osteoporose oder Muskelatrophie sollen sich außerdem ergeben.

Um den Vorwurf einer willkürlichen Auswahl zu entkräften: Die genannten sind die ersten drei Projekte, die die ESA selbst in ihrem aktuellen „Operation Status Report“ vom 4. Mai aufführt. Bei zwei davon beschäftigt sich die Raumfahrt mit einem Problem, das ohne sie kein Mensch hätte: der Schwerelosigkeit. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich Osteoporose und Muskelatrophie nicht besser direkt auf der Erde untersuchen lassen. Das dritte Experiment, Geoflow, klingt gut, aber was kommt dabei heraus? Nichts wesentliches, jedenfalls bis jetzt noch nicht. Die letzte wissenschaftliche Publikation der Forschergruppe zu Geoflow stammt ausweislich der Homepage von 2008. Mehr als eine Beschreibung der Versuchsanordnung ist es nicht, denn zu diesem Zeitpunkt waren die Experimente gerade erst angelaufen.

Aber selbst wenn die Untersuchungsreihe sinnvoll ist, Menschen sind für ihre Durchführung nicht wirklich nötig. Roboter können die standardisierten Abläufe ebenso gut durchführen. Das gilt umso mehr für andere Unternehmungen im All, von der Erforschung von Meteoriten bis hin zu Marsflügen. Denn Roboter sind nicht nur billiger und kommen ohne gigantische Sicherheitsvorkehrungen aus. Sie stehen auch 24 Stunden am Tag zur Verfügung.

Die Zukunft der wissenschaftlichen Raumfahrt liegt daher in vollautomatischen Greifern, ferngesteuerten Erkundungsfahrzeugen und sondenbestückten Satelliten. Sie liegt nicht in Astronauten, die bei ihrer Rückkehr berichten, wie lustig eine umherfliegende Zahnbürste und wie kompliziert der Toilettenbesuch in der Schwerelosigkeit ist. (rot)