Podcast: Digitale Bildung muss für alle zugänglich und interessant sein

  • Beitrag vom 24.11.2022

Gisela Strnad spricht mit Elisabeth Allmendinger, Bereichsleiterin Bildungspolitik, Bitkom e.V., darüber, dass wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen gewährleisten müssen, dass Jung und Alt durch Bildung selbstbestimmt an der digitalen Welt teilnehmen können.

Elisabeth Allmendinger setzt sich für die erforderlichen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Der DigitalPakt Schule (2019 bis 2024) ist ein positiver Gamechanger, der allerdings lange überfällig war. Vor Corona beschlossen hat der Lockdown schonungslos die Schwachstellen offengelegt. Durch drei schnell beschlossene Sonderpakte sollte der Prozess beschleunigt werden. Heute ist festzustellen, dass es Schulen gibt, die individuelle kreative und pragmatische Lösungswege bei der Digitalen Bildung gefunden haben. Andererseits fehlt immer noch in 80 Prozent der Schulen ein zuverlässiges WLAN und ein stabiler Internetzugang. Aus dem DigitalPakt Schule sind zwischen 2019 und 2022 nur 11,8 Prozent der Mittel abgeflossen und bislang wurden 61,1 Prozent bewilligt. „Diese Zahlen können nicht zufriedenstellen. Es muss schnellstens ein Evaluierungsprozess erfolgen, um festzustellen, wo wir heute stehen und warum es so lange gedauert hat,“ so Elisabeth Allmendinger. Für den geplanten Digitalpakt 2.0 wäre ein Zwischenbericht hilfreich, um aus den Fehlern zu lernen und Schulen besser beraten und unterstützen zu können.

Infrastruktur allein reicht nicht

Die ständige Wissenschaftliche Kommission fordert, dass Schüler und Schülerinnen besser auf die Aufgaben einer digitalen Welt vorbereitet werden müssen. Digitale Bildung ist eine Querschnittsaufgabe für alle Fächer – und es kann nicht nur um IT-Unterricht gehen. Lehrkräfte müssen qualifiziert werden und pädagogische Konzepte sollten stärker im Fokus stehen. Informatikunterricht kann bereits im frühkindlichen Alter auf dem Lehrplan stehen. Innerhalb der Bundesländer gibt es riesige Unterschiede – Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sind hier bereits sehr weit. Hessen und Bremen haben bislang noch kein Angebot. Laut der 21st Entry School Studie berichtet jedes 4. Elternteil in Deutschland, das digitale Geräte und Anwendungen im Unterricht ihres Kindes noch gar nicht zum Einsatz kommen, und 42 Prozent der Eltern geben an, dass die Schule ihres Kindes mit digitalen Unterrichtsmethoden überfordert sei. Eltern und Schüler leben in einer digitalen Welt, zu viele Schulen bewegen sich aber zuweilen noch in den 90er Jahren.

Gibt es Best Practice?

Der Bitkom hat im Rahmen des Digitalgipfels vor einigen Jahren das Smart School Netzwerk ins Leben gerufen. Hier werden Schulen und Lehrer unter anderem für ihre individuellen Konzepte prämiert. Zudem soll der Wettbewerb Sichtbarkeit schaffen und eine Austauschplattform für andere Schulen und Lehrer sein. Schulen müssen mehr Eigenverantwortung übernehmen und neue Lernräume schaffen. Gemeinsam mit dem Bitkom sollen gute Ideen auf Messen, Konferenzen und für die Politik sichtbar gemacht werden. „Unser Ziel ist es, dass gute Ideen auch an anderen Schulen, die mit ihren Konzepten und ihrer Umsetzung noch nicht so weit sind, Einsatz finden. Smart Schools könnten zur Modelschule ausgebaut werden“, so der Wunsch von Elisabeth Allmendinger. „Leider bremst der Föderalismus den digitalen Fortschritt an Schulen, da jedes Bundesland seinen eigenen Weg selbst erfinden will“, beklagt Elisabeth Allmendinger. Bundesweite technische Mindeststandards wären hilfreich. Dieses sollte beim Digitalpakt 2.0 bedacht werden.

Derzeit läuft die sechste Runde des mittlerweile etablierten Bitkom Smart-School-Wettbewerbs. Auf die Auszeichnung als „Smart School“ können sich Schulen noch bis zum 20. Januar 2023 bewerben!

Sehen die Schulen die Chancen der digitalen Bildung?

Der größte Teil der Schulen erkennt die Chancen, die Digitale Bildung eröffnet. „Wir müssen aber aufpassen, dass es nicht kippt. Themen wie ein Verzicht auf weitere Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie, Lehrkräftemangel, fehlende digitale Qualifizierung bei Lehrkräften könnten dazu beitragen, dass wieder auf Bewährtes zurückgegriffen wird“, gibt Elisabeth Allmendinger zu bedenken. „Ich bin zuversichtlich, dass der Digitalpakt 2.0 kommt. Er muss aber auch rechtzeitig kommen, um Anschlussfinanzierungen zu gewährlisten. Zudem sollte es ein Experimentierbudget geben, das unbürokratisch abgerufen werden kann. Auch messbare bildungspolitische KPIs sind zwingend erforderlich, um digitale Fort- und Rückschritte sichtbar zu machen“, wünscht sich Elisabeth Allmendinger.

Wo stehen wir in digitaler Bildung außerhalb der Schulen?

Das Update der nationalen Weiterbildungsstrategie beschreibt den heutigen Status. Die politischen Rahmenbedingungen für lebenslanges Lernen müssen daher schnellstens festgelegt werden. Vor dem Hintergrund von 96.000 offenen IT-Stellen in Deutschland, mit steigender Tendenz, sollten Qualifizierungsangebote für Quereinsteigende angeboten werden. Derzeit ist das Weiterbildungsangebot noch sehr undurchsichtig, daher wäre es hilfreich in Zukunft bestehende Angebote breiter zu kommunizieren, Parallelstrukturen abzubauen und darauf zu achten, dass sich angebotene Maßnahmen ergänzen. Sinnvoll wäre auch, die Diversität in den Zielgruppen durch einen niederschwelligen Zugang zu gewährleiten. Dabei muss auch auf Familiensituationen und Arbeitszeiten Rücksicht genommen werden. Ein großes Potential für digitale Technologien schlummert noch in der aktiven Einbindung von Frauen und Mädchen, hier muss aber erst eine starke IT-Begeisterung geschaffen werden. Auch Stereotype müssen zukünftig abgebaut werden und die Einstellung der Nutzer muss sich ändern. Lebenslange Qualifizierung muss proaktiv angegangenen werden. „Wir müssen alle neugierig und wissbegierig durchs Leben gehen und ein Leben lang lernen“, so Elisabeth Allmendinger.

Und hier geht es zum Podcast.

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