Die Schulen werden gerade mit Geld für neue IT überschüttet. Aber wer kümmert sich darum, wenn etwas nicht funktioniert?
Vor ihm hatten wir als Schülerinnen und Schüler fast noch mehr Respekt als vorm Rektor: der Hausmeister unserer Schule. Mit Argusaugen fand er jede achtlos weggeworfene Coladose und zog den Wüstling unerbittlich zur Rechenschaft. Unrat auf dem Schulhof gibt es heute immer noch, aber in Zeiten der Digitalisierung unserer Lehranstalten ist das Durcheinander in der IT der Schule und der Lehrenden fast noch schlimmer. „Eigentlich bräuchte jede Schule einen digitalen Hausmeister“, fordert Andreas Schur, Key Account Manager Education bei Acer.
Das hat auch die Politik erkannt. Jeweils 500 Millionen Euro machte die Bundesregierung im DigitalPakt Schule locker, damit die Bundesländer Laptops und Tablets für Schülerinnen und Schüler beziehungsweise für die Lehrkräfte der 32.577 allgemeinbildenden Schulen im Land anschaffen konnten. Doch sie vergaßen den digitalen Hausmeister: Die Schulen und Lehrenden waren bei der Einrichtung und Pflege der IT völlig überfordert. Eine dritte Tranche über 500 Millionen soll diese Lücke nun schließen. Sie ist gedacht „für professionelle Administrations- und Support-Strukturen“ sowie „für die Qualifizierung und Weiterbildung von bei den Ländern oder Schulträgern angestellten IT-Administratorinnen und -Administratoren“, heißt es in der „Zusatz-Verwaltungsvereinbarung „Administration“ zum „DigitalPakt Schule 2019 bis 2024“. Klingt kompliziert – und scheint es auch zu sein. Seit Anfang 2021 wurden nämlich erst wenige Prozent aus diesem Topf abgerufen.
Der Informatik-Lehrer muss sich kümmern
Langsam entdecken auch IT-Händler und Systemintegratoren den Bildungssektor. In einer Umfrage des IT-Business-Panels gab die Hälfte der befragten IT-Dienstleister an, dass sie Managed Services für Schulen und Universitäten offerieren. Dabei steht der Support mit 87 Prozent auf Platz eins, den zweiten Platz belegt die Einrichtung von Netzwerken. Doch viele Schulen kommen trotz des Geldregens nach wie vor nicht in den Genuss solcher Services, vielmehr kümmert sich der eine oder andere Informatik-Lehrer in seiner Freizeit darum.
Doch auch hilfsbereite Kollegen sind irgendwann überlastet und dann holen sich viele Lehrerinnen und Lehrer auf eigene Faust Unterstützung. Zum Beispiel von Patrick Müller. Der freie IT-Berater in Stuttgart wird immer wieder auf eigene Rechnung von Lehrenden engagiert, um Geräte einzurichten, Software zu installieren und zumindest rudimentäre Möglichkeiten zum digitalen Unterricht zu realisieren. Oft bleiben die tatsächlich eingesetzten Lösungen weit hinter den technischen Möglichkeiten zurück. „Vor allem die Auflagen zum Datenschutz stellen viele Lehrende vor Probleme, die sie selbst nicht lösen können. Im Zweifel wird dann lieber wieder zum Papier gegriffen.“
IT-Wildwuchs im Klassenzimmer
Teilweise ist auch der gut gemeinte DigitalPakt schuld daran. Weil Mittel zur Anschaffung der Geräte für Lehrende nur befristet zur Verfügung standen, wurde auf Teufel komm raus gekauft. Und jetzt passt nicht alles zusammen. Dabei bräuchte es für eine sinnvoll digitalisierte Schule erst einmal ein stimmiges Konzept – und die Basics wie zum Beispiel ein flächendeckendes WLAN, wovon viele Schulen noch immer nur träumen können.
Mittlerweile haben das auch die Gerätehersteller erkannt. Sie machen mit der Kaufwut der Schulen gute Geschäfte, doch jetzt sehen sie, dass ihre Kunden nicht ausreichend vorbereitet waren. Das führt zu Beratungsangeboten wie etwa von Bechtle, das Lehrende und Verwaltung mit einer individuellen Beratung auf dem Weg zu einer gut digitalisierten Institution begleitet. Dabei konzentriert sich das Unternehmen nicht nur auf die „leichten“ Fälle, sondern unterstützt auch gerade die Schulen, die sich bei ihren ersten Schritten in die Digitalisierung verrannt haben. Dazu gehört, dass Bechtle sowohl beim störungsfreien Betrieb und beim Support unterstützt als auch die Lehrenden und die Verwaltung mit den Geräten, Anwendungen und Abläufen vertraut macht.
Lehrer gehen in die IT-Schule
Früher im Prozess setzt die „Initiative für moderne Lernumgebungen“ an. Die Initiative bietet Sachaufwandsträgern und Schulen Expertenwissen frei Haus. Im Rahmen von kostenfreien Workshops wird sowohl gemeinsam eine ganzheitliche Vision und Strategie für die Zukunft entwickelt als auch ein eigener Fahrplan erarbeitet als Grundlage für Beschaffung, Fortbildung, Umsetzung und Betrieb einer modernen Lernumgebung. Dabei geht es nicht nur um die Technologieauswahl, sondern auch um eine medienpädagogische Beratung. Um in den Genuss dieser Beratung zu kommen, füllen die Interessenten einen Bewerbungsbogen aus und werden zu einem Videotelefonat eingeladen. Die Weiterbildung startet mit einem Zukunftsworkshop, der eine Vision der ganzheitlichen Transformation der Lernumgebung entwickelt. Dritter Schritt ist ein Technologieworkshop, der auch Wahlmodule zu IT-Sicherheit oder Instandhaltung anbietet.
Eine gute Anlaufstelle ist auch das Bündnis für Bildung, unter dessen Dach sich IT-Unternehmen, Verlage, Startups und Bildungsinstitute sowie Vertreter der öffentlichen Hand versammeln, die sich besonders für die Entwicklung und Umsetzung von Standards und Referenzlösungen für Bildung und Infrastrukturen in Lehr- und Lernumgebungen engagieren. Die vier Arbeitsgruppen, darunter zu Themen wie Interoperabilität, Cloud oder Schultransformation, behandeln genau die Bereiche, wo die Schulen große Wissenslücken haben.
Fazit
Ein eigener digitaler Hausmeister wird für viele Schulen ein Wunschtraum bleiben. Doch mittlerweile gibt es viele Dienstleister, die diese Rolle übernehmen. Und Geld ist ja mittlerweile auch dafür da.