Prozessorgeflüster

Während IBM und Intel schon langsam die Nachkrisenzeit einläuten, hat AMD noch schwer zu kämpfen. Doch die Aussichten sind gut und im Grafiksektor wachsen schon Bäume in den DirectX-11-Himmel.

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Von
  • Andreas Stiller

Nachdem sowohl IBM als auch Intel mit deutlich besseren Bilanzen als erwartet die Analysten wieder einmal eines Besseren belehrt haben, hoffte man Nämliches auch von AMD. Doch Intels Konkurrent blieb hinter den Erwartungen zurück und steckt weiter tief in den roten Zahlen. Mit einem Verlust von 47 US-Cent pro Aktie hatte die Wall Street gerechnet, es sind aber – ohne den Verkauf bereits abgeschriebener Vermögenswerte – 62 Cent pro Aktie geworden. Rechnet man den Einmalgewinn durch Abtrennung der Herstellungssparte zu GlobalFoundries im Buchwerte von 1,1 Milliarden Dollar hinzu, so beträgt der Verlust nur noch 49 Cent pro Aktie, mithin insgesamt 330 Millionen Dollar. Der Quartalsumsatz sank gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 1,18 Milliarden US-Dollar – offenbar kann AMD derzeit, anderes als Rivale Intel, noch nicht von der leichten Erholung des PC-Marktes profitieren. Doch die nunmehr deutlich verschlankte Firma will sich besser aufstellen und kommt stärker in den Markt, in den USA etwa bei Dell mit dem stark beworbenen Inspiron 546 und hierzulande zum Beispiel bei Aldi, erstmals gleichzeitig mit PCs und Notebooks. Zwei neue Athlons II X2 im unteren Preissegment um die 60 US-Dollar und ein Sempron 140 mit 2,7 GHz für 36 US-Dollar sollen bei den Billigst-PCs abräumen. Auch beim Thema Nettops und Netbooks will AMD in Zukunft verstärkt mitreden und die Athlon-Neo-Chips stärker gegen Intels Atom-Prozessor positionieren. Dabei setzt AMD vor allem auch auf bessere integrierte Grafik.

Vor 2005 waren bei Deutschlands größtem Discounter überhaupt keine Systeme mit AMD-Prozessoren zu finden. Im September 2005 erschien hier das erste Notebook mit AMD Turion und seit einem Jahr sieht man immer öfter Desktop-PCs mit Phenom X4 oder Athlon 64 X2.

Bei GlobalFoundries gehts ebenfalls voran: Ende Juli erfolgte feierlich der erste offizielle Spatenstich für die geplante, über vier Milliarden Dollar teure Fab 2 im Luther Technology Campus bei Malta im Bundesstaat New York. Gouverneur David Paterson versprühte in Anwesenheit des ehemalige AMD-Chefs Hector Ruiz viel Zweckoptimismus. Muss er auch, hat er doch im hoch verschuldeten Staat New York die Subvention von 1,4 Milliarden Dollar mit zu verantworten. Analysten sind da etwas kritischer, die Fabrik müsse schon mit 85 bis 90 Prozent Auslastung arbeiten, um rentabel zu sein – so David Kanter von realworldtech.com. Hilfreich könnte sein, dass dank der Kollaboration mit IBM der technische Standard der neuen Fabrik gegenüber der Fernostkonkurrenz höher eingeschätzt wird, was neue Kunden anzöge. AMD als einziger Auftraggeber reicht jedenfalls bei Weitem nicht. GlobalFoundries hatte angekündigt, in Kürze einen illustren Neukunden zu präsentieren. Unter den üblichen Verdächtigen befanden sich Firmen wie Altera, Freescale, Qualcomm, Texas Instruments und Xilinx. Doch nun hat sich STMicroelectronics geoutet. Vielleicht wird später auch Nvidia dazustoßen. Die Grafikchip-Firma hatte in der Vergangenheit so manche Probleme mit ihrem Hersteller TSMC durchzustehen.

Zu tun gibt es viel: Der Grafiksektor ist jedenfalls wieder kräftig im Aufwind, nach dem großen Abschwung im letzten Jahr boomt jetzt der Markt. Er legte nach den Zahlen von Jon Paddie Research gegenüber dem Vorquartal gar um 31 Prozent zu. AMD konnte bei den Stückzahlen am stärksten draufsatteln, nämlich um 41,5 Prozent, vor Intel mit 35,2 Prozent und Nvidia mit 23,6 Prozent. Dank der zahlreichen Grafikchips in den Chipsätzen ist Intel mit 51,2 Prozent weiterhin Markführer vor Nvidia mit 29,2 und AMD mit 18,4 Prozent – fragt sich allerdings, wie viele dieser Intel-Chipsatzgrafiken durch Einstecken externer Karten abgeschaltet ihr Dasein fristen.

Wie verlautet, will AMD/ATI Mitte September mit diversen DirectX-11-Chips von Low- bis High-End auftrumpfen, man hört hübsche Baumnamen wie Hemlock (Einstiegsklasse ab 50 Dollar), Cedar und Redwood (Mittelklasse) sowie Juniper und Cypress (High-End). Wer nun was zuerst darüber geschrieben und wer bei wem abgeschrieben hat – darüber rauft sich derzeit die Szene rund um Inquirer, SemiAccurate und Bright Side of News.

Szene-Altmeister Mike Magee jedenfalls, inzwischen bei TG Daily, schaut sich offenbar lieber irgendwelche Patentstreitigkeiten an. Wie er berichtete, hat Patentweltmeister IBM diverse neue Klagen am Hals. So erhob Mitte Juli die kanadische Firma Mosaid beim offenbar für solche Auseinandersetzungen sehr beliebten District Court in Delaware Klage, IBM hätte einige ihrer DRAM-Patente verletzt. Nur eine Woche später folgte in Alabama die Auburn University. Bei ihrer Klage gehts um patentierte Methoden von Professor Adit Singh, wie man Zuverlässigkeit von Komponenten besser einschätzen und die Qualität optimieren kann. Pikanterweise hatte ein beteiligter Student von Dr. Singh unmittelbar nach dessen Patentanmeldung ein längeres Praktikum bei IBM absolviert – und dann kam IBM mit ähnlichen Erfindungen …

IBM geht es trotz Krise ja weiterhin ausgesprochen gut, kauft mal eben hier eine kleinere Firma für Sicherheitssoftware und dort eine größere für statistische Software für 1,2 Milliarden Dollar. Vom Einkauf von Sun nahm Big Blue nach eingehender Prüfung Abstand, der Deal blieb Oracle überlassen. Die Aktionärsversammlung von Sun stimmte inzwischen mit der Mehrheit von 62 Prozent dem Verkauf an die Datenbankfirma zu, jetzt fehlt nur noch das Okay der Wettbewerbsbehörde.

Auch die nach ihrer Insolvenz von Rackable übernommene Firma SGI kommt wieder in Schwung. Entgegen anders lautenden Meldungen wolle man am Itanium festhalten, verkündete CEO Mark Barrenechea in seinem Blog. Es gäbe für den Itanium eine vielversprechende Roadmap und SGI besäße noch viele Itanium-Kunden. Dank QPI-Anschlusstechnik und Scalable Memory Hub ließen sich auch Systeme bauen, die alternativ mit dem kommenden Itanium-Chip Tukwila oder dem Nehalem EX bestückt werden können. Für das geplante große SMP-System namens SGI Ultraviolet (siehe auch c't 17/2009, S. 74) ist allerdings nur Intels Nehalem-EX-Prozessor vorgesehen.

Ob der Nehalem EX genauso wie sein kleinerer Xeon-Kollege auch mit dem Coremark beglückt wird, muss sich noch zeigen. Dieser Benchmark wurde vom Embedded Microprocessor Benchmark Consortium (EEMBC) eigentlich für den Embedded-Bereich als Nachfolger des Dhrystone konzipiert und keinesfalls für solch dicke Eisen wie Xeon oder Phenom. Dass diese in den Veröffentlichungen auf der Coremark-Website in der Performance weit vorne liegen, verwundert also nicht. Allerdings sind sie auch in der hier eher wichtigeren Disziplin Performance/Takt mit 11,8 respektive 9,5 Coremark/MHz klar in Führung. Als Maßstab für die Embedded-Welt ist aber wohl eher der Atom N270 wichtig, der mit 2,5 Coremark/MHz weit weni-ger brillieren kann. Damit liegt er etwa gleichauf mit dem Microchip PICMX360F512L mit 30-MHz-MIPS32-Kern. Und mit 3,2 Coremark/MHz um einiges besser als Atom konnte sich der betagte PA6T-1682M PWRficient der nun zu Apple gehörenden Firma P.A.Semi positionieren – wer auch immer die Ergebnisse eingereicht hat. Vielleicht war es ja Steve Jobs persönlich, um Intel etwas zu triezen. (as)