Strippenzieher

Wo ein Rechner vor sich hin werkelt, wird bald auch ein zweiter angeschafft - Familien und Wohngemeinschaften finden schnell Gefallen daran, einen einzigen Rechner nicht teilen zu müssen. Und dann darfs auch bald ein LAN sein, um Ressourcen wie Drucker oder Festplatten gemeinsam zu nutzen: Eigentlich eine einfache Sache, wenn man bei der Hardware einige Kleinigkeiten beachtet.

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Von
  • Jürgen Kuri
Inhaltsverzeichnis

Wohl die unangenehmste Angelegenheit beim Aufbau eines eigenen Netzwerks besteht in der Verkabelung. Sowohl die Auswahl des Kabels als auch die Verlegung wollen gut geplant sein - Netzwerkarten sind heutzutage Massenware, Hubs und Switches lassen sich zur Not einfach austauschen. Das falsche Kabel aber führt dazu, dass das fertige LAN sich möglicherweise als Fehlinvestition erweist; und falsche oder schlechte Verlegung verdirbt die Freude am neuen Netz.

Mit dem Kabel ist beispielsweise die Entscheidung verbunden, ob man Fast Ethernet einsetzen kann oder sich mit 10 MBit/s begnügen muss. Gerade für Heiminstallationen greifen viele auch heute noch fast automatisch zum Coax-Kabel (siehe Grafik auf S. 133). Damit lässt sich aber zwangsläufig nur eine Datenrate von 10 MBit/s erreichen - Fast Ethernet mit 100 MBit/s ist nur mit Twisted-Pair-Verkabelung und einer entsprechenden Stern-Topologie mit Hubs oder Switches möglich (siehe [[bild_url2] Grafik]).

Der Preis sollte bei der Entscheidung zwischen 10- und 100-MBit-Ethernet allerdings kaum noch eine Rolle spielen. Fast-Ethernet-Komponenten und -Kabel sind praktisch genauso günstig zu bekommen wie Coax-Kabel und 10-MBit-Karten. 20 bis 30 Mark für eine 100-MBit-Netzwerkkarte sind auch bei 10-MBit-Ethernet kaum noch zu unterbieten. Zwar benötigt man zwangsläufig einen Hub oder Switch für die notwendi-ge Twisted-Pair-Verkabelung - aber auch die sind in erschwinglichen Regionen angelangt.

Zudem: Bei diesen zentralen Verteilern kann man anfangs auf billige 10-MBit-Geräte zurückgreifen, da alle 100-MBit-Karten auch diese Datenrate unterstützen. Wenn es dann zu eng wird, reicht der Austausch des Hubs oder Switches. Mit einer Sternverkabelung auf Twisted-Pair-Basis ist man also auch im Eigenheim, der WG oder dem Büro auf der sicheren, da einfacher auszubauenden Seite. Der Kauf von Coax-Kabeln und reinen 10-MBit-Netzwerkkarten lohnt sich heutzutage keinesfalls.

Für Netzwerke in Wohnungen und Privathäusern, aber auch in Büros und kleinen Firmen, kommen heutzutage praktisch nur LANs mit Stern- beziehungsweise Baum-Topologie (linke Grafik) oder aber mit einer Busstruktur (rechte Grafik) in Frage.

Der Umgang mit den Twisted-Pair-Kabeln ist allerdings etwas aufwändiger als mit dem Coax-Kabel - während man dieses einfach von Rechner zu Rechner zieht, muss man für Twisted-Pair-Verkabelung von jedem Rechner eine eigene Leitung zum zentralen Verteiler ziehen - zumindest, wenn im Netz mehr als zwei Rechner aktiv sein sollen (siehe [[bild_url7] Grafik]). Aber sogar das kann gerade in verwinkelten Altbauwohnungen von Vorteil sein, bei denen die Strippe von Computer zu Computer zu größeren Verlege- oder Wandbohr-Aktionen führen könnte. Darüber hinaus gibt es inzwischen auch Twisted-Pair-Kabel bei vielen Händlern komplett zu kaufen.

Wer aber im Computerladen um die Ecke fertiges Netzwerkkabel überhaupt nicht oder nur in minimaler Auswahl bekommt, muss nicht gleich selbst zur Crimp-Zange greifen: Vorkonfektioniertes Twisted-Pair-Kabel der Kategorie 5 gibt es in diversen Längen bei Versandhäusern wie zum Beispiel Conrad oder Reichelt Elektronik. Die Angebote reichen von 10-Meter-Patchkabel für rund 15 Mark bis zu 30 Metern für etwa 35 Mark. Wer noch längere Strecken überbrücken muss, sollte dann zu festverlegten Kabeln greifen, die über Wanddosen Anschlussmöglichkeiten für kurze Patchkabel bieten. Alternativ lässt sich aber auch eine Art Backbone einrichten: Um etwa zwei weit auseinander liegende Zimmer zu verbinden, in denen mehrere Rechner ans Netz sollen, ist es am einfachsten, in den Zimmern jeweils einen Hub aufzustellen und sie über eine einzelne Leitung aneinander anzuschließen.

Größere Installationen, vor allem in Eigenheimen, lassen sich nicht mit vorkonfektionierten Kabeln realisieren. Der nachträgliche Einbau ist zudem schwierig, wenn nicht in vorhandenen Schächten noch Platz für die LAN-Verkabelung ist. Daher sollte man solche Vorhaben von einem Fachmann durchführen lassen - die meisten Elektro-Handwerksbetriebe bieten heute auch LAN-Verkabelung an. Zu beachten ist dabei, dass man ein Abnahmeprotokoll erhält, in dem die Funktionstüchtigkeit für den gedachten Einsatzzweck (etwa ein Ethernet mit 100 MBit/s) garantiert wird. Reparaturen sowie Nacharbeiten bei LAN-Störungen durch schlecht oder falsch verlegte und konfektionierte Kabel gehören selbstverständlich zu dieser Garantie.

Wer selbst Hand anlegen will, kommt bei Twisted-Pair- genauso wie bei Coax-Kabel nicht ohne spezielles Werkzeug aus. Besonders Fast Ethernet über Cat5-Kabel ist recht empfindlich gegen Störungen, die durch schlechte Verbindungen oder zu stark gebogene oder gar geknickte Kabel ausgelöst werden. Die Verlegung des Kabels selbst mag noch halbwegs einfach in den Griff zu bekommen sein: Es dürfen keine scharfen Knicke vorkommen, wenn das Kabel um Ecken und Kanten verlegt werden muss, der Radius sollte so groß wie möglich gewählt werden. Für den Biegeradius gilt laut Standardisierung als Minimum das Achtfache des Kabeldurchmessers. Bei der Anbringung von Steckern und Buchsen ist auf jeden Fall große Sorgfalt nötig. Schon die zu lange Parallelführung (die Norm DIN 50173 [2|#lit2] spricht von maximal 13 mm) der eigentlich verdrillten Adern beim Übergang vom Kabel in den RJ45-Stecker kann zu ungewollten Nebeneffekten führen. Ohne Spezialwerkzeug (im Fachhandel für rund 50 Mark zu bekommen), hat man als angehender LAN-Installateur keine Chance.

Bei der klassischen Bus-Topologie eines Netzes kommt in der Regel eine Coax-Verkabelung zum Einsatz, auf Grund der Steckerbezeichnung auch BNC-Verkabelung genannt. Das Netzwerkkabel wird dabei von Rechner zu Rechner gezogen und über T-Stücke direkt an die Netzwerkkarte angeschlossen. An beiden Enden muss das Netz mit 50-Ohm-Widerständen terminiert sein. Fast Ethernet mit 100 MBit/s ist über ein BNC-Netz aber nicht möglich.

Übrigens gibt es oft einige Verwirrung um die Frage der Abschirmung bei Twisted-Pair-Kabeln. Im Standard (etwa DIN 50173 [2|#lit2]) ist kein Schirm vorgeschrieben: Er spricht nur von verdrillten Adernpaaren. Gerade bei längeren Kabeln kann eine Schirmung aber sinnvoll sein, um sowohl Abstrahlung nach außen als auch Störungen durch Einstrahlung zu verhindern. Patch-Kabel, die man vorkonfektioniert kauft, bieten in der Regel keine Schirmung oder maximal mit einem Gesamtschirm um alle Adernpaare zusammen (oft S/UTP für Screened/Unshielded Twisted Pair genannt). Kabel, die zusätzlich zum Gesamtschirm noch eine Schirmung um jedes Adernpaar haben, bieten die höchste Störsicherheit - sind aber auch entsprechend unflexibel und daher schwierig zu verlegen. Für kleinere Installationen in Wohnungen und Eigenheimen sind sie normalerweise nicht notwendig. Erst beim Aufbau größerer Netze sollte man für den Teil der Verkabelung, der fest verlegt wird, vorsichtshalber zu diesem Kabeltyp greifen, der beispielsweise S/STP (Screened/Shielded Twisted Pair) oder PIMF (Paar in Metallfolie) genannt wird.

Viel unproblematischer als die Verkabelung ist die sonstige Hardware, die man für ein kleines LAN benötigt. Im Prinzip reichen auch für Fast Ethernet Billig-Karten vom Grabbeltisch (siehe dazu auch den Artikel über Netzwerkkits in c't 18/2000 auf S. 144). Die Performance-Unterschiede sind lange nicht so groß, wie man bei Preisunterschieden von bis zu 150 Mark zwischen No-Name- und Markenkarten erwarten könnte. Im Gegenteil: Manche Billigkarte, etwa mit Realtek-Chipsatz, sticht bei der reinen Geschwindigkeit manche Markenkarte aus; diese glänzen dafür unter Umständen mit besserer Unterstützung für zentrale Netzwerkverwaltung, die vielleicht große Unternehmen, aber kaum die Familie oder das Büro für ihr Mini-Netz benötigen. Und die Treiberunterstützung - gerade beispielsweise von Realtek - ist auch bei Billigkarten gut bis ausgezeichnet.

Der Einsatz von Hubs und Switches für Ethernet mit 10 oder 100 MBit/s erzwingt eine sternförmige Auslegung des LAN: Vom zentralen Verteiler führt jeweils ein separates Kabel zu den Rechnern oder zu weiteren Verteilern. Benutzt man einen Switch, steht jeweils zwei an ihn angeschlossenen Kommunikationspartnern die gesamte Bandbreite des Netzes exklusiv zur Verfügung, da sie praktisch direkt miteinander verbunden werden.
Benutzt man so genannte Twisted-Pair-Kabel, wie sie bei einer Stern-Topologie über Hubs und Switches üblich sind, lassen sich mit einem Cross-Connect-Kabel (oben) zwei Rechner auch direkt verbinden. Zudem können Hubs und Switches, die über keine speziellen Uplink-Ports (MDI-X) verfügen, damit aneinander angeschlossen werden.


Besonders für kleinere Installationen stellt sich darüber hinaus die Frage nach Hub oder Switch als zentralem Verteiler kaum: Ein Hub mit acht Anschlüssen für Fast Ethernet ist für rund 150 Mark zu bekommen, ein entsprechender Switch schlägt dagegen mit mehr als dem Doppelten zu Buche. Zwar stellt der Switch den angeschlossenen Geräten die volle Bandbreite des LAN zur Verfügung, während bei einem Hub wie in einem als Bus aufgebauten Netz sich alle angeschlossenen Geräte die Gesamtbandbreite teilen müssen - für normale Anwendungsfälle sollte aber ein 100-MBit-Hub vollständig ausreichen (siehe auch [7]). Prinzipbedingt beherrscht ein Hub allerdings keinen Vollduplex-Modus, also das gleichzeitige Senden und Empfangen von Daten. Es ist aber ein Irrtum zu glauben, Vollduplex würde die Geschwindigkeit von Fast Ethernet auf 200 MBit/s erhöhen - dies ist ein rein theoretischer Wert, der nur dann erreicht würde, wenn die Rechner im Netz ständig gleichzeitig sendeten und empfingen. Ein wohl äußerst unwahrscheinlicher Fall.

Zu beachten ist bei Hubs für Fast Ethernet, dass viele der Geräte im Preisbereich um die 150 Mark nur 100 MBit/s unterstützen - es lassen sich also keine Geräte für 10 MBit/s anschließen. So genannte Dual-Speed-Hubs umgehen dieses Problem, indem sie die Rechner mit unterschiedlichen Datenraten automatisch zwei verschiedenen, internen Teilnetzen zuordnen, die dann über einen eingebauten Switch verbunden sind (siehe dazu auch [5]). Solche Geräte kosten dann mit acht Ports um die 200 Mark. Sollte ein Händler einen Dual-Speed-Hub anbieten, der weit billiger ist, kann es sein, dass der notwendige interne Switch fehlt - zwar lassen sich dann sowohl Geräte mit 10 als auch mit 100 MBit/s anschließen, ein Rechner kann dann aber nur mit denjenigen Geräten kommunizieren, die mit der gleichen Datenrate wie er selbst arbeiten.

Für die Verkabelung per Twisted Pair benutzt man so genannte Western- oder RJ45-Stecker. Ihre Belegung ist nach europäischen und amerikanischen Standards festgelegt.

Für diejenigen, die sich mit all der Verkabelung nicht herumschlagen wollen, oder die gar aus baulichen Gründen keine fest verlegten Kabel vorsehen können, bietet sich natürlich ein Funk-LAN als Alternative an. Allerdings sind professionelle Lösungen, die über so genannte Access Points nicht nur eine Ausdehnung der Reichweite von Wireless LANs, sondern auch einen Übergang in drahtgebundene Netze bieten, für den Privatgebrauch in der Regel unerschwinglich [6].

Immerhin bieten Funk-LAN-Pionier Proxim mit der Symphony-Serie oder Diamond mit HomeFree Funk-LANs im Bereich von 150 bis 300 Mark pro Netzwerkadapter an. Für Netze mit einem Ausdehnungsbereich von rund 30 bis 50 Metern innerhalb eines Gebäudes ist bei dieser Technik auch kein zentraler Verteiler oder Access Point notwendig. Wer etwas mehr Geld ausgeben will, kann auch zu einem Router von Elsa greifen, der eine ISDN- mit einer Funk-LAN-Schnittstelle verbindet und so nicht nur ein drahtloses Netz, sondern gleich noch Internet-Zugang für alle Rechner bietet (siehe dazu auch den Artikel in c't 18/2000 auf S. 140).

Unabhängig davon, welchen Netzwerktyp, welche Verkabelung oder Topologie man wählt, bleibt eine Frage: Braucht man für ein Netz einen Server? Im Prinzip nein, aber ... Moderne Betriebssysteme kommen alle in einem Netz ohne einen Rechner klar, der speziell als Dienstleister für die anderen Computer abgestellt ist. File- und Ressourcen-Sharing zwischen gleichberechtigten Clients, wie es im Internet mit Tauschbörsen wie Napster langsam populär wird, ist im LAN schon lange kein Problem mehr. Ein Server - zu dem man auch ein Windows-98-System erklären kann, das nichts anders verrichtet, als Festplattenplatz, angeschlossenen Drucker und Internet-Zugang im LAN anzubieten - hat aber Vorteile: Man kann ihn in irgendeine Ecke verbannen, wo er niemanden stört, wenn er ständig eingeschaltet ist. Dann ist kein Benutzer darauf angewiesen, dass ein Kollege oder Familienmitglied, an dessen Rechner etwa der Drucker angeschlossen ist, diesen auch eingeschaltet hat. Die Ressourcen stehen jederzeit ohne Ansehen des Benutzers zur Verfügung. (jk)

[1] Jürgen Kuri, Böhmische Dörfer, Vom Kabel zum Netzwerk, c't 1/97, S. 254

[2] Deutsches Institut für Normung (DIN), Anwendungsneutrale Verkabelungssysteme, DIN EN 50173, http://www.din.de

[3] Jürgen Kuri, Dr. Sabine Cianciolo, Fahrplanauskunft Netze, Orientierungshilfen im Netzwerkmarkt, c't 16/97, S. 146

[4] Jürgen Kuri, Artisten im Netz, ratlos, Probleme bei der Umstellung auf Fast Ethernet, c't 7/98, S. 188

[5] Jörg Rech, Geschwindigkeitskontrolle, Die Auto-Negotiation bei Ethernet, c't 4/99, S. 234

[6] Jürgen Kuri, Wellensalat, 11 Lösungen für drahtlose Netze im Test, c't 6/99, S. 240

[7] Jürgen Kuri, Beziehungskiste, Grundlagen und Einsatzgebiete von Ethernet-Switches, c't 6/98, S. 354 (jk)