Enterprise Cloud Native Summit: Cloud-native Techniken im Unternehmenseinsatz
In MĂĽnchen trafen sich Anfang Oktober Anwender Cloud-nativer Techniken zum Enterprise Cloud Native Summit, um sich ĂĽber die Herausforderungen beim Einsatz im Unternehmensumfeld auszutauschen.
- Josef Adersberger
Am 7. und 8. Oktober fand zum ersten Mal der Enterprise Cloud Native Summit in München mit gut 200 Teilnehmern statt. Zwischen den Sudkesseln der Paulaner-Brauerei am Nockherberg war der erste Tag dem Austausch in Workshops gewidmet zu den Themen Continuous Integration und Continuous Delivery im Enterprise-Umfeld, Cloud-Migration, Security und Compliance, aber auch Kubernetes aus der Sicht von Entscheidungsträgern. Der zweite Tag bot Vorträge mit Erfahrungsberichten unterschiedlicher Branchen.
HĂĽrden ĂĽberwinden
Gerade die Migration von Bestandsanwendungen bereitet noch oft Kopfzerbrechen. Vorträge der Allianz Deutschland sowie von Gothaer Systems zeigten übereinstimmend, dass sich durchaus in kurzer Zeit mehrere hundert Anwendungen auf eine Kubernetes-basierte Plattform migrieren lassen. Das Geheimnis dahinter ist ein gut geplantes Vorgehen, eine robuste und minimalistische Basisplattform mit einer CI/CD-Werkzeugkette als Rückgrat sowie ein industrialisierter Migrationsansatz, der die Entwickler und Administratoren als zentralen Teil des Veränderungsprozesses nicht aus den Augen verliert.
Eine groĂźe HĂĽrde ist weiterhin, dass Plattformen wie OpenShift flexible Skalierung der Anwendungen zwar zulassen, die darunterliegende IaaS-Plattform (Infrastructure as a Service) aber nicht in gleichem MaĂźe skaliert und damit kaum Potenzial fĂĽr Kostenoptimierung bietet. Kubernetes-as-a-Service-Angebote der Cloud-Provider sind zwar weiter, erfĂĽllen jedoch oft noch nicht die hohen Sicherheitsanforderungen, denen vor allem regulierte Industrien aus dem Finanz- und Versicherungsbereich unterliegen.
Andreas Nolte, der ehemalige CIO der Allianz Deutschland und nun CEO der Allianz-Tochter Syncier, hat das Ziel beschrieben, die Kernsysteme eines Versicherers aus der "Cloud-Steckdose" anbieten zu wollen und damit die Fertigungstiefe im Versicherungsumfeld deutlich zu reduzieren. Grundlage dafĂĽr ist das unter Open-Source-Lizenz gestellte Kernversicherungssystem der Allianz, das bereits bei anderen Versicherern wie Frankfurter Leben im Einsatz ist.
In groĂźem Umfang
Der Vortrag von Henning Jacobs, der bei Zalando für Developer Productivity zuständig ist, zeigte auf, was nötig ist, um 1200 Entwickler auf einer Kubernetes-basierten Plattform bei Laune und produktiv zu halten. Im Kern dreht es sich um vier DevOps-Kennzahlen:
- Vorlaufzeit fĂĽr Ă„nderungen,
- Häufigkeit der Deployments als Indikator für jeweils geringes Änderungsvolumen und damit geringes Risiko bei der Inbetriebnahme,
- durchschnittliche Reparaturzeit bei Fehlern in der laufenden Software und
- Fehlerrate von Änderungen als Indikator für die Prozessqualität in der Auslieferung von Software.
Jacobs präsentierte einige Best Practices aus dem Hause Zalando, darunter welche Werkzeuge und Kollaborationsmittel zur Verfügung stehen sollten, um die genannten Ziele für eine große Entwicklerschar zu erreichen. Ein wichtiger Tipp vorab war jedoch, sich gut zu überlegen, Kubernetes-Cluster eigenständig zu betreiben und eine Applikationsplattform darauf aufzubauen.
Georgios Kargakis, der Leiter der Agilen Center der Allianz in Stuttgart beleuchtete den digitalen Wandel bei dem GroĂźkonzern und die Bedeutung von elastischer und agiler Infrastruktur, also Cloud-Ntive-Plattformen, dafĂĽr.
Eine Riege an Enterprise-Architekten von BMW zeigte, wie sich die Architekturdiskussion für Cloud-native-Anwendungen im Zuge der Agilisierung in die IT-Community verlagerte und damit starre Top-down-Architekturvorlagen zur Vergangenheit gehören.
Die Deutsche Telekom in Person von Robert Hoffmann berichtete im Abschlussvortrag von den Erfahrungen beim Aufbau der Kubernetes-Plattform fĂĽr den Smart Speaker "Hallo Magenta" der Telekom. Titel: "Schlammschlacht auf der grĂĽnen Wiese". Dabei wurden noch einmal die Aussagen aus dem Zalando-Vortrag untermauert, dass es schwer ist, selbst Kubernetes-Cluster zu betreiben und es eine umfassende Plattform ĂĽber Kubernetes braucht, um ein groĂźes Entwickler-Team produktiv zu halten.
Jenseits der Vorträge
In den Workshops konnte man deutlich sehen, dass trotz hoher Adaptionsrate viele Endanwender ähnliche Probleme haben wie den stabilen Day-2-Betrieb von Kubernetes, den Aufbau einer Entwicklerplattform auf den Schultern der Plattform, der Rechtfertigung eines Business Cases auf dem Weg in die Cloud und der Bewältigung des Themas Security & Compliance. Diese Fragen wurde beim Get-together am Ende des erstens Konferenztages bis tief in die Nacht noch von den Teilnehmern diskutiert.
Die Präsentationen der Konferenz stehen auf SpeakerDeck zur Verfügung.
Josef Adersberger
ist CTO und Mitgründer der QAware, einem Softwarehaus aus München mit rund 100 Mitarbeitern, das Cloud-Native-Applikationen entwickelt und bestehende Anwendungen auf Cloud-Native-Plattformen migriert. Er hält seit 2011 Vorlesungen zum Thema Cloud (Native) Computing und ist CNCF-Mitglied.
(rme)