Startschuss

Am 22. Juli verkündete Microsoft, dass die neuen Betriebssysteme für die Produktion freigegeben wurden („release to manifacturing“, RTM). Die Veröffentlichung erfolgt in Etappen, offizieller Verkaufsstart ist erst am 22. Oktober.

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Von
  • Axel Vahldiek
Inhaltsverzeichnis

Drei Jahre plante Microsoft für die Entwicklung des Nachfolgers von Windows Vista ein, doch es klappte schneller: Nach nur zweieinhalb Jahren war Windows 7 fertig. Die Fertigstellung des Programm-Codes bedeutet jedoch keineswegs, dass er jetzt auch umgehend veröffentlicht wird. Das wird in Etappen passieren, von denen die erste bereits absolviert ist: Einige große PC-Hersteller wie Dell, HP, Acer, Asus, Lenovo, Fujitsu Siemens oder Toshiba erhielten den RTM-Code bereits direkt nach der Fertigstellung.

Der weitere Fahrplan: Am 6. August steht er für MSDN- und Technet-Abonnenten sowie für Hard- und Software-Hersteller mit Connect-Zugang bereit. Einen Tag später, am 7. August, sollen Kunden mit Volumenlizenz und zusätzlicher Software Assurance drankommen. Im Microsoft Partner Network Portal (MPN) steht die RTM-Version am 16. August, wer über ein „Microsoft Action Pack“ verfügt, kommt am 23. August dran. Am 1. September schließlich folgt die Veröffentlichung für Kunden mit Volumenlizenz ohne Software Assurance. Für alle genannten Daten gilt: Es wird erst einmal nur die englischsprachige Version bereitstehen, die anderen Sprachen folgen am 1. Oktober. Erst am 22. Oktober will Microsoft dann den allgemeinen Verkaufsstart zelebrieren. Die Wartezeit sollen Hard- und Software-Hersteller nutzen, um ihre Produkte an die finale Version anzupassen.

Wie nicht anders zu erwarten, tauchte die finale Version schon kurz nach der Veröffentlichung in diversen Tauschbörsen auf. Mangels Lizenzschlüssel läuft ein damit installiertes Windows 7 allerdings nur 30 Tage. Dieser Countdown lässt sich in einer mit administrativen Rechten gestarteten Eingabeaufforderung drei Mal mit dem Befehl slmgr -rearm zurücksetzen. Anschließend verweigert Windows den Start, was sich nur durch die Eingabe eines gültigen Lizenzschlüssels ändern lässt.

Praktischer Kleinkram: Bei Bedarf färbt sich das Icon von Windows-7-kompatiblen Programmen in der Task-leiste langsam von links nach rechts grün und zeigt so den Fortschritt.

Microsoft hat offenbar akzeptiert, dass sich die illegale Verbreitung ohnehin nicht verhindern lässt. Und wohl damit niemand eine gefälschte oder virenverseuchte Version herunterlädt, deren Mängel womöglich dem bislang guten Ruf der neuen Windows-Version schaden, hat Microsoft die Namen und Prüfsummen der englischsprachigen ISO-Images von Windows 7 veröffentlicht (siehe Tabelle auf c't 17/2009, S. 21. Eine Anleitung, wie sich die Prüfsumme verifizieren lässt, wurde bereits vor längerer Zeit veröffentlicht (siehe Link am Ende des Artikels).

Unklar ist momentan, ob Windows 7 ab dem 22. Oktober in Europa mit oder ohne Internet Explorer ausgeliefert wird – und das, obwohl die Entscheidung eigentlich längst festzustehen schien. Aufgrund der Rechtsstreitigkeiten mit der EU plante Microsoft, den Vista-Nachfolger in Europa ausschließlich ohne Browser als „Windows 7 E“ anzubieten. Für die Verbraucher hätte das zwei Konsequenzen: Erstens müssten sie selbst zusehen, wo sie einen Browser herbekommen (sofern der PC-Hersteller nicht bereits einen vorinstalliert hat), und zweitens wäre eine Upgrade-Installation grundsätzlich ausgeschlossen – Windows 7 E lässt sich nur frisch installieren.

Doch überraschenderweise hat Microsoft einen neuen Vorschlag vorgelegt, den die EU nun prüft: Windows 7 erscheint mit dem Internet Explorer und als erstes Autoupdate nach der Installation öffnet sich ein Fenster, über das sich andere Browser nachinstallieren lassen. Alle Browser sollen gleichberechtigt nebeneinanderstehen, allerdings sollen nur Browser aufgenommen werden, die über einen ausreichenden Marktanteil verfügen (0,5 Prozent). Der EU dürfte dies deutlich besser gefallen als ein Windows ohne Browser, bis Redaktionsschluss war aber noch keine Entscheidung gefallen.

Sollte der Vorschlag angenommen werden, bedeutet das dennoch nicht, dass sich be-liebige Windows-Versionen auf Windows 7 aktualisieren lassen. Das klappt erst ab Vista mit mindestens Service Pack 1, ausgehend von Windows XP oder älteren Versionen hingegen nicht (das war auch nie geplant). Wer XP dennoch partout ohne Neuinstallation auf Windows 7 aktualisieren will, muss also den Umweg gehen und zwischendurch noch Vista mit SP1 installieren.

Die neue Taskleiste: Jedes Programm taucht nur noch genau einmal auf, und sein Kontextmenü bietet direkten Zugriff auf zuletzt mit der Anwendung geöffnete Dokumente ("jump lists").

Bei Windows 7 handelt es sich nicht um einen Neuanfang, sondern um eine Weiterentwicklung von Windows Vista (so wie Vista auf Windows XP basiert). Mit Vista eingeführte Neuerungen bleiben also erhalten. Dazu gehören etwa das Aero-Design mit den transparenten Fensterrahmen, die Netzwerkübersicht, die alle im lokalen Netz aktiven kompatiblen Rechner zeigt, oder die Benutzerkontensteuerung (User Account Control, UAC), die es erstmals auch Laien erlaubt, unter Windows ohne allzu große Verrenkungen sicher ohne Administratorrechte zu arbeiten. Doch es gibt auch reichlich Neues.

Windows-7-Rechner lassen sich ohne Kenntnisse über Netzwerkprotokolle oder IP-Adressen ganz einfach als Homegroup vernetzen: Passwort eingeben, fertig.

Gleich auf den ersten Blick fällt die neue Taskleiste auf: Jedes Programm taucht nur noch genau einmal darin auf, selbst wenn es mehrere Fenster geöffnet hat. Die Programme können auf Wunsch auch dann in der Taskleiste verbleiben, wenn sie nicht laufen. Die Einträge in der Taskleiste sind endlich verschiebbar. Ihr Kontextmenü bietet direkten Zugriff auf zuletzt mit der Anwendung geöffnete Dokumente („jump lists“).

Praktisch sind die Homegroups, mit denen sich Windows-7-Rechner ganz einfach vernetzen lassen: Einfach auf einem PC das vom anderen PC genannte Passwort eintippen, fertig. Kenntnisse über Netzwerkprotokolle oder IP-Adressen sind dafür nicht mehr notwendig. Ähnlich einfach gelingt der Aufbau einer Remote-Unterstützungsverbindung (dank IPv6 und dem Peer Name Resolution Protocol [1]).

"Bitlocker to go" verschlüsselt nun auch USB-Sticks.

„Bitlocker to go“ verschlüsselt USB-Sticks, das „Windows Biometric Framework“ bindet die sich zunehmend verbreitenden Fingerabdruckscanner ohne zusätzliche Treiber ein. Der Explorer bietet Bibliotheken, mit denen sich individuelle Ordnerstrukturen erstellen lassen: Es wird damit egal, auf welcher lokalen Festplatte oder auf welchem Rechner im Netz beispielsweise ein Bild liegt, denn alle Bilder sind stets in der „Bilder“-Bibliothek zu finden. Beim „XP-Modus“ handelt es sich um eine virtuelle Maschine, in der Windows XP SP3 läuft. Das Besondere: Verknüpfungen zu den Anwendungen, die in dieser virtuellen Maschine laufen, tauchen auch im Startmenü von Windows 7 auf. Der XP-Modus soll nur separat zum Download bereitstehen und nicht unter den Home-Versionen laufen, zudem läuft er nur auf PCs, in denen ein Prozessor mit Intel-VT oder AMD-V steckt.

Viele Stärken kann das neue Windows nur im Zusammenspiel mit dem Server 2008 R2 ausspielen: Das neue VPN-Framework „Direct Access“ etwa soll mobilen Mitarbeitern einen transparenten und sicheren Zugang von außen ins Firmennetz erlauben. Es basiert auf bekannten Techniken wie IPSec, bringt aber neue Managementfunktionen zur Verwaltung der Anwenderkonten, der Clients und der Zugriffsberechtigungen mit. Dank „Branch Cache“ lädt Windows 7 Dokumente nicht mehr zwingend vom langsam angebundenen Server in der weit entfernten Hauptstelle, sondern schaut erst mal, ob eine identische Kopie auf einem viel schneller angebundenen PC in der eigenen Filiale zu finden ist.

Wordpad beherrscht zwar das DOC-Format nicht mehr, dafür aber das Nachfolge-Format DOCX und das Open-Office-Format ODT.

Bei der Arbeit mit dem neuen Windows stößt man auf viele nützliche Kleinigkeiten: So lassen sich die Fenster viel leichter per Maus oder Tastenkürzel sinnvoll auf dem Monitor anordnen („Aero Snap“), Windows-7-kompatible Programme bieten bei Bedarf eine zusätzliche Fortschrittsanzeige in der Taskleiste und der Explorer blendet Laufwerke, in denen sich kein Medium befindet, kurzerhand aus. Von diesen Verbesserungen gibt es so viele, dass schnell der Eindruck aufkommt: Die Masse machts.

Das neue Windows wird wie schon Vista in sechs verschiedenen Versionen erscheinen. Für den heimischen Einsatz sieht Microsoft Windows 7 Home Premium vor (hier fehlen Funktionen wie Direct Access oder Branch Cache, aber auch Bitlocker), während Windows 7 Professional für den Einsatz in kleineren Unternehmen gedacht ist (und damit Nachfolger von Windows Vista Business wird). Allerdings soll Windows 7 Professional alle Funktionen von Home Premium enthalten, das Media Center etwa wird also nicht mehr wie bei Vista Business fehlen. Die eigentliche Vollversion erscheint unter zwei Namen: Im Einzelhandel heißt sie Windows 7 Ultimate, als Volumenlizenz erwirbt man sie als Windows 7 Enterprise. Außer bei der Lizenz gibt es keine Unterschiede, Ultimate und Enterprise sollen funktional identisch sein.

Der Mediaplayer 12 im neuen Design-Modus

Der Vista-Nachfolger wird auch in stark abgespeckter Form erscheinen: Windows 7 Home Basic soll jedoch nicht mehr in den USA oder Westeuropa zu kaufen sein, sondern nur noch in Entwicklungsländern. Dafür soll das noch weiter abgespeckte Windows 7 Starter [2] weltweit erhältlich sein, allerdings nur vorinstalliert von OEM-Herstellern auf stark limitierter Hardware (aber immerhin ohne die ursprünglich vorgesehene Beschränkung auf maximal drei gleichzeitig laufende Anwendungen). Wie genau die Hardware-Limits ausfallen sollen, ist immer noch nicht so ganz klar, Microsoft wird jedoch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es sich bei Starter keinesfalls um eine verkappte Netbook-Version handelt. Und in der Tat läuft selbst die Ultimate-Version auf handelsüblichen Netbooks ausreichend schnell, sofern nicht nur Flash-Speicher, sondern eine echte Festplatte drinsteckt (oder gar eine SSD).

Dass es Microsoft im Unterschied zu Vista gelungen ist, Windows 7 sogar vor dem eigentlich angepeilten Termin fertig zu stellen, und das auch noch gleichzeitig mit dem Windows Server 2008 R2, dürfte unter anderem mit einer umgebauten Chef-Etage zu tun haben. Die Vista-Entwicklung wurde noch von Jim Allchin geleitet, der anschließend in den Ruhestand verabschiedet wurde. Seinen Posten übernahm Steven Sinofsky, der zuvor bereits bei mehreren Office-Paketen bewiesen hatte, dass Pünktlichkeit für ihn kein ernsthaftes Problem darstellt. Sein Erfolgsrezept: Zuerst wurde abgeklopft, welche neuen Funktionen es ins finale Produkt schaffen können, ohne den Termin zu gefährden. Alle anderen wurden rechtzeitig vor dem Stapellauf kurzerhand über Bord gekippt.

Die Entwicklung verlief anfangs dementsprechend recht geheimnisvoll, und erst als feststand, welche Funktionen es ins finale Produkt schaffen, wurden Infobröckchen an die Öffentlichkeit verteilt. Auf diese Weise stellte Microsoft sicher, dass sich Image-schädigende Pannen wie bei der Vista-Entwicklung nicht wiederholten. Bei Vista wurde anfangs immer wieder mal großmundig etwas angekündigt, was es dann letztlich doch nicht ins finale Produkt schaffte – eines der prominentesten Beispiele dürfte WinFS sein (dessen Ziel, eine stark verbesserte Suchfunktion, mittlerweile auf anderen Wegen erreicht wurde). Seine Verdienste um die Windows-Entwicklung haben Sinofsky mittlerweile eine Beförderung eingebracht: vom Senior Vice President zum alleinigen Windows-Chefentwickler.

Ob die finale Version von Windows 7 den guten Eindruck, den die Vorabversionen hinterließen, im Test bestätigen kann, werden wir in der nächsten Ausgabe von c't überprüfen.

Literatur

[1] Axel Vahldiek, Hauptsache billig, Ein erster Blick auf Windows 7 Starter, c't 9/09, S. 26

[2] Carsten Strothmann, Johannes Endres, Nachbarschaftshilfe, Microsofts Peer Name Resolution Protocol, c't 4/09, S. 98

www.ctmagazin.de/0917018

Mehr Infos

Microsoft tut sich schwer in der Wirtschaftskrise

Nach der Fertigstellung von Windows 7 bereitet sich Microsoft nun fieberhaft auf dessen Veröffentlichung vor – auf die Einführung eines Systems also, das der Cash Cow des Konzerns nach der Pleite mit Windows Vista wieder richtig Schwung verleihen soll. Das ist dringend nötig, denn nachdem der größte Softwarekonzern der Welt im dritten Quartal erstmals rückläufige Umsätze ausweisen musste, wurde Microsoft im vierten Geschäftsquartal 2009 erneut durch die Wirtschaftskrise schwer gebeutelt.

Der Umsatz ging im Jahresvergleich um 17 Prozent auf 13,1 Milliarden US-Dollar zurück. Der Nettogewinn sank im vierten Quartal gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahrs um 29 Prozent auf 3,05 Milliarden US-Dollar. Der operative Gewinn ging um 30 Prozent auf 3,99 Milliarden US-Dollar zurück. Immerhin, Microsoft geht keineswegs am Stock. Der Finanzchef des Konzerns, Chris Liddell, betonte aber: „Unser Geschäft wurde weiter-hin negativ von der Schwäche im weltweiten PC- und Server-Markt beeinflusst.“ Zudem belasteten Umsätze von 276 Millionen US-Dollar, die aus der Windows-7-Upgrade-Option resultierten und erst in den kommenden Quartalen verbucht werden, die Bilanz des abgelaufenen Quartals; dazu kommen unter anderem Kosten für juristische Auseinandersetzungen in Höhe von 193 Millionen US-Dollar.

Im gesamten Geschäftsjahr 2009 erzielte Microsoft einen Umsatz von 58,44 Milliarden US-Dollar, ein Minus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Nettogewinn lag bei 14,57 Milliarden US-Dollar und der operative Gewinn bei 20,36 Milliarden, ein Rückgang von 18 respektive 9 Prozent.

Zu Beginn des nachbörslichen Handels in den USA, nachdem Microsoft seine Bilanzen vorgestellt hatte, brach der Kurs der Microsoft-Aktie stark ein – nicht nur die absoluten Zahlen erschreckten die Investoren, auch die Prognosen wurden noch unterboten: Ein Gewinn von 34 US-Cent pro Aktie lag unter den Erwartungen der Börse von 36 US-Cents pro Aktie. Der Konzern erwartet für die nächsten Quartale aber wieder anziehende Geschäfte – wenn die neuen Produkte so auf dem Markt ankommen, wie Microsoft sich das erhofft. Und natürlich geht man davon aus, dass man mit Bing und den Online-Offerten im Office-Umfeld endlich besser gegen Google dasteht. Auch erwartet das Management des Konzerns, dass die Talsohle im PC- und Server-Geschäft nun fast erreicht sei; zumindest für 2010 gebe es Hoffnung. (jk)

Namen und Prüfsummen der Windows-7-Images
Windows 7 Retail Ultimate E englisch (x86)
Name 7600.16385.090713-1255_x86fre_cliente_en-us_Retail_UltimateE-GRMCEULFRER_EN_DVD.iso
CRC 0x953EFBCC
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Windows 7 Retail Ultimate E englisch (x64)
Name 7600.16385.090713-1255_x64fre_cliente_en-us_Retail_UltimateE-GRMCEULXFRER_EN_DVD.iso
CRC 0x77BE890E
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Windows 7 Retail Ultimate englisch (x86)
Name 7600.16385.090713-1255_x86fre_client_en-us_Retail_Ultimate-GRMCULFRER_EN_DVD.iso
CRC 0xC1C20F76
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Windows 7 Retail Ultimate englisch (x64)
Name 7600.16385.090713-1255_x64fre_client_en-us_Retail_Ultimate-GRMCULXFRER_EN_DVD.iso
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(axv)