Prozessorgeflüster

Die Krise scheint überwunden, selbst AMD schreibt schwarze Zahlen. Den IT- und Halbleiterfirmen geht’s wieder gut – wenn nicht gerade irgendein Vulkan dazwischenfunkt. Heiße Luft machen kann die Szene schließlich selber.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Stiller

Da möchte man mal ein paar Tage nach Austin/Texas fliegen, um sich dort über kommende Prozessoren zu informieren, ein paar Firmen und die dortige Uni zu besuchen und nebenbei das neue iPad mit UMTS einzukaufen, da schiebt die Natur ganz unerwartet eine dunkle Wolke vor den Horizont. Und kein Cloud-Computing, egal wie leistungsfähig, hatte im Vorfeld davor gewarnt …

Eine kurze Stippvisite sollte eigentlich auch zu Intrinsity führen, jener kleinen Prozessorfirma, die inzwischen vermutlich von Apple übernommen wurde. Den Deal wird Apple wohl erst nach der Veröffentlichung der neuen Quartalszahlen offiziell bekanntgeben. Mit 13,5 Milliarden Dollar Umsatz und 3 Milliarden Dollar Gewinn konnte Apple zwar nicht ganz an den Rekord des Vorquartals anknüpfen, steht aber dennoch bombastisch da.

Spätestens seit der im September 2009 eingeführten neuen Bilanzierungsform mit geänderter iPod- und iPhone-Einbeziehung hat Apple seinen Partner Intel deutlich überholt und rückt allmählich IBM auf die Hacken. Big Blue konnte zwar den Umsatz um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf 22,9 Milliarden Dollar steigern und den Gewinn um 13 Prozent auf 2,6 Milliarden, bleibt in dieser Beziehung aber hinter Apple zurück. Intel ist ebenfalls glücklich: Mit nunmehr 10,2 Milliarden Dollar Umsatz und 2,4 Milliarden Dollar Gewinn konnte die Corporation doch mit dem besten operativen Ergebnis vor Steuern (rund 3,5 Milliarden US-Dollar) aller Zeiten aufwarten – jedenfalls wenn man die „freiwillige“ Abgabe an AMD in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar nur dem letzten Quartal aufbürdet – sonst wäre jenes mit 3,7 Milliarden operativem Gewinn noch etwas besser gewesen.

AMD schaffte ebenfalls einen guten Abschluss und damit die echte Rückkehr in die schwarzen Zahlen, also ohne zusätzliche Intel-Asche. Bei 1,57 Milliarden Dollar Umsatz blieb ein erklecklicher Gewinn von 257 Millionen Dollar über.

Weitere heiße News aus dem Silicon Valley: Hier hat Google die Start-up-Firma Agnilux gekauft, zu der unter anderem Ex-Apple- und P.A.-Semi-Mitarbeiter Dan Dobberpuhl gewechselt ist. Und nun macht auch noch das Gerücht die Runde, Apple könnte mit AMD etwas ausspinnen – jedenfalls habe man AMD-Manager in Apples Headquarters in Cupertino gesichtet. Immerhin hat AMD mit den Fusion-Prozessoren auch für Apple recht Interessantes in der Hinterhand. Firmenchef Dirk Meyer wies bei der Vorstellung der positiven Quartalsergebnisse darauf hin, dass erste Muster des CPU/GPU-Kombi-Chips Llano bereits an ausgewählte Kunden herausgingen und man noch in diesem Jahr die Volumenproduktion aufnehmen wolle.

Zudem betonte er, AMD wolle in Zukunft verstärkt im Notebook- und Tablet-PC-Markt mitmischen und bald schon neue Produkte herausbringen, etwa die nach Flüssen benannten Plattformen Donau und Nil. Bahnt sich da vielleicht der Beginn einer neuen wunderbaren Freundschaft an? Zunächst aber führt Apple erst einmal die MacBook Pros mit den neuen Arrandale-Prozessoren von Intel ein (S. 36). Apple hat sich damit relativ viel Zeit gelassen; wollte man damit Intel etwas düpieren? Es heißt, Apple sei nicht so begeistert von den Grafikfähigkeiten dieser Prozessoren.

Vielleicht sollte man jetzt mal die Kneipen in der Umgebung von Cupertino absuchen, ob da nicht irgendwo ein Llano-Prototyp liegen geblieben ist. Vor allem die Gastwirtschaften mit deutschem Bier sind erfolgversprechend, so wie das Gourmet Haus Staudt in Redwood City. Hier hatte nämlich Apple-Programmierer Gray Powell das noch geheime iPhone 4G liegen gelassen. „Ich hatte unterschätzt, wie gut deutsches Bier ist“ – so seine einleuchtende Entschuldigung. Der findige Finder war clever genug, es nicht etwa an Apple zurückzugegeben, sondern es für 5000 Dollar an eine Online-Site zu verhökern. Für einen Llano gibts wahrscheinlich noch ein paar Dollar mehr.

Zurück zu Austin, wo noch eine andere kleine Prozessorfirma ein Nischendasein führt: Centaur, die die Nano-Prozessoren für VIA Technologies entwickelt. Jetzt, wo die kleinen Bauformen stärker im Mittelpunkt stehen, können vielleicht auch die Centaur-Prozessoren wieder verstärkt mitspielen.

Erst vor Kurzem kam mit dem EPIA-T700 ein Computer-on-Module (COM) heraus im neuen Mobile-ITX-Formfaktor von 6 cm x 6 cm. Und der 1-GHz-Eden-ULV-Prozessor dürfte in der Performance in etwa auf Höhe eines mit gleichem Takt laufenden Atom N450 liegen, ein gutes Stück vor dem iPad-Prozessor A4, wie erste CoreMark-Ergebnisse (S. 95) zeigen.

Der CoreMark ist vom Embedded Benchmark Consortium (EEMBC) genau für solche kleinen Gerätchen konzipiert. Nichtsdestotrotz haben Spaßvögel ihn mal auf den Itanium Montecito (1,6 GHz) losgelassen. Mit einem Wert von 3690 konnte dieser den iPad A4 (2162) gerade so in Schranken halten, einem Atom N270 (4058) musste er sich aber geschlagen geben. Zum Vergleich: der Xeon-Quad-Core X5450 steht mit 45 665 in der CoreMark-Liste …

Bei Sandy Brigde ist der Grafik-Controller gemeinsam mit den Rechenkernen am Cache-Subystem angekoppelt.

Und da wundert es nicht, dass es zum neuen Itanium Tukwila auch zwei Monate nach seinem Stapellauf noch kein einziges Benchmarkergebnis gibt. Intel-Vize David Perlmutter wiederholte auf dem in Peking abgehaltenen Frühjahrs-IDF zwar pflichtgemäß, dass man an Itanium festhalte und die Perspektiven nach den Vorhersagen der IDC-Marktforscher gut seien … aber dann war er glücklich, einen Wafer mit seinem wahren Favoriten hochhalten zu können: den Sandy Bridge mit der nächsten Mikroarchitektur, der wieder in seiner israelischen Heimat entwickelt wurde.

Ein paar neue Winzigkeiten dazu gab er bekannt. Danach ist der integrierte Grafik-Controller direkt am Cache-Subsystem angekoppelt, sodass er mit dem Hauptprozessor effizient in einem gemeinsamen Adressbereich arbeiten kann. Dass die neue Vektorerweiterung AVX zunächst ohne den so wichtigen Multiply-Add-Befehl herauskommen wird, verriet er nicht, ebenso wenig, dass Sandy Brigde mit einer Art wiedergeborenem Trace-Cache aufwarten wird, in Form eines großen Loop-Buffers für bis zu 1500 Mikrooperationen. Möglicherweise werden die Serverausführungen auch PCI-Express-3.0-Schnittstellen bieten. Und Sandy-Bridge soll wie Llano Ende dieses Jahres in Produktion gehen. Ob der Grafik-Chip allerdings mit der ATI-GPU im Llano mithalten kann, steht in den derzeit leicht verdunkelten Sternen. (as)