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  • exkoelner

mehr als 1000 Beiträge seit 28.06.2012

Warum die gespielte Empörung seitens der TAZ und natürlich der EZB selbst?

Warum die gespielte Empörung seitens der TAZ und natürlich der EZB selbst?

"In der Öffentlichkeit werden die Rechtsverstöße der EZB kaum kritisiert. Das liegt zum Teil wohl daran, dass man sich bereits daran gewöhnt hat, dass das Recht keine Rolle spielt, wenn es um die große Politik geht. Im besonderen Fall des QE-Staatsanleihenankaufprogramms liegt es wohl auch daran, dass viele Beobachter meinen, was die EZB mache, könne nicht rechtswidrig sein, da sie doch nichts anderes mache als das, was zuvor schon die Fed oder die Bank of England gemacht hätten.

Wer so argumentiert, verkennt, dass nur die europäische Währungsverfassung ein Verbot der monetären Staatsfinanzierung enthält. Außerhalb der Eurozone ist den Zentralbanken die Haushaltsfinanzierung mit der Gelddruckmaschine nicht verboten."

https://www.jura.uni-freiburg.de/de/institute/ioeffr3/forschung/papers/murswiek/warum-die-ezb-nicht-darf-was-andere-duerfen.pdf

Jetzt finanziert die EZB nicht nur lustig weiter die Schulden der EU-Staaten, sondern auch noch privatwirtschaftliche Unternehmen, aber nicht alle, sondern nur besonders große, global aktive Konzerne.

Aber wird deswegen der EU-Vertrag geändert? Natürlich nicht. Die Richtlinie lautet weiter:

"Und verboten ist laut „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ ( Art 123 Absatz 1) „der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen [also den Mitgliedsstaaten] durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken“. Dieses Wörtchen – „unmittelbare“ – bietet also die Lücke für den Umweg über die „Sekundärmärkte“."

https://www.wiwo.de/politik/europa/eugh-generalanwalt-zu-ezb-anleihekaeufen-das-verbot-der-staatsfinanzierung-loest-sich-auf/23148430.html

Und jetzt on Topp nicht nur die dem Vertragsgeiste widersprechende Staatsfinanzierung via Sekundärmarkt, sondern direkte Unternehmensfinanzierung dazu. Und was wurde noch bis vor kurzem ein Affentheater um die 2-300 Milliarden Schulden Griechenlands gemacht. Mittlerweile gehts um Billionen, die von der EZB wie ein warmer Regen über alle möglichen Institute, ausgewählte Staaten und Unternehmen ausgegossen werden - nur über den einfachen Bürger nicht.

Also halten wir fest, sämtliche EU-Staatsfinanzierungs- und Bankenvorschriften sind für die Tonne, es wird seit 2008 ff. alles gemacht, was geht. Daran hat man sich ja als EU-Bürger mittlerweile ja gewöhnt, stört also mich nicht primär mehr. Nur was ich verstehen möchte: Warum ändert man dann diese Vorschriften nicht?

Man könnte ja, wie die Monetative und andere Kritiker der Staatsfinanzierung via privater Geschäftsbanken, zu der Idee reifen, das dieses Verbot der Staatsfinanzierung via Zentralbank, wie es die allermeisten Länder NICHT haben, außer die Euro-Länder - ein Riesenunsinn war, und das revidieren. Aber genau das macht man nicht, man ändert die Regeln für alle nicht, sondern hält sich nur selektiv nicht daran. Die berühmte Gutsherren-Art.

Da fallen mir mehrere Theorien zu ein:

1. Die Überproduktions-Krise (Über-Akkumulation, Marx) schlägt immer deutlicher zu, würde man jetzt die sonst so geheiligten "Marktmechanismen" greifen lassen, würde der weltweite Kapitalismus sich selbst kanibalisieren und zerstören - deswegen Scheingeschäfte mit fiktivem Kapital in immer größeren Maßstab.

2. Der Monsanto-Kauf, die Milliardenstrafen für VW, die Deutsche Bank und anderer suboptimaler Geschäfte europäischer Länder mit den USA sind Tributzahlungen an den Hegemon, die so nicht genannt werden dürfen, sollen aber nicht von den Unternehmenseigentümern finanziert werden, sondern von der Allgemeinheit, deswegen Geldmengenausweitung speziell nur dafür. Die bedeutet natürlich Zinsverlust und Kaufkraftverlust der meisten Bürger, die schleichende Enteignung. Handwerksunternehmen um die Ecke, Selbstständige, etc. schätze ich mal, werden von diesem warmen Regen auch nie etwas sehen.

3. Man kann durch selektive EZB-Regelanwendung kleine Euro-Staaten zu fast allem erpressen, was politisch sonst nie möglich wäre. Wir erinnern uns, als 2009 die deutsche Wirtschaft um 5% an Umsatz verlor, einzigartig nach dem 2. WK, wurden sofort keynsianische Wachstumsprogramme aufgelegt, die Abwrackprämie, das nahezu völlig unkontrollierte Kurzarbeiter-Geld, da hatte auf einmal das Arbeitsamt Geld ohne Ende, keine Spur mehr von "wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen". Und genau das, was Deutschland selbst machte, hat Schäuble und Merkel allen anderen Euro-Ländern verwehrt, formal wegen der "Geldstabilität", ein Hohn, wenn man sich das heute nochmal in Erinnerung ruft. Und deswegen sollen die Regeln schön so bleiben ... für alle anderen, solange Deutschland und Frankreich kontrollieren können, für wen diese Regel gerade gilt - und natürlich für sich selbst nicht. So hat ja die Euro-Zone bereits angefangen, sehr strenge Kriterien, und wer hielt sich nur 2-3 Jahre nach Einführung nicht daran? Deutschland und Frankreich. Klar, Schuld waren die faulen Griechen, oder?

4. die übelste:

"Während des Ersten Weltkriegs war die deutsche Reichsleitung davon überzeugt, dass sie den Krieg gewinnen könnten. Die finanziellen Investitionen für Waffen, Munitionen, Soldaten, Verpflegung, Transport und Logistik waren enorm. Die gesamten Rücklagen des Staates reichten allerdings nur für zwei Tagen aus; der Krieg dauerte aber vier Jahre. Während dieser Zeit druckte die Notenbanken enorme Banknoten aus, um den Krieg finanzieren zu können."

https://www.inhaltsangabe.info/geschichte/die-hyperinflation-von-1923-ursachen-auswirkungen-gewinner-und-verlierer

Es gibt sicher noch ein paar weitere plausibele Theorien, das sind jetzt die ersten 4.

Die EZB-Regeln sind völlig abweichend von denen der meisten Zentralbanken der Welt. Kanada hat z.B. explizit die Staatsfinanzierung durch ihre eigene Notenbank in den Statuten, ist Kanada Pleite, hungert dort Jemand wegen der Notenbank? Die USA könnte ihre weltweite Hegemonie nie ohne die FED realisieren, oder die FED-Eigentümer nicht ohne die US-Militärs ihren extremen Reichtum ..., ein Negativ-Beispiel wohin das führen kann, wenn es demokratisch unkontrolliert ist. Aber die EZB finanziert ausgewählt nach Gutsherrenart einige Euro-Staaten durch, andere nicht. Finanziert Unternehmen, die hier i.d.R. kaum noch Steuern zahlen, oder auch nicht ... so eine perfide Verarsche haben sich noch nicht mal die Nazis bisher ausgedacht, Respekt!

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.06.2019 13:29).

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