US-Landwirtschaftsbehörde lässt geneditierte Pflanzen zu

Genchirurgisch veränderte Pflanzen, in die kein artfremdes Erbgut eingeführt wurde, zählen nicht zu den genmodifizierten Organismen. Diese Einschätzung hat das US-Landwirtschaftsministerium offiziell bestätigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Inge Wünnenberg

Bislang war es hauptsächlich Spekulation, aber nun ist es offiziell und liegt schriftlich vor: Das amerikanische Landwirtschaftsministerium, das U. S. Department of Agriculture (USDA), hat entschieden, wie es mit Pflanzenzüchtungen verfahren will, die mit den sogenannten Genscheren entstanden sind. Wie bereits in der Märzausgabe von Technology Review ("Gesunde Gentechnik?", S. 61) berichtet, sieht das Agrarministerium keinen Anlass zur Regulierung.

In der Erklärung bestätigt Landwirtschaftsminister Sonny Perdue nun ausdrücklich die Position, dass jene Pflanzen nicht reguliert weden müssen, die auch durch konventionelle Züchtung hätten entstehen können. Darunter fallen vor allem solche Pflanzen, die mit den neuen Genchirurgie-Verfahren wie CRISPR oder TALEN erzeugt werden. Mit diesen Methoden wird das Erbmaterial gezielt veändert, ohne artfremde DNA einzuschleusen.

"Mit diesem Ansatz will die USDA Innovationen ermöglichen, wo kein Risiko besteht", betont Minister Perdue in seinem Statement. Doch diese Einschätzung ist nicht unumstritten, folgt man etwa der Einschätzung der gemeinnützigen amerikanischen ETC-Group, die sich für Umweltthemen engagiert. Für Umweltschützer bleibt bei diesem Vorgehen unter anderem die Umweltverträglicheit der neuen Sorten unüberprüft. Es wird weder abgekärt, welche Auswirkungen die Neuentwicklungen auf die Insektenpopulationen haben noch ob sie ihre genetischen Veränderungen an wilde Verwandte weitergeben.

Trotzdem sieht es derzeit so aus, als ob sich die Auffassung der US-Behörden auch in Europa durchsetzt. Noch steht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus, ob die mit den neuen Gen-Editing-Verfahren erzeugten Züchtungen als genmodifizierte Organismen (GMOs) klassifiziert werden. Generalanwalt Michal Bobek indes vertritt dieselbe Position wie das US-Landwirtschaftsministerium. Das Urteil ist zwar noch nicht gefallen, aber in der Regel folgt das oberste EU-Gericht der Einschätzung des Generalanwalts.

Dabei wäre es doch nicht falsch, einfach auf Nummer sicher zu gehen. Das deutsche Bundesamt für Naturschutz zum Beispiel hat sich Ende vergangenen Jahres in einem "Hintergrundpapier zu Neuen Techniken – Neue Verfahren in der Gentechnik: Chancen und Risiken" explizit für Überprüfungen ausgesprochen: "Es ist daher essentiell, diese biotechnologisch veränderten Organismen erst dann freizusetzen und zu verwenden, wenn mögliche Risiken für Mensch, Natur und Umwelt im Einzelfall überprüft und bewertet wurden", heißt es in dem Paper. Das allerdings wird wohl kaum noch zur Debatte stehen, ist die Entscheidung des EuGH erst einmal gefallen.

Von etlichen Forschern jedenfalls wird die Marschrichtung der Amerikaner begrüßt, wie zum Beispiel die britische Zeitung The Guardian berichtet: "Das ist eine Win-Win-Situation, weil das Gen-Editing billiger, schneller, einfacher und präziser ist als die genetische Veränderung von Pflanzen, bei der ein Gen von einem Organismus genommen und in einen anderen übertragen wird", sagt zum Beispiel Professor Denis Murphy von der University of South Wales.

Ähnlich positiv begegnen Biotech-Unternehmen wie das US-Start-up Calyxt dem Regelwerk des Landwirtschaftsministeriums: Sein besonders ballaststoffreicher Weizen musste ebenso wenig reguliert werden wie sein mehltauresistenter Weizen bereits 2016. Am Ende bleibt somit nur abzuwarten, ob nicht doch jemand in dem komplizierten natürlichen Weltgefüge das Nachsehen hat.

(inwu)