Landkarte für digitale Bildung

Bernd Müller
Autor Bernd Müller
  • Beitrag vom 25.10.2022

Die Valckenburgschule Ulm ist Vorreiter bei der Digitalisierung. Für ihre KMap hat sie den ersten Preis im Ideenwettbewerb „Go!Schule morgen“ gewonnen.

Die Valckenburgschule in Ulm hat wie alle beruflichen Gymnasien mit einem Problem zu kämpfen: Die Schüler und Schülerinnen kommen von unterschiedlichen Schularten und bringen sehr unterschiedliche Voraussetzungen mit – vor allem im Fach Mathematik. Schon seit Jahren entwickelt das Kollegium technische und nicht-technische Ansätze, um dieser Situation gerecht zu werden. Nicht alle Konzepte hatten Erfolg. Der Versuch etwa, in den Sommerferien Arbeitsblätter für die Wiederholung des Stoffs aus der Mittelstufe mitzugeben, hat nicht funktioniert. Schrittweise hat das Kollegium nun ein pädagogisch didaktisches Konzept entwickelt, das die Erwartungen erfüllt: KMap-Wissenslandkarten.

Das Konzept arbeitet mit Wissenskarten, auf denen Zusammenfassungen der Themen mit Erklärungen, Beispielen und Links auf externe Ressourcen stehen, etwa zur Differentialrechnung. Zu einem Großteil der Wissenskarten gibt es inzwischen interaktive Übungsaufgaben für die Selbstdiagnose, etwa zu Polynomgleichungen. Damit haben die Schüler ein Instrument, das ihnen hilft, ihren Wissensstand einzuschätzen. Wer die Aufgaben lösen kann, darf die Wissenskarte grün einfärben. KMap ist eine WebApp und frei zugänglich unter https://kmap.eu. Es läuft auf allen aktuellen Browsern und lässt sich auch sehr gut mit einem Tablet oder Convertible-Notebook bedienen. Alle Inhalte auf KMap sind unter der CC-BY-SA lizenziert und damit kompatibel zu Open Educational Resources.

Was nach wie vor fehlt, ist die zumindest teilweise Übernahme der Verantwortung für den Lernfortschritt seitens der Schüler. Wenn die extrinsische Motivation durch den Lehrer wie Anwesenheitspflicht, Mitarbeit, Hausaufgabenkontrolle, Klassenarbeiten fehlt, bleibt nur noch die intrinsische Motivation: das Interesse, der Spaß an der Sache. Das ist in den Profilen der Schule – Biotechnologie, Ernährung, Gesundheit und Soziales – bei vielen Schüler in der Mathematik nicht vorhanden. Und kann sich auch kaum entwickeln, solange die Defizite so groß sind, dass ein Misserfolg auf den andern folgt.

Ein Ansatz könnte sein, den Lernfortschritt besser zu visualisieren. Denn sichtbarer Fortschritt kann motivierend wirken. In KMap geschieht das, indem man nach und nach größere Bereiche der Wissenslandkarte grün einfärbt. Hier gibt es aber noch Verbesserungspotential: Es fehlt ein Soll-/Ist-Abgleich. Man erkennt in KMap momentan noch nicht, was man zum aktuellen Zeitpunkt eigentlich können sollte – und man sieht, wenn man die Selbsteinschätzungen durchgeführt hat, auch nur den aktuellen Wissensstand. Eine Rückmeldung über den Fortschritt fehlt.

Derzeit wird KMap an mehreren Stellen weiterentwickelt:

  • Viele Wissenskarten sind schon sehr vollständig. Andere sind noch leer, zu knapp oder zu ungenau und sollten erweitert werden. Zu einigen Themen gibt es schon ausreichend interaktive Aufgaben, zu anderen noch zu wenige oder gar keine. Für die Selbstdiagnose ist es wichtig, dass die Testabdeckung möglichst vollständig ist und dass die Aufgaben möglichst spezifisch für die jeweiligen Wissenskarten sind.
  • Im Mathe-Kollegium sind während der Schulschließungen und in den Quarantänesituationen eine Menge Erklärvideos entstanden. Die Idee, Erklärvideos bei den Wissenskarten zu hinterlegen, liegt auf der Hand.
  • Künftig soll es möglich sein, für einen Kurs einen Stoffverteilungsplan zu hinterlegen, der die Wissenskarten auf die Schulwochen projiziert. So können die Schüler jederzeit sehen, was sie aktuell können sollten. Das System kann ihnen dann auch detailliert aufzeigen, wie weit sie gemäß ihrer Selbsteinschätzung aktuell vom Soll entfernt sind. Auf dieser Basis soll das System motivierende Meldungen generieren, wie „Du beherrschst nun schon x Wissenskarten“ oder „Hier gibt es noch eine Wissenskarte, die Du bisher vernachlässigt hast“.

Im Präsenzunterricht gibt es vielfältige Möglichkeiten, Schüler zum Arbeiten zu motivieren. Vieles davon kam im Lockdown zu kurz. Eine Videokonferenz kann nur wenig von dem transportieren, was im normalen Unterricht passiert. In der Praxis wird der Unterricht so mehr oder weniger auf eine „Vorlesung“ reduziert. KMap kann das ändern. Es kann die Übernahme der Verantwortung für den Lernfortschritt seitens der Schüler fördern. Hinzu kommen Erklärvideos und interaktive Aufgaben für eine besonders ansprechende Gestaltung des Lernmaterials.

 

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