Apples Mac Pro und Pro Display XDR

Der neue Mac Pro für 6000 US-Dollar verspricht, endlich wieder eine Workstation zu werden, die den Namen auch verdient.

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Apples Mac Pro und Pro Display XDR
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Endlich will Apple seinen professionellen Anwendern geben, was sie seit sechs Jahren herbeisehnen: einen Mac Pro, der nicht nur viel Rechenleistung liefert und technisch auf dem aktuellen Stand ist, sondern sich auch nachträglich mit Erweiterungskarten aufrüsten lässt. Beim Styling hat Apple sich am Vorvorgänger mit Alugehäuse und gelochter Front orientiert, der legendären „Käsereibe“. Die Rundfüße kann man durch aufpreispflichtige Rollen ersetzen. Hat man eine Arretierung am Deckel gelöst, lässt sich das Gehäuse als Ganzes nach oben abziehen. Ist der Mac Pro erst einmal nackt, kommt man von allen Seiten an die Komponenten. Viele davon sind so neu, dass andere Workstation-Hersteller sie noch nicht im Programm haben, etwa die CPUs und die Profi-Grafikkarten mit 7-nm-GPU.

Das Basismodell tritt mit Achtkern-Xeon-CPU (Basistakt 3,5 GHz, Boost 4,0 GHz), 32 GByte RAM, 256 GByte großer SSD und einer Radeon Pro 580X zum Preis von 6000 US-Dollar an. Bestellen kann man es ab Herbst.

Als CPU stehen auch 12-, 16-, 24- und 28-Kerner aus Intels frisch vorgestellter Xeon-W-3200-Familie der Cascade-Lake-Generation zur Wahl. Speziell Videoschnitt mit vielen Effekten oder Audiobearbeitung auf zahlreichen Spuren braucht viele CPU-Kerne. Apple nannte im Zuge der Produktvorstellung als Zielgruppe aber auch Entwickler, die beispielsweise mehrere iOS-Geräte gleichzeitig auf dem Mac simulieren wollten. Bis auf den Achtkerner kommen alle CPUs im Boost auf 4,4 GHz, allerdings nur auf wenigen Kernen. Außerdem sinkt mit steigender Kernzahl der Nominaltakt; er liegt beim 28-Kerner nur noch bei 2,5 GHz. Die sechs Speicherkanäle der Xeons nehmen bis zu 12 DDR4-DIMMs mit ECC-Fehlerkorrektur auf. Der Achtkerner schafft DDR4-2666, alle anderen DDR4-2933. Die von Apple versprochene Maximalbestückung von 1,5 TByte packen nur der 24- und der 28-Kerner. Theoretisch gingen sogar 2 TByte, doch dazu fehlen derzeit noch die 256-GByte-Module.

Als Grafik-Upgrade stehen zwei Mac Pro Expansion Module (MPX) genannte Steckkarten zur Wahl. Beide setzen auf die 7-nm-Generation von AMDs Vega-Architektur, die es als Workstation-Ausführung bislang nirgends sonst gibt. Die Radeon Pro Vega II trägt eine GPU und 16 GByte HBM2-Speicher. Die Radeon Pro Vega II Duo hat doppelt so viel Speicher und zwei GPUs, die über AMDs schnelle Infinity Fabric miteinander kommunizieren. Mit zwei Duos ausgerüstet, stehen 128 GByte Videospeicher und eine theoretische Rechenleistung von 56 Teraflops parat.

Um den enormen Stromhunger dieser Grafikmonster zu stillen, werden die MPX-Module über zwei Steckverbindungen angeschlossen: hinter der PCIe-x16-Kontaktleiste liegt eine zweite Anschlussleiste. Die überträgt Thunderbolt-, PCIe- und DisplayPort-Daten und liefert bis zu 475 Watt aus dem 1,4-Kilowatt-Netzteil – pro Karte. Über einen HDMI-2.0-Port und vier Thunderbolt-3-Anschlüsse kann eine Radeon Vega Pro II bis zu sechs 4K-Displays oder drei 5K-Displays antreiben, die Duo schafft deren acht und vier. Wie der Prozessorkühler kommen auch die Grafikkarten ohne eigene Lüfter aus und liegen im Luftstrom der drei großen Radiallüfter in der Gehäusefront. Ein Axiallüfter sitzt an der rechten Seite und belüftet den Arbeitsspeicher.

Für Videoschnitt-Profis spannend ist auch die aufpreispflichtige Afterburner-Erweiterungskarte, deren FPGA-Chip drei 8K-Videoströme im Formagt ProRes RAW parallel ruckelfrei abspielen kann. Die auf CPU und GPU freigewordene Rechenzeit können Programme nutzen, um Farbkorrekturen und Effekte in Echtzeit anzuwenden, so Apple. Etwas Vergleichbares hat die Konkurrenz derzeit nicht zu bieten.

Der Mac Pro hat sieben PEG-Slots, von denen vier mit je 16 PCIe-3.0-Lanes angebunden sind, die anderen mit der Hälfte. Die vier unteren Steckplätze sind mit doppeltem Abstand angeordnet, um auch die dicken MPX-Module aufzunehmen. Den PCIe-x8-Steckplatz mit vier PCIe-Lanes ganz oben bestückt Apple mit einer Schnittstellenkarte, die zwei Thunderbolt-3-Ausgänge, zwei USB-3.0-Ports und einen Audioausgang in Form eines 3,5-mm-Miniklinkenanschlusses hat. Zwei weitere Thunderbolt-3-Ports sitzen im Gehäusedeckel. An der Rückseite gibt es zwei 10-Gigabit-Ethernet-Ports.

Apple bietet den Mac Pro mit bis zu 4 TByte SSD-Speicher in Form zweier 2-TByte-Kärtchen an. Als Controller kommt der T2-Chip zum Einsatz, der auch die Echtzeitverschlüsselung übernimmt und zur Bootzeit die Systemsicherheit überwacht. Festplatten sind beim Mac Pro nicht mehr als Upgrade vorgesehen. Dafür springen andere Hersteller in die Bresche: Promise etwa hat mit dem Pegasus J2i einen Laufwerkskäfig für zwei 3,5"-Festplatten vorgestelelt. Das Pegasus R4i hingegen passt in einen MPX-Einschub und fasst vier HDDs.

Das Backlight des Pro Display XDR strahlt mit bis zu 1600 cd/m² und besteht aus 576 individuell dimmbaren LED-Zonen.

Mit dem Pro Display XDR steigt Apple nach mehrjähriger Pause wieder ins Monitorgeschäft ein und stellt das weltweit erste 6K-Display vor. Der Preis ist mit 5000 Dollar auf den ersten Blick hoch, doch bündelt der Monitor viele Funktionen, die professionelle Anwender glücklich machen dürften. Beispielsweise zeigt der 32"-Bildschirm 20,4 Millionen Pixel, was eine Pixeldichte von 218 dpi und damit eine gestochen scharfe Darstellung bedeutet. Das IPS-Display löst 6016 x 3384 Bildpunkte und 10 Bit Farbtiefe pro Farbkanal auf und deckt laut Apple den Farbraum DCI-P3 ab. Quantenpunkte im Panel erzeugen die satten Farben.

Auf einem komplett weißen Bild strahlt es dauerhaft mit bis zu 1000 cd/m2 und erreicht kurzzeitig 1600 cd/m2 – deutlich mehr als aktuelle HDR-Spezifikationen für Monitore fordern. Seine Hintergrundbeleuchtung besteht aus kleinen blauen LEDs, die in 576 Zonen separat gedimmt werden können. Dadurch ist ein echtes Schwarz und ein extrem hoher In-Bild-Kontrast möglich. Wie die iMacs passt der Monitor seine Helligkeit mittels Umgebungslichtsensoren den Gegebenheiten an. Apple verspricht eine besonders homogene Ausleuchtung und Einblickwinkel von 89 Grad.

Angesteuert wird das Pro Display XDR über ein einziges Thunderbolt-3-Kabel, über das es ein Notebook mit bis zu 96 Watt laden kann. Im Displayrücken steckt ein USB-Hub mit drei USB-C-Ports, die allerdings nur mit USB-2-Geschwindigkeit arbeiten. Mehr ist angesichts der immensen Bilddaten über Thunderbolt 3 ohne zusätzliches Lane-Bonding nicht drin.

Für 1000 Dollar Aufpreis bietet Apple das Display anstatt mit glänzender Schirmoberfläche in der ergonomisch sinnvolleren mattierten Variante mit in die Glasoberfläche geätzter Nano-Textur an. Letztere soll anders als eine mattierte Folienbeschichtung weder Schärfe noch Kontrast mindern.

Dass Apple den Monitor ohne Fuß ausliefert und stattdessen zwei aufpreispflichtige Optionen anbietet, ist in dieser Preislage im Wortsinn schwer zu verkaufen. Der Pro Stand, der per Magnet ans Display andockt, schlägt mit zusätzlich 1000 Dollar zu Buche. Er behält die Monitorneigung auch bei, wenn man die Höhe verstellt und ermöglicht erstmals bei einem Apple-Display die bei anderen Herstellern schon lange übliche Displaydrehung ins Hochformat. Alternativ kann man den Monitor mit einer 200 Dollar teuren VESA-Halterung (10 cm × 10 cm) an einem Schwenkarm befestigen und sich so den reichlich teuren Standfuß sparen.

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Wer braucht den Apple Mac Pro?

Noch stehen die Preise für Upgrades nicht fest, da wird schon spekuliert, wie hoch man den Preis des neuen Mac Pro wohl treiben kann. 50.000 Euro und mehr sollen möglich sein, wenn man bei allen Upgrade-Optionen das Maximum wählt. Das hat aber nichts mit einer Apple Tax zu tun, sondern sieht bei Workstation-Konkurrenten wie HP, Lenovo, Dell & Co. genauso aus: Auch dort kommt man schnell in gehobene fünfstellige Bereiche, wenn man fette Prozessoren, mehrere Grafikkarten und terabyteweise Speicher ordert.

Doch anders als der Mitbewerb hat Apple mal wieder ein paar spannende eigene Ideen. Das modulare Gehäuse mit der ausgefeilten Belüftung oder die FPGA-Beschleunigerkarte sind da fast nur Details am Rande. Beinahe hat man den Eindruck, jemand hätte dieses Mal nicht dem Design-Team, sondern einem Hardware-Enthusiasten die Zügel in die Hand gegeben und gesagt, er solle sich austoben. „Hey, wir bieten nicht nur eine Grafikkarte mit der Vega-20-GPU an, wir löten gleich zwei von den Chips auf eine Karte! Und davon stecken wir dann zwei ins System! Was, der Strom reicht nicht? Egal, dann gibt’s eben eine zweite Steckverbindung und ein 1,4-Kilowatt-Netzteil. Wie viel RAM? Na alles!“

Wer glaubt, solche dicken Konfigurationen seien am Markt vorbeientwickelt, irrt. So erklärt Denis Goekdag, Chef des Audio-Software-Herstellers Zynaptiq, gegenüber c’t, viele Produzenten hätten auf den Mac Pro gewartet. „Bei Film-Soundtracks hantiert man mitunter mit Spurzahlen im vierstelligen Bereich, da kann ein Rechner gar nicht genug Leistung haben.“ Der Mac Pro sei preislich eine vergleichsweise günstige Lösung, sodass seine Firma wahrscheinlich jeden Arbeitsplatz damit ausrüsten werde.

Nicht zu vergessen, das erste 6K-Display kommt auch von Apple. Die Eckdaten lassen Vorfreude aufkommen: Direct-LED-Backlight mit 576 dimmbaren Zonen, 1000 cd/m2 Helligkeit, weiter Farbraum, gestochen Scharfe 218 dpi – gute Voraussetzungen für ein Profi-Display.

Dieser Artikel stammt aus c't 14/2019. (bkr)