Der Digitalpakt Schule ist besser als sein Ruf, aber nicht so gut, wie er sein könnte. Was sich bei der nächsten Auflage hoffentlich ändern wird.
Da war die Politik mal richtig spendabel: Insgesamt 6,5 Milliarden Euro hat der Bund seit 2019 den Ländern für die Digitalisierung der Schulen bereitgestellt. Auf einen großen Batzen von fünf Milliarden Euro hauptsächlich für die Infrastruktur der Lehranstalten folgten als Sofortprogramme jeweils 500 Millionen für Schüler-Leihgeräte sowie für Arbeitsgeräte für Lehrkräfte. Und weil man später merkte, dass irgendwer die ganze IT auch betreuen muss, gab es für Wartung und Pflege nochmal 500 Millionen oben drauf.
Zwar wurde der Wille zur Investition allseits gelobt, dennoch gab es schnell auch Kritik. So sind viele Schulen damit überfordert, vorab ein technisch pädagogisches Medienkonzept als Voraussetzung für die Genehmigung der Fördermittel einzureichen. Was hat Pädagogik mit dem Setzen von Steckdosen und dem Einrichten eines WLAN zu tun? Die korrekte Antwort lautet: nichts. Ein Internetzugang in Klassenzimmern sollte ebenso selbstverständlich sein wie elektrischer Strom.
Eine Kritik, die in den Medien regelmäßig auftaucht, ist der langsame Abfluss der Mittel. Demnach sind die fünf Milliarden aus dem DigitalPakt bis heute noch nicht zur Hälfte ausgegeben. Doch das liegt an einem Rechenfehler. Viele Schulen haben ihre Ausrüstung sehr wohl bekommen, die Kommunen sind dafür teilweise finanziell in Vorleistung gegangen. Doch die Abrechnung der Schulträger mit dem Land blieb vielerorts pandemiebedingt liegen und so kommt es zur Diskrepanz zwischen ausgegebenem und abgerechnetem Geld.
Digital für 45 Euro im Monat
Wobei die bereitgestellten Mittel für digitale Endgeräte ohnehin knapp bemessen waren. Das Bündnis für Bildung e.V. empfiehlt dringend, für eine flächendeckende und nachhaltige Ausstattung aller Lehrkräfte mit einem persönlichen Dienstgerät, einen Betrag von mindestens 45 Euro pro Monat und Lehrkraft einzuplanen. Dieser beispielhafte Mindestbetrag würde neben einem vollwertigen professionellen Endgerät auch ein Betriebskonzept über den gesamten Lebenszyklus hinweg beinhalten. Hierin enthalten sind unter anderem Servicekonzepte, Administration, notwendige Software-Applikationen und ein periodischer Technologieaustausch inklusive Recyclingkonzept. Der notwendige Kostenbetrag lässt sich in ähnlicher Form auf Schülergeräte übertragen.
Multipliziert man das mit den rund 11 Millionen Schülern an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie den knapp 800.000 Lehrkräften in Deutschland, kommt man auf etwa 6,3 Milliarden Euro – pro Jahr. Kaum vorstellbar, dass sich die Politik jemals zu so einer stattlichen Förderung durchringen wird, auch wenn zu den Bundesmitteln ja noch Mittel von Ländern und Kommunen kommen.
Beschlossen ist es noch nicht, aber der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung liest sich so, dass es wohl einen Digitalpakt II geben wird. Dafür sollte die Politik lernen und folgende Schlüsse ziehen:
- Die Digitalisierung der Schulen ist kein Sprint, sondern ein Marathon, der langen Atem braucht. Nachhaltigkeit ist wichtig, damit die Schulen langfristig planen können und nicht alle paar Jahre um Geld betteln müssen. Der nächste Digitalpakt sollte daher mindestens bis 2030 angelegt sein. Nur eine dauerhafte und verlässliche Förderung seitens des Bundes und der Länder, wird eine langfristige und bedarfsgerechte Planung ermöglichen.
- Schulaufwand sind Sache der Kommunen. Im Digitalpakt hat der Bund mit den Ländern verhandelt, die eigentlich Betroffenen saßen also gar nicht am Tisch. Künftig sollte die Politik nicht über, sondern mit den Kommunen reden. Der DigitalPakt Schule benötigt zeitnah nachhaltige und praxisgerechte Umsetzungskonzepte.
Kein digitalfreier Raum
Leider heißt digital noch nicht automatisch besser. „Digitalisierung ist nicht gleich Technisierung, sondern dient der Vermittlung von Kompetenzen für die Zukunft“, betont Dr. Christian Büttner. Der Leiter des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie in Nürnberg und erster Vorsitzender des Bündnis für Bildung fordert, dass sich Schulen bei den Inhalten öffnen und auch einen Schwerpunkt auf die Vermittlung der „Futureskills“, also den sogenannten sechs C legen: Kollaboration, Kommunikation, Kritikfähigkeit, Kreativität, Coolness und Charisma (im Englischen jeweils mit C geschrieben).
Das müssen sich auch die Lehrer fragen. Manche von ihnen sind im Corona-Homeschooling in den alten Trott des Frontalunterrichts zurückgefallen und haben in Videokonferenzen aus Büchern vorgelesen. Die Schüler stellen solche Praktiken und die Hierarchien im Unterricht zunehmend in Frage. Was der Lehrer vorne erzählt, prüfen sie sofort online mit dem Smartphone nach. Lehrer müssen sich öffnen und für eine Gleichberechtigung des Wissens sorgen. Lehrkräftefort-bildungen wie z. B. das Intel SFI-Programm können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Lehrer sollen lehren
Mit der Digitalisierung seien Schulen bei ihrer IT-Ausstattung mit einem mittelständischen Unternehmen vergleichbar und brauchten eine ebenso professionelle Betreuung. Büttner: „Kleine Kommunen mit wenigen Schulen fahren mit dem Systemhaus um die Ecke gut, große Städte mit vielen Schulen haben ohnehin eine eigene IT-Abteilung.“ Die Betreuung und Wartung kann jedenfalls nicht alleine den Lehrkräften übertragen werden, denn ihre Kernkompetenzen liegen in der Didaktik und der Pädagogik.
Das kostet Geld und die letzte Tranche des Digitalpakts zum IT-Management trägt dem auch Rechnung. Bleibt zu hoffen, dass das kein einmaliger positiver Ausrutscher war, sondern dass die Schulen endlich so ausgestattet werden, wie es ihrer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit angemessen ist.