c't-Labs: 1 Schritt vor, 2 zurück beim Stromsparen

Jeder wünscht sich einen sparsamen PC, schließlich kostet Strom Geld. Doch nicht jedes Spar-Tuning lohnt sich.

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PicoPSU-90 XLP

Jeder möchte wohl gerne einen möglichst sparsamen PC, schließlich kostet Strom Geld. Außerdem ist es ärgerlich und schadet der Umwelt, mehr Strom als nötig zu verbraten. Schließlich sinkt mit jedem Watt, welches der Lüfter nicht als Warmluft wegblasen muss, im Prinzip auch der Lärm.

Doch im Spar-Eifer kann man leicht übers Ziel hinaus schießen: Sparsamere Technik sollte sich im Laufe der üblichen Nutzungsdauer von drei bis sechs Jahren amortisieren. Ein gewisses Maß an Flexibilität ist ebenfalls sinnvoll, denn man möchte ja vielleicht nach zwei oder drei Jahren aufrüsten. Muss man einen PC früher entsorgen, weil das Netzteil zu schwach ist, schadet das Geldbeutel und Umwelt. Zu guter Letzt ist auch klar, dass ein Notebook so gut wie immer deutlich sparsamer arbeitet als ein Desktop-PC – auf jeden Fall dann, wenn man beim Notebook auf einen zusätzlichen Monitor verzichtet.

Der PC-Bauvorschlag aus c't 19/13 kommt mit 10 Watt im Leerlauf aus.

Beim typisch genutzten Desktop-PC bestimmt die Leistungsaufnahme im Leerlauf ganz wesentlich den Energieverbrauch der Nutzungsphase, denn die einzelnen Komponenten stehen meistens nur kurzzeitig unter Last. Alle modernen PC-Prozessoren und Grafikkarten reduzieren ihre Leistungsaufnahme, wenn sie wenig oder nichts tun. Intels neuer Haswell-Prozessor setzt dabei neue Maßstäbe: Man kann mit gängigen ATX-Komponenten nun einen Computer mit SSD bauen, der im Leerlauf mit weniger als 10 Watt auskommt. Wie das geht, zeigt unser PC-Bauvorschlag aus c't 19/13.

Bei derart geringem Bedarf des Basis-Systems merkt man plötzlich, was für Stromfresser noch so am PC hängen: Ein USB-Stick braucht 0,4 bis 1,5 Watt, also bis zu 15 Prozent. Selbst sparsame 3,5-Zoll-Festplatten steigern den Bedarf um rund 3 bis 4 Watt, also um satte 30 bis 40 Prozent. Manche externe 3,5-Zoll-Platte schluckt wegen ihres ineffizienten Steckernetzteils über 11 Watt, also mehr als ein ganzer Computer, wie unser letzter Test zeigte. Sogar die Leistungsaufnahme von USB-Tastatur und -Maus fällt ins Gewicht, wenn man die 10-Watt-Marke knacken will: 0,3 bis 0,6 Watt sind gängige Werte. Den Monitor lassen wir dabei ganz außen vor, obwohl moderne LED-Schirme moderater Größe deutlich unter 20 Watt bleiben können, wenn man sie nicht auf größte Helligkeit einstellt.

Doch zurück zum Bauvorschlag: Auch moderne 80-Plus-Netzteile arbeiten bei extrem geringer Last wenig effizient. Die 80-Plus-Spezifikation schreibt Wirkungsgrade oberhalb von 80 Prozent erst ab einer sekundärseitigen Last von mindestens 20 Prozent der Nennleistung vor. Bei einem 300-Watt-Netzteil entspricht das 60 Watt. Der 10-Watt-PC schluckt aber im Leerlauf auf der Gleichspannungsseite nur etwa 6 Watt, also ein Zehntel davon.

Der PicoPSU-Wandler braucht ein Gleichspannungs-Netzteil.

Die PicoPSU-Wandler von Minibox versprechen, bei dermaßen geringen Lasten effizienter zu sein. Doch sie haben auch Nachteile: Sie sind teurer, weniger hoch belastbar und die Eigenschaften der Stromversorgung hängen auch vom zusätzlich notwendigen Netzteil ab. Der letzte Punkt ist knifflig: Es gilt, ein hoch effizientes und belastbares 230-Volt-12-Volt-Netzteil zu finden, das die raschen Stromschwankungen moderner Mainboards gut verträgt. Gerade bei 12-Volt-Netzteilen gibt es nicht so viel Auswahl. 19- oder 20-Volt-Netzteile für Notebooks sind gängiger, doch dafür müsste man dann einen PicoPSU-Wandler mit Weitbereichs-Eingang nehmen, der auch die 12-Volt-Versorgung aus der Eingangsspannung erzeugt. Sie ahnen es schon: Das gelingt nicht mit derselben Effizienz, als wenn der PicoPSU-Wandler die 12-Volt-Einspeisung einfach durchreicht.

In der c't-Redaktion liegt noch ein PicoPSU-90 XLP herum, der Vorteile im Vergleich zu anderen PicoPSU-Varianten hat, insbesondere den für das Mainboard DH87RL unbedingt nötigen ATX12V-Stecker und einen SATA-Anschluss. Von den letzten PicoPSU-Versuchen ist auch noch ein Seasonic-Netzteil SSA-0601D-12 übrig geblieben. Stärkere 12-V-Netzteile liegen hier auch noch herum, sind aber allesamt nicht mehr lieferbar – und viele sind auch so teuer, dass sich der Einsatz schlichtweg nicht rentiert.

Aber zu den Experimenten: Tauscht man das Enermax Triathlor 300 Watt gegen die Kombination aus PicoPSU-90 XLP und Seasonic SSA-0601D-12, sinkt die Leistungsaufnahme unseres PC-Bauvorschlags um 3,2 auf unter 7 Watt – ein beeindruckender Wert. Doch der Quad-Core-Prozessor mit 84 Watt nomineller Leistungsaufnahme überfordert diese Stromversorgung: Kurz nach dem Start des Linpack-Benchmarks, der auch AVX2-Code nutzt, stürzt der Rechner ab. Wir werden das Experiment später einmal mit einem sparsameren Doppelkern wiederholen.

Doch ein Rechenexempel zeigt, dass sich das aus finanzieller Sicht nur in Sonderfällen lohnen kann. Hierzulande kostet eine Kilowattstunde (kWh) Strom etwa 26,5 Cent. Wenn ein Gerät kontinuierlich läuft, ergibt jedes Watt über ein Jahr gerechnet – also während 8760 Stunden – 8,76 kWh Energie, für die man rund 2,30 Euro zahlt. Die 3,2 eingesparten Watt spielen jedes Jahr also 7,36 Euro ein. Wenn die PicoPSU-Stromversorgung funktionieren würde, könnte sie sich innerhalb von 3 Jahren amortisieren, denn Netzteil und PicoPSU-Wandler kosten zusammen mit rund 65 Euro etwa 21 Euro mehr als das erwähnte Triathlor-Netzteil.

Das ist aber eine Milchmädchenrechnung, denn kaum jemand lässt seinen PC rund um die Uhr laufen. Ein PC, den man täglich 10 Stunden benutzt, läuft bei 230 Werktagen im Jahr "nur" 2300 Stunden lang. Dann bringt jedes eingesparte Watt bloß noch 61 Cent ein, in unserem Beispiel bringt der Netzteil-Tausch mit 3,2 Watt also weniger als 2 Euro jährlich und die Amortisationszeit dauert mehr als 10 Jahre lang. Schlimmer noch: Das gilt nur dann, wenn man den PC sofort vom Netz trennt, wenn man ihn nicht benutzt. Tückischerweise braucht die Kombination aus PicoPSU und Netzteil nämlich im Soft-off-Modus rund ein halbes Watt mehr als das ATX-Netzteil und im Standby-Modus rund 0,3 Watt mehr.

Für einen Server, der rund um die Uhr laufen soll, eignet sich eine PicoPSU-Versorgung nur dann, wenn man wenig Festplattenplatz benötigt: Wenn mehr als ein Laufwerk vorhanden ist, werden Adapter nötig. Mit zwei 3,5-Zoll-Platten müsste das noch klappen, beim gleichzeitigen Hochdrehen von noch mehr Laufwerken drohen aber Abstürze – je nachdem, wie viel Strom die jeweiligen Platten dann ziehen. Teure SAS-Hostadapter verteilen solche Lasstspitzen durch Staggered Spinup, brauchen aber selbst einiges an Strom ...

Intels DN2800MT mit Atom-Prozessor braucht nur eine einzige Gleichspannung.

Diese Ergebnisse zeigen, wie genau man hinschauen muss, wenn man kein Eigentor schießen will. Für einen flexibel erweiterbaren PC taugen Sonderlösungen wie PicoPSU nicht. Solche Wandler sind vielmehr für Rechner interessant, bei denen jede einzelne Komponenten auf Sparsamkeit getrimmt wird. Dann ist es aber oft noch besser, ein Mainboard zu wählen, das ganz ohne ATX-Versorgung auskommt und nur eine einzige Gleichspannung benötigt: Die Entwickler können die nötigen Wandler auf dem Board dann optimal für die jeweiligen Lasten auslegen. Daher hatten wir für den lüfterlosen Mini-Server aus c't 17/12 das Intel DN2800MT mit Atom ausgesucht. Es ist aber leider nicht mehr lieferbar und im Vergleich zu den jüngsten Haswell-Plattformen wirkt seine Leistungsaufnahme auch nicht mehr allzu beeindruckend – und erst recht nicht seine Performance. (ciw)