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  • White Dwarf

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Re: Wo gibt es dewnn überhaupt vernünftig schönes Licht?

ratti schrieb am 11. März 2013 16:44

> Nein, leider nicht. Ich habe bei der Recherche nur den Eindruck
> bekommen, dass das technische Problem darin besteht, nicht blaues
> Licht zu erzeugen. Tageslicht ist ja eher blau als rot, sprich,
> Arbeitsplatzlampen (Aktiv! Machen! Juhu!) sind einfacher zu bauen als
> Ruhezeitlampen (Schnarch, will kuscheln…).

Nur sind die meisten blaustichigen Billig-LEDs eben nicht von
Tageslicht-Qualität, sondern wirken eher künstlich, fahl. Vermutlich
wegen der großen Lücken im Spektrum.

Generell ist es bei LEDs aber einfacher, spektral kühleres
(=rötlicheres) Licht mit hohem CRI zu erzeugen, weil durch die
Verlagerung in den langwelligen Bereich die Lücke zwischen dem blauen
Anregerpeak und dem breiten Leuchtstoffspektrum nicht so stark ins
Gewicht fällt, wie bei spektral heißerem Licht. Bei
Hg-Leuchstofflampen ist es genau anders herum; hier ist Lichtfarbe
965 offenbar leichter herzustellen als 927.

> Dann wäre ich sowieso ein schlechter Ratgeber, weil ich noch
> „depressivere“ Leuchtmittel suche. ;-) Keine Ahnung, was
> psychisch/technisch dahinter steht, aber uns sind die an sich
> „warmen“ 2700K-Leuchtmittel immer noch zu kalt, und unser
> Freundeskreis und das halbe Internet scheint das ähnlich zu sehen,
> obwohl es technisch nicht so sein sollte.

Ich würde da eher auf unausgewogene Spektren und ggf. Grünstich
tippen; letzterer wird gerne zum Tricksen gebraucht, weil Grün mehr
Lumen bringt, und weil billige Leuchtstoffe eher schmalbandig sein
dürften.

2700 K entspricht etwa einer alten 60W-Glühfrucht.

Generell sollte man bedenken, dass die beliebte Relation "je
rötlicher desto wärmer" eben oftmals nicht stimmt, sondern viele
Faktoren da mitspielen. Möglicherweise (Spekulation, da es m.W. noch
keine Arbeiten dazu gibt) nehmen wir selbst schwache
Nah-Infrarotstrahlung unterbewusst wahr (und evtl. nicht nur mit den
Augen, sondern auch mit der Haut), die bei energiesparenden Lampen
nunmal fehlt. Immerhin gibt es Arbeiten, die auf spezifische
Wechselwirkungen von Licht zwischen ca. 600 und 1000 nm auf bestimmte
Moleküle in verschiedenen Haut-/Netzhautzellen hindeuten, wo fernes
Rot und nahes Infrarot eine regenerationsfördernde Wirkung gezeigt
hat. Google-Stichworte "infraread retina regenaration" liefert
einiges, aber ich habe nicht geprüft, wieviel davon außerhalb von
Unibibliotheks-Abos zugänglich ist.

Häusliche Glühlampenbeleuchtung dürfte zwar viel zu schwach für
Zellregeneration sein (anders als z.B. Kaminfeuer), aber wer weiß,
vielleicht reicht das schwache Signal aus, um unterbewusst ins
Belohnungszentrum gefunkt zu werden?

Wenn sich das als wahr herausstellen sollte, dann wäre die Suche nach
der "warmen" Energiesparlampe etwa so aussichtsreich wie die Suche
nach der schwangeren Jungfrau.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass es gerade in trüben Tagen
sinnvoll sein kann, auch bewusst höhertemperiertes Licht zu
verwenden, besonders morgens, um der Winterdepression Herr zu werden.
Hier braucht man aber schon ordentlich Lux.

> Aber ich kenne das. Ich arbeite im grafischen Gewerbe, und wider
> besseres Wissen mögen wir auch immer nicht glauben, das Neutrallicht
> tatsächlich neutral ist, so eklig kalt sieht das aus.

Was genau meinst Du mit "kalt"? Unter "neutral" verstehe ich, dass
das Licht möglichst keinen Eigenfarbton hat, also optimal weiß ist.
Denn der Weißabgleich des Gehirns ist unvollständig. Aber ebenso
bekannt ist, dass der Weißpunkt Helligkeitsabhängig ist. Bei 100 Lux
in normaler Umgebung (übliches Wohnzimmer) liegt er bei ca. 3500-4000
K, bei Tageslicht eher bei 6500 K (daher erscheint uns Sonnenschein
leicht gelblich). Der Grund dürfte in unterschiedlichen
Ansprechkurven der verschiedenen Sehzellen liegen. "Rot" scheint eine
steilere Gammakurve zu haben als "Blau". Stichwort: Purkinje-Effekt.

Unabhängig davon gibt es das Phänomen, dass viel Menschen reinweißes
Licht als "kalt" empfinden (evtl. wegen der Assoziation mit Schnee),
und gelbliches eher als "warm". Streng genommen ist das eine Spielart
der Synästhesie, d.h. Verknüpfung von Sinnesreizen, die eigentlich
nichts miteinander zu tun haben (exotischere Formen sind Farben, die
beim Hören verschiedener Klänge wahrgenommen werden, u.v.a.m.). Für
mich ist diese kalt-warm-Assoziation bei Licht eher ein Fremdwort;
ich kenne das nur bei objektbezogenen Farben, nicht bei Licht an sich
(aber 965 im Bad hat bei mir schon eine unwillkürliche Assoziation
mit dem sonnigen Süden ausgelöst, während Glühlicht eher
nordisch-dämmrig wirkt). Vielleicht bin ich ja ein Alien ;-)

Gruß,

WD

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