Web 2.0 - das Volk schlägt zurück

Subversives Web 2.0, Spielkonsolen für lau und das Internet als Plattform um Unternehmen kollektiv abzuzocken.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Bernd Oestereich

Kürzlich war ich ein paar Tage in London und fand ein schönes Beispiel für subversives Web 2.0.

Das YouTube-Video zu meinem letzten Web 2.0-Beitrag wurde ja zumindest von einem Kommentator ernst genommen und unter die schlechtesten 50 Videos gewählt. Dass ich mich auf der Plattform für schlechten Geschmack und sympathischen Dilettantismus gleich beim ersten Mal nach ganz unten durcharbeiten könnte, hatte ich gar nicht erwartet. Das ist gut, dann muss ich es kein weiteres Mal probieren.

Naja, trotzdem, also ich war in UK und las dort in der Tagespresse, dass die Supermarktkette Tesco ihre Geschäftsbedingungen zum Nachteil der Kunden geändert hat, weil einige besonders findige Kunden diese zu sehr ausgenutzt hatten. Irrtümlicherweise zu teuer ausgezeichnete Ware bekam ein Kunde offenbar kostenlos, wenn er den Fehler unmittelbar entdeckte. Es kann natürlich mal passieren, dass ein Barcode oder eine Preisauszeichnung nicht stimmt. Erste Hinweise fanden sich beispielsweise bei reviews.ebay.co.uk.

Btw: Hallo Blog-Kollege Holger (XBox-Prophezeihungen des Paketboten): so wird das auch nichts! Mach einfach Webzweinull!

Einige Kunden wurden richtige Auszeichnungsfehlersucher und legten es regelrecht darauf an, Waren kostenlos zu ergattern. Das ging dann soweit, dass in Internetforen angeblich die neuesten Auszeichnungsfehler ausgetauscht und veröffentlicht wurden. Web 2.0 ist, wenn unmündige (HTML-) Konsumenten zu selbstbestimmten Content-Produzenten werden. Die Tesco-Abzock-Community wurde jedenfalls immer größer. Und wenn dann mal eben zigfach Spielkonsolen für 300 Pfund verschenkt werden müssen, ist es nachvollziehbar, dass Tesco die großzügigen Geschäftsbedingungen zurückzieht.

Noch etwas anderes: am gleichen Tag durchschritt ich (dazu sei gesagt, ich bin ein PC) kurz den Apple-Store in der Regent Street. Die wenigen Produkte verteilen sich dort auf eine riesige zweigeschossige sehr aufgeräumte Verkaufs- und Ausstellungsfläche. Im 2. OG fand ich dann ein offenes Auditorium mit schätzungswiese 100 oder mehr Sitzplätzen. Der junge sympathische Vortragende führte die Bedienung einer Software vor und zeigte, glaube ich, was ein Kontextmenü ist. Das Konzept fand ich insofern interessant, als dass der Laden voll war mit vielen jungen und offenbar technikaffinen Menschen, dass im Auditorium aber überdurchschnittlich viele ältere Menschen saßen. Klar, steht ja jeden Tag in der Zeitung: die Alten haben die Kohle, sind anspruchsvoll und werden als Konsumentengruppe wichtiger. Apple scheint dies aktiv und geschickt anzugehen. ()