Technische Kniffe beim Gigabit-WLAN

Seite 4: Höhere Konkurrenz

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Neben dem aktuellen Hype um 11ac tritt der parallel auf Kiel gelegte Standardentwurf IEEE 802.11ad ungerechtfertigterweise etwas in den Hintergrund. Er entstand aus der Spezifikation für „Wireless Gigabit“ (WiGig) für schnelle drahtlose Verbindungen zwischen digitalen Videosysteme, etwa dem TV-Gerät und einem Medienzuspieler.

11ad arbeitet simpler als 11ac, und zwar bei 60 GHz mit einem superbreiten Funkkanal, der 2000 MHz überstreicht, also das 12,5-fache dessen, was die breiteste 11ac-Variante nutzt. Dafür verzichtet 11ad auf MIMO mit räumlichen Datenströmen. Es nutzt stattdessen gesteuerte Antennenfelder, um per Beamforming die Gegenstelle gezielt anzupeilen.

Dass die Regulierungsbehörden bei 60 GHz so freigiebig waren und einen mehrere Gigahertz breiten Frequenzblock für 802.11ad und andere Gigabit-Funktechniken spendierten, liegt unter anderem an der hohen Absorption durch den atmosphärischen Sauerstoff bei dieser Frequenz: Das Signal schwindet durch O2 bei 60 GHz zusätzlich zur regulären Streckendämpfung um rund 20 dB pro Kilometer (Leistungsfaktor 100). Bei 50 beziehungsweise 70 GHz liegt die Gasdämpfung schon wieder unter 1 dB/km, und bei 5 GHz sind es nicht mal 0,01 dB/km. Wegen der erheblich höheren Material- und Streckendämpfung wird 11ad wohl ein reiner Zimmerfunker bleiben.

Die erste Welle von 11ac-Geräten wird sich auf dem Funkkanal mit 1300 MBit/s bescheiden, obwohl der Standard mehr hergibt. Der logische nächste Schritt dürften WLAN-Basen sein, die die optionalen 160-MHz-Kanäle unterstützen und damit 2600 MBit/s brutto erreichen.

Damit wird vorerst das Ende der Fahnenstange erreicht, denn der Nettodurchsatz dürfte dann – zumindest unter optimalen Bedingungen – deutlich über die 930 MBit/s klettern, die Gigabit-Ethernet per Kabel schafft. Dass die Hersteller von Routern für kleine Netze in naher Zukunft 10GBaseT für 10-Gigabit-Ethernet im LAN integrieren, steht nicht zu erwarten.

Aus den mageren 2 MBit/s der ersten WLAN-Generation sind inzwischen 1,3 GBit/s geworden. Wenn die Gerätehersteller mitspielen, verdoppelt sich die Datenrate bald nochmal.

Mittelfristig dürfte sich die WLAN-Landschaft dreiteilen: 802.11n bei 2,4 GHz und 11n sowie 11ac auf 5 GHz werden wohl vorwiegend der Internet-Weiterverteilung und dem Streamen nieder- und mittelratiger Medien dienen (Musik, mehrere Standard-Definition-Videos, einzelne HD-Videos).

Der Transport größerer Datenklopse wie Backups oder Images verlagert sich zu 11ac bei 5 GHz oder gleich dem Patchkabel-Ersatz 802.11ad im 60-GHz-Band. Und Letzteres wird wohl auch der Spezialist fürs Streamen von HD- oder 3D-Videos im Wohnzimmer werden. (rek)