Linux-Gaming: Melody's Escape

Wenn Melody ihre Kopfhörer aufsetzt und losrennt, taucht sie in eine durch Musik erschaffene Welt ein: In Melody's Escape entschiedet die eigene Musiksammlung über den Level-Aufbau. c't hat sich das Jump'n'Run-Spiel unter Linux näher angesehen.

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Da vergeht die Zeit wie im Flug: Melody sammelt gerade einen Bonus ein

Melody ist eine junge Dame mit einem Faible für Musik. Aber sie erlebt Musik anders: Beats werden zu Hindernissen, die sie überspringen muss, Pausen verwandeln sich in Slow-Motion-Flüge. Wie ein Parcours-Sportler rutscht, springt und rennt die Protagonistin durch die monotone Welt, die nur von der Musik mit Leben und Farbe gefüllt wird.

"Melody's Escape" ist ein Vertreter der wachsenden Schar an Spielen, die die eigene Musiksammlung zum Generieren der Level heranzieht. So bleibt das Erlebnis auch beim hundertsten Anlauf noch frisch und herausfordernd – wenn man nicht immer den gleichen Track laufen lässt. Das grundsätzlich Spielprinzip ist simpel: Wie bei jedem anderen Jump'n'Run gilt es Abgründe zu überspringen, unter Hindernissen durchzutauchen und Boni einzusammeln. Das kann man in mehreren Schwierigkeitsstufen von "Relaxing" bis "Overload" tun. Während bei Relaxing praktisch nur ein oder zwei Tasten auf dem Eingabegerät der Wahl (Tastatur oder Gamepad) nötig sind, erfordern die höheren Schwierigkeitsgrade mehrere unterschiedliche Tasten zum Einsammeln der Boni und zum Überspringen der Hindernisse. Wer einfach nur dem bunten Treiben zuschauen mag, kann die "Autoplay"-Funktion nutzen. Wer dagegen die vorgegeben Schwierigkeitsstufen nicht interessant genug findet, kreiert sich seine eigenen.

Das ausgewählte Lied hat großen Einfluss auf die Schwierigkeitsstufe des jeweiligen Levels. So variieren Geschwindigkeit und Anzahl sowie Art der Hindernisse beziehungsweise Boni in Abhängigkeit von den Beats, lang gehaltenen Noten, Pausen und der Geschwindigkeit. Insbesondere Titel mit wechselndem Tempo haben es in sich – etwa wenn man vom ganz schnellen Flug in einen relativ langsamen Lauf wechselt und gleich dem nächsten Hindernis ausweichen muss.

Melody's Escape (14 Bilder)

Rocket-Boots

Auf der höchsten Intensitätsstufe fliegt Melody, hier gilt es gleich einen Bonus durch Drücken der richtigen Taste einzusammeln. (Track: All the Time von Javi Boss)

Nach Auswahl der Schwierigkeitsstufe und des gewünschten Musiktracks, den man entweder über den eingebauten, leider etwas umständlichen Dateimanager, oder per Drag-and-Drop-Abwurf auf dem Spielfenster wählen kann, wird das Stück analysiert. Der Algorithmus versucht dabei unter anderem, Geschwindigkeit und Takt zu erkennen. Am Ende erscheint ein Farbbalken über die zu erwartenden Bewegungsgeschwindigkeiten und eine Einschätzung, wie gut sich das Lied analysieren ließ. Der eingesetzte Algorithmus kommt mit einer Vielzahl unterschiedlicher Genres sehr gut zurecht, wobei die Erkennung bei vielen Titeln aus dem elektronischen Musikgenre am Besten zu klappen scheint.

Die eigene Musik auf diese Weise ganz neu zu erleben, macht unheimlich viel Spaß. Es gibt aber noch einige Kanten, die das belgische Studio Icetesy hoffentlich bis zum Ende der Early-Access-Phase behebt: Zuvorderst fehlt ein ordentlicher Manager für die eigene Musiksammlung, in dem man auch die Metadaten der Tracks durchsuchen kann. Ein voller UTF-8-Support für die Anzeige von Titeln wäre ebenfalls wünschenswert. Ärgerlich sind die hin und wieder auftretenden Microruckler. Die Erweiterung des Spiels beispielsweise um neue Kleidung für Melody per Steam Workshop ist aus dem laufenden Spiel heraus noch nicht möglich. Wählt man die entsprechende Option, wechselt das Steam-Fenster zum passenden Workshop – das ist aber nur hilfreich, wenn man nicht im Vollbildmodus spielt.

Spezielle Linux-Probleme traten weder an einem PC mit Intel-GPU noch auf einem System mit AMD Radeon R9 290 mit dem Open-Source "radeonsi"-Treiber auf. Zu schwach sollte der eigene Rechner allerdings nicht sein, denn sonst bricht die Framerate schnell ein. Unter Linux sollte man in jedem Fall die 32-bittige libmpg123 für das eigene System installieren – andernfalls kann das Spiel viele Dateiformate wie etwa MP3 nicht lesen. Einziger Unterschied zur Windows-Version: Den Charakter-Editor, mit dem man seine eigene Melody-Figur gestalten kann, gibt es unter Linux und Mac OS noch nicht.

Das kurz vor dem Ende der Early-Access-Phase stehende Jump'n'Run-Spiel "Melody's Escape" ist für rund neun Euro bei Steam oder im Humble Store erhältlich. (uk)