Statt Jodeldiplom: OCUP - OMG Certified UML-Professional

Kleiner Rückblick nach zweieinhalb Jahren Erfahrung mit UML-Zertifizierungen

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Bernd Oestereich

Seit mehr als zwei Jahren gibt es das UML-Zertifizierungsprogramm der OMG (OCUP - OMG Certified UML-Professional) mit den drei Stufen Fundamental, Intermediate und Advanced. Zusammen mit Tim Weilkiens, der für oose in der OMG u.a. an der UML aktiv mitarbeit und der sich noch in der Betaphase des Zertifizierungsprogramms voll durchzertifizieren ließ, haben wir dann im dpunkt-Verlag Vorbereitungsbücher hierzu herausgebracht. Dabei muss ich zugeben, dass Tim den allermeisten Teil geleistet hat, vor allem beim Intermediate-Teil. Die Bücher werden gerade ins Englische übersetzt und Tim sitzt gerade daran, die bisherigen Einzelbücher zu Fundamental und Intermediate (siehe http://www.uml-zertifizierung.de/) zu einem Buch zusammenzufassen, dass dann die Prüfungsvorbereitung zu allen Stufen umfasst.

Das ist ein Anlass, nochmal kritisch auf das OCUP-Programm zu blicken.

Bei der Zertifizierung geht es um den Nachweis, die Sprache UML zu verstehen, und insofern ist es zunächst einmal trocken und theoretisch. Alles, was zur praktischen Anwendung der UML gehört, also zur Methodik und damit gewöhnlich auch interessanter ist, ist nicht Teil der Prüfung. Insofern ist es vergleichbar mit dem TOEFL-Test beim Englisch lernen. Grammatik einer Sprache ist nicht gerade eine spannende Lektüre.

Warum überhaupt Zertifizierungen? Zertifikate beweisen Kompetenz, haben meistens einen internationalen Wert, erhöhen den Marktwert des Zertifizierten, erhöht den Marktwert von Teams und Firmen, sind eine persönliche Herausforderung, stärken das Selbstbewusstsein und sind eine Lernmotivation. Dagegen halten ließe sich: Zertifikate beweisen gar nichts, veralten schnell, sind nur Geldmacherei, können keine Praxiserfahrung ersetzen und auch kein Zeugnis oder Diplom.

Einen schönen Text hierzu haben Stefan Zörner und Tim Weilkiens letztens auf der JAX ausgegraben: Da sagt Frau Hoppenstedt „Wenn die Kinder mal aus dem Haus sind, oder es passiert irgendwas, da hab' ich was in der Hand! Eine Berufsausbildung ist doch nicht grundsätzlich von Männern gepachtet! Auch ich als Frau möchte das Gefühl haben, dass ich auf eigenen Füßen stehe. Da hab' ich was Eigenes... Da hab' ich mein Jodeldiplom." Das ist von Loriot („Das Jodeldiplom“). Herr Hoppenstedt würde wahrscheinlich sagen: „Mein Haus..., mein Auto..., mein Boot..., meine XY-Zertifizierung.)

Ok, ich bin etwas vom Thema abgekommen. Also zurück zum Thema UML-Zertifizierung.

Zurückblickend auf zweieinhalb Jahre Erfahrung mit OCUP-Programm, fällt mir auf, dass das Thema weiterhin ganz nüchtern ist. oose hat als größter Anbieter von OCUP-Prüfungsvorbereitungen zwar viele hundert Teilnehmer erfolgreich zertifiziert, aber es hätten mehr sein können und die Begeisterung bei dem Thema fehlt weiterhin.

Der Test selbst ist nicht trivial. Auch erfahrene UML-Anwender berichten, dass sie vorbereitende Kurse oder Bücher benötigt haben. Oft ist zu hören, dass die Tatsache, dass der Test in englischer Sprache ist, es etwas schwieriger macht, da die Fachterminolgie in Englisch beherrscht werden muss und manches sprachliche Detail zu beachten ist. Andererseits kenne ich Teilnehmer, die völlig blauäugig waren, noch nicht einmal UML-Kenntnisse mitgebracht haben, aber nach dem üblichen 4-stündigen Crash-Kurs den Test immerhin bestanden haben.

In einigen Großunternehmen gehört das Fundamental-Zertifikat mittlerweile zu einem Standardbaustein in der Personalentwicklung und bei Zielvereinbarungen. Da nicht jeder besteht, ist dies auch ernst zu nehmen. Auch viele Freiberufler lassen sich zertifizieren, da dies für sie eine gute Möglichkeit ist, Expertise objektiv nachzuweisen.

Erstaunlich viele sehen im nachhinein auch einen Vorteil darin, hinter die Kulissen der UML geschaut zu haben. Auch wenn konkrete Einzelheiten in Vergessenheit geraten, hilft das Wissen über die grundsätzlichen Konzepte in der Qualität der Modellierung im Projektalltag. Das Hintergrundwissen nutzt in den Projekten dadurch, dass man viel weniger Diskussionen hat, wie dieses oder jenes Detail zu modellieren ist.

Außerdem ist vielleicht noch die sehr kurze Halbwertzeit des Wissens erwähnenswert. Ohne Anwendung wissen die meisten nach 2 Monaten nichts mehr davon. Es sollte also schon darauf geachtet werden, den richtigen Zeitpunkt für eine Zertifizierung zu wählen, zumindest wenn man nicht nur ein Jodeldiplom, sondern einen Praxisnutzen haben möchte.

Ein schönes Wochenende wünscht Bernd Oestereich

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Verschiedene Links zum Thema:

http://www.omg.org/uml/: am Puls der UML: Hier gibt es Infos aus erster Hand.

http://www.omg.org/technology/documents/modeling_spec_catalog.htm: hier veröffentlich die OMG alle Spezifikationen, die zur Modellierung benötigt werden. Unter anderen finden sich hier UML-Spezifikationen zur UML Version 1.5 und der aktuelle Stand zur Version 2.0 (und in Kürze zu 2.1).

http://www.oose.de/uml

http://www.uml-zertifizierung.de/

http://de.groups.yahoo.com/group/uml2: Diskussionen rund um die UML 2 inklusive UML-Zertifizierung und Anwendung der UML. Führende deutsche UML-Experten beantworten hier Ihre Fragen. ()