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  • Schneeballschlacht

mehr als 1000 Beiträge seit 19.12.2005

Eine typische Uni-Idealismus-Geschichte

Meine Erfahrung ist, dass viele an eine Uni vergebene Projekte zum
Scheitern verurteilt sind.
Warum? Hier wird idealisiert, philosophiert, optimiert und redesigned
bis zum jüngsten Tag, aber die _Nutzung_ der Arbeit nimmt kaum einen
Stellenwert ein. Fazit: das Projekt wird nie fertig. Wenn man
nachfragt, erntet man stets ein "bin fast fertig", wobei mich das
"naja, ein bißchen fork und exec fehlen noch" des Artikels auf
geradezu humorvolle Weise an meine Erfahrungen erinnerte: im Kopf
alles fertig bis auf das Projekt selbst.

Ich bin nicht der Meinung, man sollte die Unis als Handlanger oder
Ausbilder der Industrie sehen, ganz im Gegenteil. Was unserer Uniwelt
jedoch definitiv fehlt, ist Effizienz: eine projekt- und
ergebnisbezogene Grundhaltung. Und die Definition eines Projektes ist
nunmal: es gibt eine und nur eine definierte Endebedingung und der
Weg dahin ist nicht zwangsläufig das Ziel. Ein Rumgeeiere nach der
perfekten Lösung, bei der alle zwei Monate sämtliche Roadmaps (wenn
es denn welche gibt) gekippt werden, ist idealisiertes
Sandkastenspielen. Stößt man bei der Forschung auf Neues, alternative
Wege oder Barrieren, sind das wiederum neue Projekte mit definiertem
Forschungsumfang, die nach Beendigung des Laufenden begonnen werden
können.

Der Schock kommt für Uniabgänger dann in der Wirtschaft, wo erst nach
einer termingerechten Lösung gefragt wird, dann nach dem Weg. Diese
Lektion in Organisationseffizienz sollten nicht nur Studenten lernen,
die in die Wirtschaft wechseln, sondern sollte Rüstzeug für alle
Arten wissenschaftlich forschendem Handelns an Unis sein. Nicht
umsonst existiert das Bild des universitären Elfenbeinturms fern der
Wirklichkeit.
Das HURD-Microkernel-Drama in endlosen Akten ist ein Paradebeispiel
für Vaporware, die rein gar keinen Beitrag zur Gesellschaft
einbrachte. Dass überhaupt jemand was davon erfuhr verdanken wir dem
dadurch verursachten "Unfall" Linux: ein mit einem konkreten
Realisierungswillen gestartetes Projekt, welches ein reales "Produkt"
zur Folge haben sollte.


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