c't-Labs: Smartphone in den Eisschrank!

Nicht alle High-End-Smartphones liefern die maximalen Benchmark-Werte im normalen Betrieb. Manche mussten wir dafür in die Gefriertruhe stecken.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Achim Barczok

Immer noch beschäftigt uns das Verhalten aktueller Smartphones bei Benchmark-Tests in unserem c't-Labor. In der vergangenen Ausgabe sind wir Benchmark-Schummeleien auf den Grund gegangen. Im aktuellen Phablet-Test (siehe c't 24/13, S. 126) wollten wir mehr über das allgemeine Drossel-Verhalten aktueller High-End-Smartphones herausfinden.

Einige Smartphones schaffen die maximalen Benchwert-Ergebnisse nur in besonders kühler Umgebung.

Damit ihre Smartphones möglichst gute Wertungen in Testberichten erzielen, deaktivieren Hersteller wie Samsung oder LG auf ihren Smartphones gezielt Drossel-Mechanismen, wenn bestimmte Benchmarks laufen. Zum Beispiel beim Galaxy Note 3: Samsungs neuestes Phablet erreicht in vielen Grafiktests konstant gute Werte, während die Leistung in anderen Benchmarks schon nach kurzer Zeit um mehr als zehn Prozent abfällt.

Unterschiede bei Benchmark-Ergebnissen im Zeitverlauf konnten wir besonders gut über unseren selbst kompilierten CoreMark nachvollziehen. Er testet die reine CPU-Leistung und kann von den Herstellern nicht ausgetrickst werden. Das Galaxy Note erreichte im Coremark im Multi-Thread-Modus (alle Kerne laufen) nach einer längeren Ruhephase 24.469 Punkte, fiel dann aber nach mehreren Durchläufen hintereinander schnell auf etwa 19.000 Punkte ab. Innerhalb weniger Minuten hatte sich das System so weit erhitzt, dass es die Taktfrequenz der CPU-Kerne deutlich drosselte. Dieses Verhalten bemerkt man auch im Alltag, aber nur wenn leistungshungrige Spiele in höchster Grafikstufe laufen (siehe Video).

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Das ist aber noch nicht alles: Selbst die im Idealfall erreichten 24.469 Punkte lagen nämlich unter unseren Erwartungen. Im Single-Thread-Modus (nur 1 Kern läuft) kam das Note im Coremark auf 7207 Punkte. Weil der im Note eingebaute Snapdragon 800 von Qualcomm 4 CPU-Kerne hat, sollte er also bei voller Belastung aller Kerne um die 28.800 Punkte erreichen. Es fehlen folglich über 4000 Punkte.

Erneut ließen wir unsere Benchmarks auf allen Testgeräten laufen, dieses Mal aber testweise in einer Gefriertruhe. Und siehe da, bei allen Geräten mit Snapdragon-800- und Snapdragon-600-CPU erreichten wir bessere Ergebnisse, beim Note lagen sie um 16 Prozent höher als bei Zimmertemperatur, beim Sony Xperia Z Ultra sogar um 20 Prozent. Der Quotient Multi Thread/Single Thread lag nun bei allen Quad-Core-Geräten bei etwa 4, was genau den Erwartungen entspricht.

Eines der Phablets fiel in unseren Tests komplett aus dem Rahmen: Das Asus Fonepad Note 6. Die Benchmark-Ergebnisse lagen nur im unteren Mittelfeld, aber zwei Dinge fielen uns beim Testen besonders auf. Zum einen lag der Quotient Multi Thread/Single Thread bei 2,84, obwohl es sich um eine 2-Kern-CPU handelt. Die Lösung liegt in der Prozessortechnik: Der eingebaute Atom Z2580 beherrscht Hyper-Threading, kann also im Multi-Thread-Modus mehr als zwei Benchmark-Threads gleichzeitig abarbeiten.

Zum anderen blieb die Leistung im Multi-Thread-Modus völlig konstant: Anders als bei allen ARM-Smartphones im Test war es beim Fonepad völlig egal, ob wir es im Eisschrank, nach einer längeren Ruhepause oder im Dauerbetrieb laufen ließen. Das Fonepad Note 6 drosselt also auch in herausfordernden Apps nicht herunter.

Haben also Intel und Asus die Prozessor- und Kühltechnik im Smartphone besser im Griff? Nein. Das Fonepad ist von vornherein deutlich leistungsschwächer als die High-End-Snapdragon-Smartphones und erreicht selbst ungedrosselt lange nicht die Performance der Spitzenreiter; das Asus schafft gerade mal 11.818 Punkte im Multi-Thread-CoreMark, das Note 3 selbst gedrosselt noch deutlich mehr (19.000 Punkte). Dabei ist der Intel Atom anscheinend nicht sparsamer: Trotz ähnlich großem Display, gleicher Auflösung und gleicher Akkukapazität liegt das Fonepad bei unseren Laufzeittests recht weit hinten.

Das Drosseln ist bei Smartphones durchaus sinnvoll. So lassen sich auch in kompakte Gehäuse hoch taktende Kerne (bei Qualcomm bis zu 2,3 GHz) einbauen, die einzeln kontinuierlich gute Performance hinlegen und im Vierergespann zumindest für kurze Zeit. Das ermöglicht beispielsweise, dass ein Browser superflüssig scrollt oder ein Bild in der Galerie rasch erscheint. Der flotte Wechsel in einen langsamer taktenden Modus nach erledigter Arbeit sorgt wiederum dafür, dass das Gerät nicht zu früh überhitzt und der Akku geschont wird.

Der eigentliche Clou ist aber, dass der Snapdragon seine Kerne unterschiedlich stark drosseln kann. Läuft eine App sowieso nur auf einem Kern, profitiert sie von der vollen Leistung auch über einen längeren Zeitraum, solange die anderen Kerne nicht ausgelastet sind.

Anders herum bedeutet das allerdings auch, dass man von der theoretischen Maximalleistung des Prozessors nicht dauerhaft profitiert. Momentan stört das noch nicht, weil es kaum Spiele für Android gibt, für die man kontinuierlich vier Kerne mit 2,3 GHz benötigt. Wenn sich das in den nächsten Jahren aber ändert, dürfte der eine oder andere Smartphone-Besitzer über sein sonst so schnelles Smartphone enttäuscht sein. Der Qualcomm Snapdragon 800 ist eben ein Sprinter und kein Marathonläufer. (acb)