Flaschenhals – JavaOne 3/5

Für jemanden, der sich nicht vorstellen kann, wie sich eine zu knapp bemessene Ressource in einem nebenläufigen Kontext auswirkt, dem kann ich einen Besuch zur JavaOne empfehlen. Dort kann man das nämlich sehr schön am eigenen Leibe erfahren.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Michael Wiedeking

In den vergangenen Jahren gab es auf der JavaOne immer wieder Probleme damit, dass Vorträge so gut besucht waren, dass man nicht mehr eingelassen werden konnte und so den einen oder anderen Vortrag verpasste. Deshalb gab es Überlaufräume, in die von einigen Vorträgen Bild und Ton übertragen wurde. Das löste aber das Problem nicht wirklich, denn es bestand weiterhin die Gefahr, dass man trotz der (für mich knapp 9600 km) zurückgelegten Strecke, an einem Vortrag, dessentwegen man gekommen war, nicht teilnehmen konnte.

So stiegen die Veranstalter schließlich auf eine Registrierung für einzelne Vorträge um. Die registrierten Teilnehmer werden – so sie denn zeitig kommen – immer zuerst eingelassen, die ohne Registrierung müssen bis kurz vor der Anfangszeit warten. Das Verfahren hat natürlich einige Nachteile: Beispielsweise kann man nicht mehr einfach so vorbeischauen, ob einen etwas interessiert. Es könnte aber einen enormen Vorteil haben, von dem die Teilnehmer allerdings nichts haben: Der Veranstalter weiß ganz genau, wer sich für was interessiert.

Die JavaOne findet ja dieses Jahr nicht wie sonst im Moscone Center, sondern in den in der Nähe liegenden Hotels statt. Namentlich sei hier nur das Hilton erwähnt, in dem ein Großteil der Java-Sessions stattfindet. Das Hotel ist dementsprechend groß, bietet es eben nicht nur die Möglichkeit mehrere tausend Menschen unterzubringen, sondern auch zu verköstigen. Der Eingangsbereich ist riesig, Rolltreppen führen zu den Veranstaltungsräumen und alles ist so geräumig, dass man fast nicht glauben kann, dass immer mehrere tausend Besucher gleichzeitig im Hotel sind.

Das Hilton hat unter anderem auch einen großen Saal, den Grand Ballroom, der bis zu 3300 Leute fasst. Der große Ballsaal, der sich auch unterteilen lässt, hat vierzehn Türen, damit die vielen Menschen auch schnell genug den Raum betreten können. Selbst bei einer Ausstattung mit runden Tischen, an denen je zehn Personen Platz nehmen können, fasst der Raum bestimmt noch über tausend Gäste. Das mit den runden Tischen habe ich allerdings nicht verstanden, weil doch bei den Vorträgen nur die Hälfte sehen kann, was passiert. Bei einem folienlosen Vortrag würde das ja noch gehen, aber bei den vielen Code-Beispielen …

Als ich das erste Mal zum Grand Ballroom musste, kam ich zwei, drei Minuten zu spät; ich hatte mich verlaufen. Ich war etwas irritiert, dass nach Beginn des Vortrags immer noch eine Schlange von etwa fünfzig Teilnehmern auf Einlass wartete. Es waren zwar drei Türen geöffnet, die Einlass über mindestens acht Meter gewährt hätten, aber vor einer dieser Türen stand eine Ordnerin, die diesen Stau zu verursachen schien, während ihre Kollegin herumstreunende Teilnehmer davon abhielt, unkontrolliert den so offen scheinenden Raum zu betreten.

Alle Besucher tragen brustbeutelige "Taschen" um den Hals, in der, für alle Ordnungskräfte und Mitbesucher gut sichtbar, ein scheckkartengroßes Namensschild steckt. An die Plastiktaschen kann man passende Stöffchen untereinander kleben, denen man entnehmen kann, ob der Teilnehmer beispielsweise Sprecher, Partner, Student und/oder Alumni, oder eine beliebige Kombination davon ist.

Zu meinem großen Bedauern trage ich statt einer klarsichtigen Tasche eine gelbe, die mich mit dem Attribut "Press/Blogger" auszeichnet. Das führt dazu, dass mir Mitarbeiter von Oracle nicht auf jede Frage eine Antwort geben wollen – je höher, desto zurückhaltender. Beispielsweise wollte mir weder der eine aus dem Project Lambda noch der Chef-Architekt von Java auf die – wie ich finde durchaus gerechtfertigte – Frage, ob er sich ein Java 8 vorstellen können, dass nicht rückwärtskompatibel zu den anderen Java-Versionen ist, partout keine Antwort geben, weil sie fürchteten, sie könnten beizeiten darauf festgenagelt werden.

Wie dem auch sei, das Namensschild hat einen Barcode, der zur Eingangskontrolle gescannt wird. In den vergangenen Jahren hat man es unter anderem auch schon mit Chipkarten versucht, die kontaktlos eingelesen wurden. Während damals das Gerät mitteilte, ob der Teilnehmer für den Vortrag registriert ist, gab diesmal das Gerät nur an, ob der Scan funktionierte. Um festzustellen, ob der Teilnehmer rein darf, musste sich die Ordnerin zu dem riesigen, hochkant aufgestellten Flachbildschirm umdrehen, auf dem bei Erfolg der Name und ein großer grüner Punkt zu sehen war.

Offensichtlich gab es Probleme beim Scannen. Wenn der Vorgang fünf Sekunden dauerte, war es schon relativ schnell, gelegentlich dauerte es aber auch schon einmal bis zu einer halben Minute. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Karte in der Hülle blieb oder nicht. Kein Wunder also, dass die Schlange immer noch so lang war.

Das verdeutlicht relativ leicht, welche Auswirkungen es haben kann, wenn ein "synchronized" an der falschen Stelle steht. Noch besser sieht man, dass eine solche Engstelle maßgeblich für den Gesamtdurchsatz verantwortlich ist und Verzögerungen im synchronisierten Bereich katastrophale Folgen haben können. Man tut hier übrigens gut daran, grob zu überschlagen, welchen Durchsatz man zu erwarten hat. Fünf Sekunden pro Scan entsprechen nur zwölf Scans pro Minute. Bei 20 Minuten, die für den Einlass zur Verfügung stehen, bedeutet das nur eine Kapazität von 240 Personen. Eine Verbesserung der Scanzeit auf vier Sekunden erlaubt dann schon den Einlass von 300 Personen.

Ich möchte nicht ungerecht sein, bin ich doch zu spät gekommen und weiß deshalb auch nicht, wie viele Scanner vorher eingesetzt wurden. Ich kann nur sagen, dass bei der Technical Keynote, über die ich eigentlich etwas schreiben wollte, noch drei Minuten vor Beginn die Besucher über drei Stockwerke verteilt warteten und dabei die beiden Treppenhäuser vollständig besetzten. Als ich mich schließlich dazu aufmachte, einen anderen Ort zu finden, um die Keynote zu hören, standen allein im Erdgeschoss noch über hundert Teilnehmer, und es kamen immer noch mehr als weniger.

Ich war dann in dem Zelt, das sie zwischen den beiden Hotels, die jeweils einen ganzen Block einnehmen, aufgebaut hatten. Das hatte ich auch noch nicht erlebt, dass man eine Straße über die Länge eines Blocks wegen einer Konferenz sperrt. In dem Zelt gab es zwar ein Bild, dafür konnte man kaum etwas hören. Die Lautstärke könne man nicht hochdrehen, weil noch andere Aktivitäten im Zelt stattfänden, hieß es.

Ja, und das ist der Grund, warum ich nichts über die Keynote, über die Termine, über das, was in Java 7 kommt und was nach Java 8 verschoben wird, über die Zukunft von Java EE und die Pläne über Mobile.Next erzählen kann. Schade eigentlich.

Das ist natürlich nicht wahr. Zum Glück werden die Keynotes nämlich als Live-Stream übertragen. Ich habe also nicht wirklich was verpasst. Allerdings wurde dort so viel erzählt, dass ich das alles erst ein wenig sortieren und nachbearbeiten muss. Sobald ich soweit bin, wird es dann auch etwas dazu zu lesen geben. Nur so viel schon vorweg: Im Gegensatz zur Keynote gestern waren die Inhalte deutlich präziser.

PS: Mir ist nicht ganz klar, warum das mit der Eingangskontrolle nicht besser wird, aber es wird schon seine Gründe haben. Ich hatte mich nämlich bereits vor zwei Jahren zu dem Thema geäußert. Wer mag kann das im KaffeeKlatsch 06/2008, Seite 19, nachlesen. ()