Prozessorgeflüster

Den I-Firmen gehts offenbar wieder gut: Intel und IBM strichen im letzten Quartal ordentliche Gewinne ein und auch der deutsche I-Vertreter Infineon konnte wiederum mit leicht schwärzlichen Zahlen aufwarten. Auch AMD sieht nach neun roten Quartalen endlich wieder schwarz. Die Stimmung in der ganze Branche bessert sich zunehmend, zumal die nächste Prozessgeneration mit 90 nm jetzt richtig greifbar wird.

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Von
  • Andreas Stiller

Mit 8,74 Milliarden Dollar lag bei Intel der Umsatz im Weihnachtsquartal 2003 um satte 22 Prozent über dem des Vorjahres und der Gewinn verdoppelte sich gar von 1,05 auf 2,17 Milliarden Dollar. Im Gesamtjahr 2003 konnte Intel zum zweiten Mal (außer dem Boomjahr 2000) mehr als 30 Milliarden Dollar Umsatz erwirtschaften, mit beeindruckenden 5,64 Milliarden Dollar Gewinn. Nicht schlecht - Branchenprimus IBM macht solch einen Umsatz zwar beinahe in einem einzigen Quartal - zuletzt 25,9 Milliarden -, erzielt aber vergleichsweise weniger Gewinn. Dennoch stimmt IBM mit insgesamt 7,6 Milliarden Dollar Profit im letzten Jahr die gesamte Branche wieder sehr optimistisch.

Infineon hätte so einen Gewinn sicher auch gern. Immerhin konnte der Chiphersteller mit 34 Millionen Euro das kleine, zarte Pflänzchen Gewinn weiter pflegen. Mindestens 400 neue Arbeitsplätze will Infineon in Deutschland schaffen - laut PR-Abteilung ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland. Ganz vom Tisch sind indes die Abwanderungspläne noch nicht, immerhin 500 Millionen Euro will Infineon nach dem Sanierungsplan „Impact 2“ einsparen. Aber die Stimmung steigt: „Die schlimmste Krise, die der Halbleitermarkt jemals erlebt hat, scheint vorüber“, so frohlockt Infineon-Chef Schumacher, und er sieht optimistische 18 bis 20 Prozent Wachstum für die Branche in diesem Jahr.

Intels operativer Chef Otellini goss in die Freude über die schönen Bilanzzahlen aber auch einen Wermutstropfen, denn der für nächsten Monat erwartete neue Mobile-Prozessor in 90-nm-Technologie namens Dothan musste mal wieder verschoben werden. Auch diesmal sei nicht der 90-nm-Prozess schuld, sondern ein „Glitch“, ein kleiner Schaltungsfehler, der laut Otellini die Fertigung erschwerte. Dann wäre die Ausbeute zu schlecht, und so nimmt Intel lieber zwei Monate Verzug durch ein Redesign in Kauf. Ansonsten aber soll der 90-nm-Zug munter weiterfahren in Gestalt des für Anfang nächsten Monats erwarteten Pentium 4 Prescott. IBM ist im 90-Nanometer-Rennen aber mindestens genauso schnell, denn anders als im letzten Geflüster unterstellt, werden Apples Xserve-G5-Systeme doch bereits ab Februar mit 90-nm-G5s ausgeliefert - so stehts jedenfalls im White Paper zum Server. Diese sind dann mit 2 GHz zwar nicht schneller als die bisherigen PPC970-Prozessoren, aber ihre Leistungsaufnahme soll deutlich niedriger sein - sonst hätte man sie gar nicht zu zweit in ein schmales 1U-Gehäuse pressen können. Optimisten erhoffen nun die Vorstellung schnellerer G5-Desktop-Prozessoren in 90 nm mit 2,2 bis 2,6 GHz noch vor dem Debüt des Intel-Rivalen Prescott.

Auch Texas Instruments ist ganz vorne im 90-nm-Rennen der Prozessoren dabei. Nach der Vorstellung des OMAP 1710 mit ARM-Kern im Dezember folgten nun die ersten DSPs in 90 nm. Die C64x-Prozessoren mit bis zu 1 GHz Takt sind jetzt in der Bemusterungsphase und sollen im vierten Quartal auf den Markt kommen. Erste Benchmarkergebnisse gab TI bereits bekannt: 9130 BDTIMark2000. Mit diesem Wert stünde der Prozessor ganz allein auf weiter DSP-Strecke, gäbe es da nicht den 2-GHz-Prozessor Fastmath von Intrinsity, der mit Hilfe handoptimierten Assemblercodes auf 11 890 kommt. Allerdings schluckt dieser MIPS-Abkömmling mit 13,5 Watt mehr als das Sechsfache des TI-DSP, dessen Leistungshunger bei 1 GHz Takt unter 2 Watt liegen soll.

AMD übertrumpft Intel deutlich, was die Umsatzsteigerung angeht: 76 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Der Gewinn ist mit 43 Millionen Dollar zwar vergleichsweise bescheiden, aber immerhin ist das seit nunmehr neun Quartalen der erste Gewinn überhaupt. Die 90-nm-Technik will AMD in der zweiten Jahreshälfte einführen, mit einer Vielzahl neuer Prozessoren: Athens, Troy, Venus, San Diego, Winchester und Odessa.

Doch schon ohne die auf 90 nm geschrumpften Versionen geht AMDs Plan auf, im Supercomputerbereich mit großen Operton-Clustern Terrain zu gewinnen, was dann auf das Serverbusiness insgesamt ausstrahlt.

Es clustert derzeit geradezu überall: Zuletzt gingen am Astrophysikalischen Institut Potsdam „Sanssouci“ (mit 266 Opterons) und an der Uni Zürich „Matterhorn“ mit 522 Opterons in Betrieb. Das Mercedes-Technologie-Center, das schon Athlon-Cluster-Systeme im Einsatz hat, will nun auch einen Opteron-Cluster mit mehreren hundert Prozessoren aufbauen und der weltgrößte Online-Wetterdienst www.weather.com hat seine Datenbank auf eine Vielzahl Opteron-bestückter IBM-eServer portiert. Bei den Desktops dreht AMD ebenfalls auf: Die nächste Athlon-64-Version 3700+ wird etwa für die CeBIT im März erwartet, und zwar auch die angekündigte Variante mit zwei Speicherkanälen im Sockel 939. Apropos CeBIT: AMD wird diesmal keinen eigenen Stand aufbauen, sondern stattdessen bei diversen Partnerfirmen zugegen sein.

Optimismus herrscht auch beim kleinen Prozessorhaus Transmeta - es kann hier auch nur besser werden: Beim letzten Quartalsergebnis war der Verlust mit 21,6 Millionen Dollar noch sechsmal höher als der Umsatz. Aber die neuen Crusoe- und Efficeon-Prozessoren finden jetzt nicht nur in Japan, sondern auch in den USA größere Beachtung, hier hat sich eine Initiative von Hard- und Software-Herstellern zusammengefunden, um die neue Produktkategorie UPC (Ultra-Personal Computer) zu promoten. Auf der Consumer Electronics Show hatte Transmeta neue Entwicklerplattformen (SDKs) für Crusoe TM5900 und Efficeon TM8600 vorgestellt, Hewlett-Packard und Wyse wollen die Prozessoren einsetzen - es geht voran.

Das gilt auch für den europäischen PC-Markt. Nach den vorläufigen Ergebnissen von IDC für EMEA (West- und Ost-Europa, Naher Osten, Afrika) lag das vierte Quartal 2003 stückzahlmäßig um kräftige 19,6 Prozent über dem Vorjahr. Notebooks legten gar um 42 Prozent zu. Branchenprimus ist in allen drei Disziplinen Desktops, Notebooks und Server Hewlett-Packard, aber Shooting Star Acer konnte bei den Notebooks mit atemberaubenden 125 Prozent Zuwachs nahezu aufschließen. Auch bei Fujitsu Siemens dürfte angesichts von 89 Prozent Steigerung des Notebook-Verkaufs der ein oder andere Sektkorken geknallt haben. Für 2004 sieht IDC mit 13,4 Prozent weiterhin zweistellige Zuwachsraten, das ist schon mehr als ein Silberstreif am Horizont. (as) (as)