Prozessorgeflüster

Während andere ihren Liebsten Blumen schenken, will Intel zum Valentinstag einen bunten Strauß neuer Xeon-Prozessoren präsentieren. Weitere Prozessorgeschenke sollten eigentlich eine Woche später folgen, doch irgend so ein läppischer Chipsatzfehler kam dazwischen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Stiller

Der Bug der neuen Sandy-Bridge-Chipsatzgeneration (siehe S. 18 ) hat mal wieder viel Staub über Computer und ihre Fehler aufgewirbelt. Intel stoppte die Auslieferung der Chips, doch etliche OEM-Kunden wollen auf die neue Revision gar nicht warten, sondern den Zeitvorteil vor der Konkurrenz nutzen, ja sie bestellten sogar weitere potenziell defekte Chipsätze nach – was ja auch Sinn macht, wenn ihre Produkte auf die betroffenen SATA-II-Ports verzichten können. Nur müssen Kunden nun verstärkt aufpassen, dass sie kein faules Ei erwischen. Andererseits können sie vielleicht ein gutes Schnäppchen ergattern, etwa wenn sie ein schickes Notebook zum deutlich günstigeren Preis erstehen, bei dem möglicherweise irgendwann mal (Intel spricht von fünf Prozent der Fälle) beispielsweise das eSATA-Interface den Geist aufgibt – dann nimmt man eben USB. Klar, die Konkurrenz kann diese Situation jetzt ausnutzen, jedenfalls wenn sie mit dem neuen Llano-Chip zügig in die Gänge kommt.

Man muss Intel aber zugutehalten, frühzeitig und lautstark Alarm gegeben zu haben, das machen durchaus nicht alle so. Immerhin pflegt Intel seit dem legendären FDIV-Bug vor 17 Jahren öffentliche Fehlerreports („Specification Updates“) von Prozessoren und Chipsätzen. AMD hat das später bei den Prozessoren ebenfalls eingeführt, bei Chipsätzen hingegen sucht man auf dem AMD-Server meist vergebens nach entsprechenden Listen – und welcher Pharisäer glaubt schon, dass hier alles frei von Fehlern ist?

Zudem hat der Bug des Desktop-Chipsatzes auch die Planung bei den Xeons durcheinandergewirbelt, schließlich ist sein sehr naher Verwandter auch für kleine Server vorgesehen. Die für den Valentinstag vorgesehenen Chips sind davon indes nicht betroffen, denn bei ihnen handelt es sich lediglich um ein Update der älteren Nehalem-Klasse, dessen Chipsätze, soweit bekannt, keine SATA-Probleme aufweisen.

Insbesondere erwartet man hier den neuen Spitzenreiter, den Hexa-Core X5690 mit 3,46 GHz. Über den haben Kollegen schon im August letzten Jahres geschrieben: „Intels schnellster Sechskerner naht“ – na ja, gut Ding braucht seine Zeit. Im Internet wird er schon hier und da zu Traumpreisen um die 4000 Euro angeboten.

Eine Woche später wären dann die Einprozessor-Xeons für den Sockel H2 (LGA1155) dran, aber daraus wird vermutlich erst mal nichts, weil sein Chipsatz (Cougar Point oder C206) das SATA-Schicksal mit dem H/P/Q67 teilt. Die Einprozessor-Xeons mit dem Codenamen Sandy Bridge-EN unterscheiden sich im Wesentlichen von ihren Core-i5/7-Kollegen nur durch freigeschaltetes ECC für den Speicher sowie durch Registered DIMMs.

Der Performancegewinn des vorgesehenen Schnellsten dieser Gattung, Xeon E3-1280 mit 3,5 GHz in der Blomolow-Plattform, liegt ausgedrückt in SPECint/fp_rate_2006 im Vergleich zu seinem direkten Nehalem-Vorgänger (Xeon X3480, 3,06 GHz, Foxhollow-Plattform) bei rund 20 Prozent.

Das neue Xeon-Namensschema sorgt für mehr Übersichtlichkeit.

Ähnlich wie bei den Desktop-Prozessoren mit den i3-, i5- und i7-Klassifizierungen führt Intel mit Sandy-Bridge-Chips in der „Data Center Group“, also bei den Xeons, ein neues Benennungsschema ein: Ep-msxx[L]Vv. „Ep“ kennzeichnet die Produktfamilie (E3, E5, E7), „m“ die maximale CPU-Zahl pro Knoten (1, 2, 4 …), „s“ den Sockel (2 für H2/LGA1155 , 4 für B2/LGA1367, 6 für R/LGA2011 und 8 für LS/LGA1567). Mit „L“ werden die Energiesparausführungen gekennzeichnet und neue Versionen ab „V2“ erhalten eine fortlaufende Kennung am Ende.

Auch die Serverchipsätze bekommen einen Namen nach einem neuen Schema. Sie beginnen nun alle mit „C“, dahinter folgt je nach Segment eine 2 (vom Desktop-Chip abgeleitet) oder 6 (Data Center). Die nächste Ziffer steht für die jeweilige Generation und eine weitere für die Unterversion. Die neuen Chipsätze für Einprozessorsysteme lauten C200 (Codename Cougar Point) und später für Ivy Bridge C210 (Panther Point) und für Haswell C220. Panther Point soll dann endlich auch USB 3.0 beherrschen.

Die jetzt vermutlich um ein paar Wochen verschobenen Singleprozessor-Xeons fallen nach der neu geordneten Genealogie in den Zweig der E3-1200-Familie. Die für Anfang 2012 geplanten Nachfolger in 22-nm-Technik (Ivy Bridge-EN) gelten dann als neue Version desselben Chips, heißen folglich E3-1200V2. Die fürs vierte Quartal vorgesehenen Dualprozessor-Xeons (Sandy Bridge-EP) gehen mit drei Speicherkanälen als E5-2400 (B2-Sockel) und mit derer vier als E5-2600-Familie (R-Sockel) ins Rennen und die Westmere-EX-Prozessoren je nach unterstützter Knotenzahl als E7-2800 bis E7-8800.

Diese für große MP-Systeme mit zwei, vier und acht Prozessoren ausgelegten gigantischen Westmere-EX-Chips sollen mit bis zu zehn Kernen plus Hyper-Threading und mit bis zu 30 MByte L3-Cache auftrumpfen. Laut kursierender inoffizieller Roadmap vom Dezember 2010 ist ihr Stapellauf für April geplant, vielleicht verzögert er sich aber noch um ein paar Wochen. Der E7-8870 ist dabei das größte Schlachtschiff mit 10 Kernen, 2,4 GHz Takt, vier 6,4-GT-QPI-Links und vier Speicherkanälen mit 1066 MHz sowie einer TDP von 130 Watt.

Rund 20 Prozent an Performance bei SPECint/fp_rate_base2006 sattelt nach inoffiziellen Informationen der Westmere-EX E7-4870 gegenüber dem Vorgänger Nehalem-EX X7560 (8 Kerne, 2,26 GHz, 24 MByte L3) drauf, er erreicht also etwa 850 SPECint_rate_base2006est und 637 SPECfp_rate_base2006est. Diese Werte müsste allerdings der für den Sommer vorgesehene AMD-Bulldozer Interlagos mit seinen 16 Integer- und 8 FPU-Kernen locker um 15 bis 20 Prozent toppen. Beim Linpack-Benchmark könnte er dank Vektorerweiterung AVX dann noch stärker in der Viersockelliga dominieren, jedenfalls bis der Sandy Bridge-EP mit vier R-Sockeln herauskommt. Den hat Intel nämlich schon fürs erste Quartal 2012 für die E5-4600-Familie eingeplant.

(as)