Face-Lifting

Einige Millionen verkaufte Organizer machten 3Coms Palm-Reihe zum Marktführer bei den Personal Digital Assistants (PDAs) mit einem Anteil von 41 Prozent im vergangenen Jahr. Gleich zwei Nachfolger sollen zur CeBIT fertig sein - ob sie die Vormachtstellung halten können, scheint angesichts der künftigen Windows-CE-Geräte mit Farbdisplay offen.

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Von
  • Thomas Schult
Inhaltsverzeichnis

Schon in der Woche nach der CeBIT sollen die beiden Stift-PDAs auf dem Markt sein: Der Palm IIIx kommt im Gehäuse des bisherigen Spitzenmodells Palm III, bietet aber mit 4 MByte einen doppelt so großen Arbeitsspeicher, der sogar durch einen internen Steckplatz noch erweitert werden kann. Den Palm V gestaltete 3Com dagegen eher als Designerstück: Sein Aluminiumgehäuse in flacher Faustkeilform und die erstmals eingesetzten (Lithium-Ionen-)Akkus machen ihn zum ebenso praktischen wie ansehnlichen Begleiter. Die inneren Werte des neuen Spitzenmodells überzeugen dagegen weniger: Genau wie das 98er-Modell Palm III bietet der Palm V zwei Megabyte Arbeitsspeicher. Zudem läßt sich der Speicher nun nicht einmal mehr erweitern, denn das Innere des Faustkeils ist nicht zugänglich.

Während Produkte für Privatanwender normalerweise günstiger sind als solche für den Geschäftsbereich, wagt 3Com nun eine Umkehrung dieses Prinzips. Der durch seine Speicherkapazität und Erweiterbarkeit besonders für Busineßanwendungen ausgelegte Palm IIIx soll 799 Mark kosten, der monolithische, weniger leistungsfähige Palm V dagegen 999 Mark - so viel verlangt kein anderer für einen Stift-Organizer. Der schicke Palm V dürfte also vorwiegend die Sakkotaschen der Gutbetuchten vom Kreativdirektor bis zum Justitiar erobern, wo er dank seines Formats kaum aufträgt. Wer auf die Mark achtet, wird sich eher an das nun für 599 Mark erhältliche Vorjahresmodell Palm III halten, das zwar keine Akkus mitbringt, aber prinzipiell erweiterbar ist. Apropos Akku: Wie sich die Docking-Station des Palm III und seiner Vorgängermodelle in ein Akku-Ladegerät umbauen läßt, wird c't in einer der nächsten Ausgaben schildern.

Genau wie bei unserer Bastellösung wird auch der Palm V aufgeladen, während er in der Station steckt, die normalerweise auch zum Synchronisieren verwendet wird. Das dafür erforderliche Netzteil des Palm V läßt sich praktischerweise auch an US-Steckdosen ohne weitere Hilfsmittel anschließen. Aber selbst eine längere Reise macht das Aufladen zwischendurch nicht unbedingt erforderlich: Mit den Akkus soll sich das Gerät bei durchschnittlicher Nutzung ohne Hintergrundbeleuchtung etwa einen Monat betreiben lassen, ein Drittel so lang wie die batteriebetriebenen Geräte Palm III beziehungsweise IIIx.

Lithium-Ionen-Akkus verschleißen nicht so schnell wie herkömmliche Typen. Daher geht 3Com davon aus, daß während der Lebensdauer des Palm V keine Probleme auftreten. Sonst wäre es auch kritisch: Da keine Schraube das Gehäuse ziert, lassen sich die Akkus vom Anwender nicht austauschen. 3Com verspricht ein kulantes Vorgehen, wenn die Akkus doch einmal schwächeln.

Da der IIIx von außen dem Palm III gleicht, lassen sich dieselben Peripheriegeräte anschließen, insbesondere auch das Modem. Der Palm V braucht dagegen wegen seiner keilförmigen Bauform alles neu: Docking-Station (im Lieferumfang) und Modem mit Handy-Adapter beispielsweise, das in den USA mit 33,6 kBit/s für etwa 260 US-$ über den Tisch geht - eine deutsche Version ist noch nicht erhältlich.

Während Palm III und IIIx mit einem Klappdeckel aus Plastik ausgeliefert werden, liegt dem Palm V eine flexible seitliche Klappe bei, die sich Linkshänder auch an die rechte Seite stecken dürfen. Ob links oder rechts befestigt - seine Klappe halten kann der Organizer anschließend nicht, denn das Lederteil bleibt nur unter Druck schützend vor dem Display. Da wird sich mancher noch einen Klettverschluß an den Organizer kleben wollen.

Sowohl der IIIx als auch der V werden mit einem neuen Motorola-Prozessor ausgeliefert: Der EZ Dragonball soll sparsamer und schneller sein als sein Vorgänger. Das Display wurde ebenfalls verbessert und erfreut nun durch einen sichtbar besseren Kontrast. Auch in puncto Hintergrundbeleuchtung heben sich die beiden Neulinge von ihrem Vorgänger Palm III ab: Sie beleuchten das Display invers, so daß im Dunkeln hellgrüne Buchstaben auf dunklem Grund leuchten, während die Normaldarstellung schwarze Buchstaben auf schlammfarbenem Grund zeigt. Der Nachtwanderer freut sich über die leuchtenden Wörter, aber in der Dämmerung zeigt sich manchmal der Nachteil dieses Vorgehens: Dunkle und helle Buchstaben heben sich bei eingeschalteter Beleuchtung quasi auf, so daß praktisch nichts mehr zu sehen ist.

Daß der IIIx im Vergleich zum gleich aussehenden Vorgänger besser aufrüstbar ist, liegt an der höheren Integration: Während die Speicherbausteine ihren Platz früher auf einer eigenen Steckplatine im Innern des Organizer fanden, passen sie nun mit auf die Hauptplatine, und der Steckplatz ist frei. Wenn Firmen den IIIx nun für speicherintensive Aufgaben wie die Datenbank- oder SAP-Anbindung einsetzen wollen, können sie den Steckplatz für eine Erweiterung nutzen. Wie schon die Palm-Vorgänger wird IBM übrigens auch den IIIx in einer auf Softwareseite leicht erweiterten Busineß-Version unter dem Namen WorkPad herausbringen; die Software EasySync wird dabei für eine Anbindung an Lotus Notes sorgen.

Von der Software her sind alle Palm-Geräte übrigens praktisch gleich: Genau wie der Urahn Pilot bieten auch die neuesten Modelle Anwendungen zur Verwaltung von Terminen, Adressen, Notizen, Aufgaben und EMails - schlicht gestrickt und einfach zu bedienen, dazu ein einfaches Organizer-Programm für den PC, mit dem sich die Daten synchronisieren lassen. Bei den neuen Modellen lassen sich die Daten auch ohne teures Zusatzprogramm mit Microsoft Outlook synchronisieren. Im Laufe der Jahre kamen ansonsten gerade einmal eine Ausgabenverwaltung und der Infrarot-Datenaustausch dazu; sonst sieht auf dem Palm-Organizer fast alles so aus wie am ersten Tag. Wem diese Minimalausstattung nicht reicht, der kann mit einer frei erhältlichen Entwicklungsumgebung selbst programmieren oder sich eins der zigtausend Programme von der Freeware bis zum Datenbank-Client für Profis besorgen - das Internet ist voll davon. Nicht einmal drahtloses Synchronisieren ermöglicht 3Com den Geräten von Haus aus; ein kostenloser Treiber läßt sich allerdings im Internet unter www.pc.ibm.com/qtechinfo/PFAN-3V4RVG.html laden.

Windows-CE-Geräte bieten dagegen von Haus aus eine bessere Software-Ausstattung. Auf der CeBIT werden zudem die ersten Stift-PDAs unter diesem Betriebssystem zu sehen sein, die ein leuchtendes Display mit satten Farben bieten. Firmen wie Casio, Everex, Philips, Compaq und Hewlett-Packard wollen so in diesem Jahr Farbe auf deutsche Handflächen bringen. Auch wenn das Angebot an externer Software unter Windows CE nicht so groß ist wie unter Palm OS, könnten die CE-Winzlinge den Marktanteil der Palm-Organizer drücken.

Die numerische Lücke zwischen IIIx und V läßt sich übrigens nicht als Ankündigung deuten - einen Palm IV soll es nach Angaben von 3Com nicht geben, weil die Zahl im asiatischen Raum Schlechtes bedeuten würde. Der schon vor einiger Zeit angekündigte Palm VII soll im Frühsommer in den USA eingeführt werden; seine Lokalisierung für den deutschen Markt steht dagegen in den Sternen. Da der im Palm-III-Gehäuse steckende Palm VII vorwiegend als Anzeigegerät für ausgewählte Internet-Informationsangebote wie Börsenkurse vermarktet werden soll, muß hierzulande erst eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden, damit solche drahtlosen Informationsdienste operieren können. Dieses sogenannte Web-Clipping soll, wenn es denn einmal funktioniert, zeitkritische Infos wesentlich schneller zum Palm-PDA befördern können, als es mit einer GSM-Lösung möglich wäre. 3Com hat kürzlich sein Know-how in puncto drahtloser Kommunikation durch die Übernahme der Firma Smartcode gestärkt. (ts) (ole)