Spezifikation für USB 4 finalisiert

Das neue USB 4 basiert zwar auf Thunderbolt 3, doch eine Abwärtskompatibilität ist nicht verpflichtend. Nicht nur deshalb wird es für Hersteller komplexer und für Nutzer verwirrender.

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Viele Logos für universelle USB-Buchsen

(Bild: Pixabay / EsaRiutta)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Florian Müssig

Im Frühjahr 2019 hatte das Standardisierungsgremium USB-IF bekanntgegeben, dass das kommende USB 4 auf dem bekannten Thunderbolt-3-Standard aufbauen wird. Rund ein halbes Jahr später ist jetzt die finale Spezifikation verabschiedet worden und zeigt größere Abweichungen vom Technikspender. So müssen weder USB-4-Hosts noch USB-4-Geräte zwingend die von Thunderbolt 3 bekannten 40 GBit/s unterstützen. Kleinster gemeinsamer Nenner ist eine Stufe darunter, nämlich die von USB 3.2 bekannten 20 GBit/s alias Gen 2x2. Zur Erinnerung: Die 5 GBit/s von USB 3.0 hören in der Spezifikation auf den Namen Gen 1, die 10 GBit/s von USB 3.1 auf den Namen Gen 2. Die 40 GBit/s von USB 4 wurden übrigens auf Gen 3x2 getauft.

Technisch mögen diese Bezeichnungen logisch und eindeutig sein: Die erste Ziffer bezeichnet die Geschwindigkeit pro Highspeed-Adernpaar, die zweite Ziffer, wie viele solcher Adernpaare gekoppelt werden. Nutzern sind diese Details aber im Allgemeinen ziemlich egal. Bei ihnen entsteht stattdessen Verwirrung, weil seit USB 3.1 zwar die Versionsnummern ansteigen, die neu hinzugekommene Geschwindigkeitsstufen aber nicht verpflichtend sind. Wirbt ein Hersteller mit augenscheinlich hochmodernem USB 3.2 und schreibt in der Fußnote dann USB 3.2 Gen 1, so bedeutet das nichts anderes als die seit zehn Jahren mögliche USB-3.0-Geschwindigkeit von 5 GBit/s.

Schon wegen der geringeren verpflichtenden Basisgeschwindigkeit von USB 4 ist klar, dass eine Abwärtskompatibilität zu Thunderbolt 3 nicht zwingend gegeben ist. USB 4 weicht aber auch in anderen Punkten von Thunderbolt 3 ab. Es verwendet zwar weiterhin USB-C-Stecker und sieht zwingend vor, dass Hosts DisplayPort-Signale ausgeben können, doch das alternative Durchreichen von PCIe-Paketen ist nur optional vorgesehen. Des Weiteren setzt USB 4 an der Topologie an: Mit Thunderbolt 3 konnte man mehrere Geräte nur in einer langen Kette betreiben, während USB 4 weiterhin an der von USB bekannten Hub-Baumstruktur festhält.

Bei USB-4-Hubs sind deshalb wesentlich komplexere Strukturen als bislang nötig. Sie benötigen einen Baustein, den das USB-IF nicht von ungefähr als Router bezeichnet: Er nimmt eingehende Pakete entgegen und schiebt deren Daten an separate Bausteine wie einen USB-Hub oder einen PCIe-Switch weiter. Diese beiden kümmern sich um protokollspezifische Arbeiten und geben die verarbeiteten Daten an den Router zurück, der sie dann auf den weiteren Weg bringt.

Komplexe USB-4-Hubs: USB-Daten müssen in einem USB-4-Fabric den eingezeichneten Weg vom Gerät über den Hub zum Host nehmen.

(Bild: USB-IF)

Weil an den Ausgängen aber nicht immer USB-4-fähige Gegenstellen angeschlossen sein müssen, sind Multiplexer eingebaut, die die Leitungen auch direkt auf den USB-Hub-Chip schalten können – so wird Abwärtskompatibilität zu bestehender USB-Peripherie sichergestellt. USB bezog sich in den letzten Sätzen übrigens auf Geschwindigkeiten von 3.0 und höher – also all das, was über die Highspeed-Leitungen eines USB-C-Kabels fließt. Klassisches USB 2.0 läuft weiterhin logisch und physisch getrennt davon ab: Hierfür gibt es eigene Leitungen im USB-Kabel und einen eigenen Hub-Controller.

Damit es nun nicht wegen Optionalitäten zu Problemen und Frustrationen beim Nutzer kommt, ist die Hub-Spezifikation deutlich enger gefasst als die von Hosts oder Geräten: Ein USB-4-Hub muss zwingend 20-GBit/s- und 40-GBit/s-Geschwindigkeiten durchleiten, neben einem USB-Hub auch einen PCIe-Switch enthalten und zudem an sämtlichen Ausgängen DisplayPort-Signale weiterreichen können. Kurzum: einmal alles, was die USB-4-Spezifikation hergibt.

Vom Hub zum Dock ist es vom Aufbau her dann nur noch ein kleiner Schritt, nämlich wenn Buchsen wie USB-A oder DisplayPort gezielt herausgeführt werden oder intern weitere Bausteine (Audio, LAN, …) an USB-Hub oder PCIe-Switch hängen. Die USB-4-Spezifikation unterscheidet Hub und Dock allerdings hinsichtlich ihrer Thunderbolt-Kompatibilität: Ein Hub muss Thunderbolt nur an seinen Ausgängen unterstützen, ein Dock hingegen auch in Richtung Host.

Zur Stromversorgung sagt die USB-4-Spezifikation nichts, sondern verweist stattdessen auf die separat gepflegte Spezifikation zu USB-PD (Power Delivery).

Aufgrund der starken Abweichungen von USB 4 zu Thunderbolt 3 dürfte es noch einige Zeit dauern, bis USB-4-Produkte im Handel auftauchen werden. Bislang sind schließlich noch nicht einmal USB-3.2-Controller als Steckkarten oder auf Mainboards erhältlich.

Alle bisherigen Thunderbolt-Bausteine unterstützen zwar 40 GBit/s alias Gen 3x2 und 10-GBit/s-USB (Gen 2), aber nicht den mit USB 3.2 eingeführten Gen-2x2-Modus, der wie geschrieben das verpflichtende Minimum für USB 4 darstellt. Die ersten als USB 4 beworbenen Geräte dürften deshalb Notebooks sein, deren 20-GBit/s-fähigen USB-C-Buchsen an einem zusätzlichen USB-3.2-Controller hängen und alternativ DisplayPort-Signale darüber ausgeben. Bis USB mit Gen 2x2 und Gen 3x2 in Chipsätzen von AMD und Intel integriert ist, werden wohl Jahre ins Land gehen.

In dieser Größenordnung dürften wir uns auch bewegen, was USB-4-Hubs angeht. Hier können sich die Entwickler zwar bei bestehenden Controllern aus Thunderbolt-Docks bedienen, müssen aber die USB-4-Spezialitäten beachten und zudem wie oben geschrieben einen komplexeren Anforderungskatalog erfüllen. Zudem müssen USB-4-Controller und -Geräte einen gewissen Verbreitungsgrad erreicht haben, damit sich überhaupt erst ein Markt für USB-4-Hubs und -Docks entwickelt.

Dieser Artikel stammt aus c't 20/2019. (mue)