Kapazität unendlich

Der Speicherhunger heutiger Anwendungen ist ungebremst. Wer Kapazität nachlegen will, hat demnächst zwischen 120-MByte-Diskette und Gigabyte-Wechselplatte einige neue Wahlmöglichkeiten.

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Von
  • Dr. Harald Bögeholz
Inhaltsverzeichnis

3,5"-Diskettenlaufwerke mit 1,44 MByte Kapazität genügen längst nicht mehr den heutigen Anforderungen an Kapazität und Geschwindigkeit - kaum eine Software paßt inzwischen mehr auf eine einzige Diskette. Von den preislich attraktiven Alternativen konnte sich bisher keine als Nachfolger durchsetzen, da sie mit den alten Disketten nicht kompatibel waren und ein normales BIOS davon nicht booten kann.

Eine Entwicklung von MKE, 3M und Compaq soll diesen Nachteil nicht haben. LS-120 lautet die Bezeichnung für die neue 120-MByte-Diskette, wobei das LS für Laser Servo steht. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung der `Floptical'-Technologie, die bereits vor einigen Jahren mit 20 MByte Kapazität auf den Markt kam und ein ziemlicher Flop wurde. Mit versechsfachter Kapazität will man nun einen erneuten Versuch starten, diese Technik zu etablieren.

Wie bei der konventionellen Diskette erfolgt die Aufzeichnung der Daten magnetisch, jedoch mit wesentlich schmaleren Spuren. Um bei einer Dichte von 2490 Spuren pro Zoll noch genau positionieren zu können, bedient sich die LS-120 einer optischen Spurführung. Auf einer Seite der Diskette sind mit einem Laser Servoinformationen eingeprägt, die ein neben dem Magnetkopf angebrachter optischer Sensor abtastet. Da dieser nur der Spurführung dient und keine Daten zu lesen braucht, läßt er sich sehr preisgünstig herstellen. Für die Kompatibilität mit konventionellen HD-Disketten sorgt ein zweiter, breiterer Schreib-/Lesespalt, der auf dem anderen Ausläufer des U-förmigen Kopfträgers sitzt. Mit diesem Kopf kann das Laufwerk ohne optische Spurführung die alten Disketten lesen und schreiben. Gegenüber HD-Laufwerken wurde die Umdrehungsgeschwindigkeit auf 720 U/min erhöht, was die Übertragungsrate um das 2,4-fache auf 108 KByte/s steigert. Die 120-MByte-Diskette wird mit Zone-Bit-Recording Transferraten zwischen 306 und 552 KByte/s erreichen - für eine Diskette nicht schlecht, aber nicht eben Festplattenperformance. Anschluß findet das Laufwerk an der IDE-Schnittstelle und nicht am Floppy-Controller. Was die Ansteuerung auf Hardware-Ebene betrifft, ist das Gerät also mit Sicherheit nicht Floppy-kompatibel.

Als erstes will die Firma Compaq das LS-120-Laufwerk statt eines Diskettenlaufwerks in ihre Systeme integrieren. Noch im 2. Quartal soll es als Option für neue Compaq-Rechner erhältlich sein, später sollen Upgrade-Kits für bestehende (Compaq-)Rechner folgen. Genaue Preise für die Laufwerke stehen noch nicht fest, Schätzungen bewegen sich zwischen 250 und 500 DM. Die 120-MByte-Diskette wird etwa 30 DM kosten. Später sollen die Laufwerke auch für Rechner anderer Hersteller angeboten werden, und Compaq hofft, die LS-120 als Nachfolger der HD-Diskette zum Industriestandard erheben zu können. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, wenn es gelingt, durch geeignete BIOS-Anpassungen und Treiber tatsächlich eine gute Kompatibilität zu bestehenden Diskettenlaufwerken zu erzielen.

Mitsumi tüftelt ebenfalls an einem potentiellen Floppy-Nachfolger. Das Laufwerk soll ohne optische Positionierung auskommen und bei 3600 U/min 128 MByte auf einer Diskette speichern. Normale HD-Disketten soll es über einen zweiten Kopf bei 1200 U/min bearbeiten können. Vor Ende des Jahres ist jedoch nicht mit funktionsfähigen Laufwerken zu rechnen, und es ist zu bezweifeln, ob die Technik dann noch eine Chance hat, das Rennen um das Erbe der HD-Diskette zu gewinnen.

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen läuft bei den Wechselplatten im Gigabyte-Bereich zwischen SyQuest und Iomega. Iomega hat mit der Auslieferung ihres Jaz-Laufwerks mit 1 GByte Kapazität bereits begonnen (siehe auch Seite 94). SyQuests SyJet-Laufwerk mit 1,3 GByte ist dagegen noch nicht so weit. Auf dem Messestand war lediglich eine Demo zu sehen, die angeblich Daten auf dem Laufwerk schreibt und liest und dabei die Übertragungsraten und Zugriffszeiten anzeigt. Das Laufwerk in einer echten Anwendung zu demonstrieren und tatsächlich Dateien darauf abzulegen, sah sich SyQuest noch nicht in der Lage. SyJet arbeitet wie Jaz mit Festplattentechnologie. Ein SyJet-Medium, das Iomegas Jaz-Diskette recht ähnlich sieht, beherbergt zwei harte Scheiben, auf denen das Laufwerk die Daten mit vier Köpfen speichert. SyQuest gibt für das Laufwerk eine Dauertransferrate von 4 MByte/s und eine mittlere Zugriffszeit von 11 ms an. Die Laufwerke sollen frühestens ab Mai verfügbar sein und 950 DM kosten, für die Medien ist ein Preis von 170 DM avisiert.

Daß Iomega noch vor SyQuest ihr Gigabyte-Laufwerk fertigstellen konnte, ist überraschend, denn Iomega hat bisher mit flexiblen Medien gearbeitet und betritt mit Jaz technologisches Neuland. SyQuest dagegen verfügt über langjährige Erfahrung mit den harten Scheiben, und die 3270-Laufwerke mit 270 MByte Kapazität sind am Markt gut etabliert.

Um sich langfristig Marktanteile zu sichern, kündigten SyQuest und die französische Firma Nomaï auf einer gemeinsamen Pressekonferenz die Schaffung eines offenen Standards für Wechselplatten an. Nomaï hat bereits seit einigen Monaten unter der Bezeichnung MCD ein Wechselplattenlaufwerk auf dem Markt, das auf einer 3,5"-Scheibe 540 MByte speichert und mechanisch weitestgehend den 270er Wechselplatten von SyQuest entspricht. Gemeinsam will man sich nun gegen die Konkurrenz behaupten.

Die MCD-Cartridge bildet die Basis für den neuen Standard, die Power Disk Cartridge (PDC). PDC ist beim europäischen Standardisierungsgremium ECMA in der Schweiz in Arbeit und soll es in Zukunft auch anderen Herstellern erlauben, Medien und Laufwerke zu bauen und dadurch ihre Verbreitung fördern. Neben den 540-MByte-Medien legt der PDC- Standard auch die Abwärtskompatibilität mit den bestehenden 135- und 270-MByte- Platten von SyQuest fest. Eine Vergrößerung der Sektoren ermöglicht in Zukunft auch die Speicherung von 680 MByte auf einer PDC-Cartridge. Der Zeitplan sieht vor, die Standardisierung von Mechanik, Low-Level- und High-Level-Format bis Mitte 1997 abzuschließen.

Die magnetooptische Speichertechnik ist hinsichtlich der Standardisierung schon wesentlich weiter. 3,5"-Medien mit 128 und 230 MByte sind seit längerem von der ISO standardisiert, und etliche Hersteller produzieren Laufwerke und Medien. Im 5,25"-Bereich reichen die ISO- Standards bis hinauf zu 2,3 beziehungsweise 2,6 GByte; Pinnacle Micro kocht sogar mit 4,6 GByte ein eigenes Süppchen. Anfang des Jahres kam ein neuer Standard für 3,5"- Medien mit 540 und 640 MByte Kapazität hinzu. Als erster Hersteller baut Fujitsu ein MO-Laufwerk mit dieser Kapazität. Eine Version des M2513A, die jedoch nur mit den 540-MByte-Medien mit 512 Bytes pro Sektor umgehen kann, kommt noch im April in Japan auf den Markt, soll jedoch in Europa nicht verkauft werden. Die endgültige Version, die auch die 640-MByte-Medien mit 2 KByte pro Sektor unterstützt, wird im Juni erwartet. Das Gerät kann die 230-MByte-Scheiben lesen und beschreiben, die 128-MByte-Scheiben allerdings nur noch lesen. Es soll für einen Endverkaufspreis von 900 DM erhältlich sein, die Medien für 60 bis 80 DM.

Die bisherigen MO-Medien erreichen beim Schreiben in der Regel nur ein Drittel ihrer Leserate. Der eigentliche Schreibvorgang kann nämlich erst erfolgen, nachdem die betreffenden Sektoren gelöscht wurden. Eine dritte Umdrehung zur Überprüfung der geschriebenen Daten bremst den Vorgang zusätzlich. Das LIMDOW-Verfahren (Laser Intensity Modulation Direct Overwrite) spart beim Schreibvorgang eine Umdrehung ein, indem es die Sektoren in einem Rutsch überschreibt. Dies erfordert spezielle Medien, die im ISO- Standard für 540 und 640 MByte spezifiziert sind. Noch diesen Sommer sollen entsprechende Medien verfügbar sein und das M2513A LIMDOW-fähig werden. Unter dem Projektnamen Dragon-1 kündigte Fujitsu die Entwicklung eines neuen Kombilaufwerkes an. Neben einem MO-Teil, der 3,5"-Medien mit 640, 540 und 230 MByte lesen und schreiben kann, beinhaltet es ein CD-ROM-Laufwerk mit sechsfacher Drehzahl. Es tritt damit in Konkurrenz zu Panasonics PD-System, das CDs und Phase-Change-Medien mit 650 MByte schluckt. Zielmarkt soll der Desktop-PC-Markt sein, wo durch die Integration der beiden Laufwerke ein Einbauplatz eingespart wird. Mit der Aufnahme der Produktion ist ungefähr im Oktober diesen Jahres zu rechnen, der avisierte Endkundenpreis für das Gerät beträgt circa 1100 DM.

Speziell für Notebooks entwickelte Fujitsu ein besonders flaches MO-Laufwerk mit 230 MByte. Durch Verminderung der Drehzahl auf 2700 U/min konnte Fujitsu die Leistungsaufnahme auf 4,2 W senken, allerdings auf Kosten der Geschwindigkeit. Prinzipiell wäre das Gerät zwar LIMDOW-fähig, jedoch sind entsprechende Medien nicht ISO- standardisiert, und Fujitsu will daher auf 230-MByte-LIMDOW zumindest in Europa verzichten. Als `Portable 230' paßt das Laufwerk in den Expansion Bay der Apple PowerBooks 190 und 5300 und kann dort das Floppy-Laufwerk ersetzen. Das `Portable 230' soll zu einem Endkundenpreis von unter 850 DM erhältlich sein. Mit einer gegenüber dem Mitbewerb erhöhten Drehzahl von 4200 U/min arbeitet das MOS 330E von Deltis. Es kann MODs mit 230 und 128 MByte lesen und schreiben und dürfte mit einer Transferrate von bis zu 1,7 MByte/s zu den schnellsten Geräten seiner Klasse gehören.

Als nächste Wechselplattentechnologie zeichnet sich zum Jahresende nun endlich die wiederbeschreibbare CD ab. Philips hat die CD-E auf Basis der Phase-Change-Technologie angekündigt. Das Ziel, die CD-E auch in konventionellen CD-ROM-Laufwerken lesen zu können, wird allerdings wohl nicht ganz erreicht werden. Grund hierfür ist die verminderte Reflexionsfähigkeit des Phase-Change-Mediums, für die die Lichtempfindlichkeit der derzeitigen Leser (sic!) nicht ausreicht. Zwar wäre es denkbar, existierende CD-ROM-Laufwerke für das Lesen von CD-E umzurüsten, jedoch dürften die Kosten hierfür den Zeitwert der meisten Geräte überschreiten. So wird es denn wohl zusammen mit den CD-E-Schreibern auch neue CD-ROM-Laufwerke und Audio-Player geben, die natürlich nach wie vor mit den derzeitigen Audio-CDs und CD- ROMs umgehen können.(bo) (bo)