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  • Bernhardtiner

676 Beiträge seit 13.03.2001

Re: Wohnen im Styropor-gedämmten Haus – eine langjährige Eigenerfahrung

Localhorscht schrieb am 28.11.2016 15:09:

Das Problem ist das ganze Pauschalisieren, sowohl in der Gesetzeslage und im gefährlichen Halbwissen über Bauphysik und handwerkliches Können auf dem Bau.

Styropor ist z.Bsp nicht wasserdicht. Das ist eine urbane Legende, Styropor ist offenporig und auch wenn es für den erstem Moment super schwimmt, sollte man mal ein Stück in einen Eimer Wasser legen und mit einem Stein unter Wasser beschweren. Nach ein paar Tagen kann man sich dann mal anschauen, wieviel Wasser da so reingeht. Wasserdicht wäre zum Beispiel Styrodur.
Das eine Dämmung im Dachbereich unverzichtbar ist, sollte jeder verstehen, der in Physik ein wenig aufgepaßt hat. Eine Dampfsperre ist im Dachbereich quasi unverzichtbar, nicht nur um keine Feuchtigkeit in die Dämmung zu lassen, sondern um das Dach zum Inneren des Gebäudes winddicht abzuschließen. Schimmel tritt im Dachgeschoß eigentlich nur bei unsachgemäßer Dämmung ( diverse "Ecken" wurden "vergessen") und/oder bei undichten Anschlüssen der Dampfsperre auf, gerade an Dachfenstern kann das zu sehr schönem Schwarzschimmel führen.
Man sollte auch bedenken, daß eine Zwischensparrendämmung im Dach immer hinterlüftet ist, wenn der Aufbau fachgerecht erfolgt ist.

In Deutschland hat man mit dieser völlig überzogenen EEV dafür gesorgt, daß alle möglichen Häuser mit einem Wäredämmverbundsystem (WDVS) eingepackt werden, auch wenn das zum Teil völliger Quatsch ist. Bei einem Neubau, in dem es ein Konzept gibt und eine Lüftungsanlage vorhanden ist, mag das funktionieren, aber auch da stellt sich die Frage der Anschaffungs- und Wartungskosten der Anlage, im schlimmsten Fall puste ich mir damit irgendwelche Keime in alle Räume und die Luftqualität muß man auch mögen. Ich würde nie auf ein Stoßlüften verzichten. Bei vielen Gründerzeithäusern mit einer ordentlichen Ziegelwand bzw. einem zweischaligen Wandaufbau ist das praktizierte Dämmen völlig überzogen. Kosten und Nutzen stehen in keinem vernünftigen Verhältnis. Man kann das aber nicht pauschal für jedes Gebäude sagen und es sollte da schon mal im Winter mit einer Wärmebildkamera geschaut werden wie das so aussieht.
Viel wichtiger ist m.E. das die Aussenwände vor Feuchtigkeit geschützt werden. Schöne Beispiele dafür sind die norddeutschen Klinkerfassaden, oder die verschieferten Fassaden in vielen Gebirgsregionen.

Dämmen ja, aber richtig und sinnvoll, nicht pauschal.

Mit dem Pauschalieren kann ich Dir nur zustimmen!
Das Beispiel meinerseits ist immer die Legende, daß Wände "atmen" würden. Ich hatte denjenigen Bauleuten, die damals bei mir mittaten und solchen Unfug behaupteten, immer entgegengehalten: Wenn bei mir irgendeine Wand atmet, reiße ich das Haus sofort wieder ab!

Deine Ausführungen zur Wasserdichtheit von Styropor sind sicher interessant, aber für ein Wärmedämmverbund eher nicht relevant, weil ein Haus üblicherweise nicht unter Wasser steht (von Überschwemmungen abgesehen...). Im Normalfall hält es Wasser deshalb zuverlässig ab, selbst wenn der Putz einmal rissig sein sollte. Ein mit Mineralwolle gedämmtes oder gar ungedämmtes Haus dagegen hat mit defektem Putz tatsächlich ein Problem.
Deshalb stimme ich auch völlig mit Dir überein, daß Außenwände Feuchtigkeit zuverlässig zurückhalten müssen. Dies gilt umso mehr für ein Dach.
Weiterhin ist es tatsächlich so, daß es bestimmte alte Konstruktionen gibt, die man nicht dämmen sollte (Fachwerkhäuser, Sandsteinfundamente, ...). Aber solche Gebäude stehen sowieso oft unter Denkmalsschutz und damit außerhalb der Wärmeschutzverordnung. (Nebenbei bemerkt finde ich solche Häuser zwar oft nett anzusehen, wohnen wöllte ich darin aber auf keinen Fall.)

Zum Dachgeschoß: Aus innenarchitektonischen Gründen habe ich eine Außendachdämmung. Ich habe also keine Zwischensparrendämmung, weil ich die schöne Holzkonstruktion des Daches sehen möchte. Somit habe auch keine Dampfsperre. Insofern gibt es also durchaus alternative und dennoch funktionierende Aufbauten.

Lüftungsanlage: Die Anschaffungskosten rechtfertigen sich durch den Komfort- und den funktionalen Gewinn schnell. Es gibt ja noch weitere als die bereits erwähnten Vorteile, z. B. daß signifikant weniger Staub im Haus anfällt.
Die Wartungskosten bestehen aus den Stromkosten (wichtiges Auswahlkriterium einer solchen Anlage sind also effiziente Lüfter!) sowie den Filterkosten. Ich sauge beide Filter einmal im Jahr und einmal wechsele ich sie ganz. Das Material gibt es im Fachhandel preiswert als Meterware.
Das Vorurteil der Keime ist nicht aufrecht zu erhalten, denn die Anlage bläst dieselbe Luft ins Innere des Hause, wie sie andernfalls durchs Fenster kommen müßte, lediglich mit weniger Staub und Insekten. Da die Rohre völlig trocken sind, weil keine Befeuchtung stattfindet - das unterscheidet die Lüftungsanlage grundsätzlich von einer Klimaanlage! - haben Keime keine Chance. Meine Zuluftrohre sind nach über zwei Jahrzehnten innen spiegelblank und es gab noch nie Grund für einen Reinigungseingriff. Lediglich die Ablufteinlässe bedürfen ab und an einer Reinigung. Doch die Abluft beeinflußt ja die Raumluft nicht mehr.
Betont überspitzt sage ich immer: Wenn ich irgendeine Entscheidung in meinem Leben richtig gemacht haben sollte, dann war es die, eine Lüftungsanlage einzubauen!

Viele Grüße!

F.

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