Prozessorgeflüster

Apple, Google, IBM, Intel – der IT-Laden brummt. Nur AMD muss noch etwas zulegen. IBM hat jedoch auch einen Verlust zu beklagen, den Fellow Emeritus Benoît Mandelbrot.

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Von
  • Andreas Stiller

Dank seiner erfolgreichen „iWare“ konnte sich Apple mit 4,3 Milliarden Dollar Gewinn erstmals deutlich vor IBM (3,6 Milliarden), Intel (3 Milliarden) und Google (2,2 Milliarden) an die Reibach-Spitze der Szene setzen. Allenfalls Microsoft könnte noch rentabler sein, aktuelle Zahlen der Redmonder liegen noch nicht vor, im vorigen Quartal fuhren sie jedoch 4,5 Milliarden Dollar Profit ein. In der Marktkapitalisierung liegt derzeit Apple ebenfalls an der Spitze, vor Hewlett-Packard, Microsoft und IBM. Umsatzmäßig dürfte weiterhin HP mit rund 30 Milliarden Dollar klarer IT-Marktführer sein, vor IBM mit 24,3, Apple mit 20,3 und Microsoft mit 15,2 Milliarden.

Zwar blieb Intel im abgelaufenen Geschäftsquartal am unteren Ende der Erwartungen, kann aber mit einem neuen Umsatzrekord von über 11 Milliarden sowie mit 3 Milliarden Dollar Gewinn brillieren. Beim Konkurrenten AMD lief es indes nicht ganz so gut, vor allem die Nachfrage der Privatverbraucher, so Konzernchef Meyer, sei schwächer als erwartet gewesen. So rutschten die Zahlen gegenüber dem Vorquartal weiter ins Rote auf nunmehr 118 Millionen Dollar Verlust, bei 1,62 Milliarden Dollar Umsatz. Immerhin sind beide Zahlen deutlich besser als noch im Jahr zuvor.

Mit zum Minus beigetragen haben vermutlich die stärkere Konkurrenz von Nvidia im Desktop-Bereich und der Trend hin zu den Tablet PCs, der an den Verkaufszahlen der Notebooks knabbert. So sank im Vergleich zum zweiten Quartal der Umsatz der Grafikchipsparte um 11 Prozent. Mit den Fusion-Prozessoren Ontario, Zacate und Llano (alles CPUs mit integrierter DirectX-11-GPU) hat AMD aber recht attraktive Produkte für Anfang nächsten Jahres in petto, wo dann Nvidia mangels x86-CPU und Intel mangels DirectX-11-Unterstützung nicht wirklich mithalten können. Zudem, so leckte es jetzt ins Internet, werden AMDs Hudson-Chipsätze (in den edleren M3- und D3-Versionen) anders als die geplanten Gegenstücke von Intel mit USB 3.0 aufwarten.

Der Llano, der allen Gerüchten über Probleme mit dem 32-nm-Prozess von Globalfoundries zum Trotz laut AMD weiterhin für Mitte 2011 vorgesehen ist, soll zusammen mit der integrierten GPU 400 bis 500 GFlops (in einfacher Genauigkeit) leisten können. Er dürfte übrigens mit weit modernerem Kerndesign aufwarten, als hier anklang – da rächt sich AMDs Durcheinander mit den „K“-Bezeichnungen, solche, die die AMD-Ingenieure intern verwenden, und jene vom Marketing. Vice President Chekib Akrout, Leiter der Technology Group, hat mit „erheblich weiterentwickelten K8“ wohl doch eher einen weiterentwickelten Phenom-II-Deneb gemeint, wenn auch ohne L3-Cache.

Am 14. Oktober ist der Vater des Apfelmännchens, Benoît Mandelbrot, im Alter von 85 Jahren verstorben. Der in Polen geborene und in Frankreich aufgewachsene Mathematiker hat den größten Teil seines Berufslebens bei IBM im Thomas J. Watson Research Center verbracht, wo er 1974 den Status eines IBM Fellows verliehen bekam. Ein IBM Fellow ist eine herausragende Position mit vielen Freiheiten für selbst gewählte Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Wie erfolgreich das sein kann, zeigen unter anderem die mit den Nobelpreisen geehrten Fellows aus IBMs europäischer Forschungsschmiede im schweizerischen Rüschlikon: Gerd Binning, Heinz Rohrer, Georg Bednorz und Karl Alexander Müller.

Jede Excel-Zelle ist ein mit bedingter Formatierung eingefärbter Bildpunkt: das Apfelmännchen fürs Excel-Cluster unter Windows HPC Server 2008R2.

Für Mathematiker gibts keinen Nobelpreis und die Fields-Medaille ist nur für „junge Spunde“ unter 40, und so hat Fellow Mandelbrot mit dem israelischen Wolfpreis sowie dem Japanpreis zwei andere Auszeichnungen mit höchstem internationalem Renommee verliehen bekommen, für die Erforschung der nach ihm benannten Fraktale und der Chaostheorie. Seinen einfachen Mandelbrot-Algorithmus haben wir im Laufe der letzten 25 Jahre immer mal wieder gern benutzt, um die Möglichkeiten neuer Prozessoren und Instruktionssätze zu illustrieren, sei es für 80387, Weitek, MMX, 3Dnow!, SSE, SSE2, CUDA oder MPI. Wir werden sein Andenken in Ehren halten und auch die nächsten anstehenden Prozessoren – mit AVX, LNI und was noch so alles kommt – mit seinen Fraktalen quälen.

Auch für IBMs Cell-Prozessor hatten wir einst mit viel Mühe eine hübsche Version erstellt, vielleicht wird man ja Teile davon in Zukunft weiternutzen können. IBMs Cheftechnologe Jai Menon hat jedenfalls in einem Interview unlängst noch einmal betont, dass man Cell-ähnliche Strukturen in zukünftigen hybriden Power-Prozessoren wiederfinden wird – nur eben nicht mehr als eigenständige Chips im Rahmen der PowerXCell-Linie. An der Fertigung des aktuellen Cell-Chips für Sonys Playstation 3 kann IBM ohnehin nicht rütteln. Im Geschäft mit den Spielkonsolen, sei es Microsofts Xbox360, Nintendos Wii oder Sonys Playstation, will IBM auf jeden Fall am Ball bleiben. Fragt sich nur, ob dafür spezielle neue Prozessoren in Arbeit sind.

IBM entwickelt ja traditionell in alle möglichen Richtungen und unterstützte unter anderem (ebenso wie Intel, Sun, die National Science Foundation und die Forschungseinrichtung des Verteidigungsministeriums DARPA) auch das an der Universität Texas in Austin in Entwicklung befindliche TRIPS-Design (The Tera-op, Reliable, Intelligently adaptive Processing System). Das vor sieben Jahren gestartete Projekt hatte eigentlich zum Ziel, bis 2012 mit einem hochskalierbaren TeraFlops-Prozessor aufzuwarten und konnte auch Ende 2006 einen ersten Prototyp als ASIC fertigstellen. Nur ist es in letzter Zeit sehr still um das Projekt geworden.

Intel will die Forschungsgemeinde derweil wohl lieber mit eigenen massiv-parallelen Testchips wie dem Single Chip Cloud Computer SCC antriggern. Weltweit wirken zurzeit 51 Forschungsprojekte aus dem akademischen und industriellen Umfeld in der Ende September von Intel auf der 10-Jahres-Feier des Braunschweiger Labors losgetretenen „Many Core Applications Research Community“ (MARC) mit. Und was war eines der ersten Demos der Braunschweiger und ist nun von Microsoft Research unter dem Thema „Microsoft Visual Studio + SCC Message Passing Environment“ auf YouTube zu bewundern? Klar doch, das Apfelmännchen. Und raten Sie mal, was Microsoft als erste Demo-Anwendung für Excel im Cluster vorgesehen hat. (as)