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  • Michael Boettcher

mehr als 1000 Beiträge seit 18.07.2000

Falsche Position der SPD und von Alvar

Wenn es zutrifft, das man eine VDS ablehnt, Alvar behauptet das für
seine Person, dann ist es geboten dafür einzutreten die  VDS
europaweit abzuschaffen, nicht sich "für eine Überarbeitung stark zu
machen". Gesetze haben keinen Ewigkeitsstatus, auch Gesetze der EU
nicht. Eben das wird mittelbar behauptet, wenn man konstatiert,
Deutschland könne gar nicht anders, weil es ja die EU-Vorgaben gibt.
Das ist schon deshalb falsch, weil verfassungswidrige
Gesetzesänderungen der EU unter keinen Umständen in Deutschland
Gesetz werden können. Eine Grundgesetz konforme VDS ist nicht
machbar, auch wenn das BVerfG so getan hat, als gäbe es einen Weg.
Auch die Begrenzung via Straftatenkatalog heilt diesen Grundfehler
nicht.

Wer Skrupel bei der Speicherung von Telefon-Kommunikationsdaten hat,
bei der IP-Adresse aber feststellt, dass deren Speicherung eine
geringe Eingriffstiefe hätte, weil eine IP ja nur zum Anschlußinhaber
führen würde, verkennt, dass dies für die Telefonnummern
gleichermaßen gilt. Wer telefoniert, wird mit der Protokollierung der
Rufnummer letztlich nicht festgestellt. Hier wird ein Unterschied
postuliert, der real nicht existiert. Nebenbei:  feste IPs kosten
wenige Euro im Monat und führen, anders als Gerichte annehmen,
keineswegs immer zu juristischen Personen. Bei dynamischen IPs, und
deren Speicherung bildet die Masse, sollte man bedenken, dass die
Zahl von Single-Haushalten stetig steigt. 
Ein Profil von Personen wird in der Tat nicht durch die IPs allein
hergestellt. Es ist aber naiv anzunehmen, sie hätten schon deswegen
keine Aussagekraft. Man erfährt nämlich mit leichter Mühe, wann in
den Räumen des Anschlußinhabers Verbindungen ins Internet aufgebaut
werden. Zusammen mit Strom- und Wasserverbrauch und den ebenfalls
protokollierten Telefonaten werden Facetten von Personen ermittelt,
die diese in Grenzen auch unterscheidbar machen.

Professionelle Betrüger haben mit Sicherheit keine Probleme ihre
IP-Adresse zu verschleiern. Zudem sitzt vermutlich nur ein geringer
Teil davon im Inland. Man fasst dann also die Stalker und Beleidiger.
Na toll, das sind ja super schwere Straftaten, vergleichbar Mord,
Totschlag, Sprengstoffanschlägen und Co.

Die Speicherung von 80Tagen, die Alvar hier präsentiert, steht im
Papier der SPD nicht drin. Vielmehr läuft das darauf hinaus eine
Speicherung von 6 Monaten zu akzeptieren. Nun ist die Speicherdauer
kein Kriterium, das geeignet ist Verfassungswidrigkeit zu bejahen
oder
zu verneinen. Es ist das Prinzip der proaktiven Speicherung selbst,
was die Verfassungswidrigkeit auslöst. Über diese Vorgehensweise wird
nämlich jeder, der Kommunikationstechniken benutzt, verdächtigt
Straftaten zu begehen. Wer anderes behauptet, lügt sich selbst in die
Tasche.

Die Forderung auf Speicherverzicht als "populistisch" zu
diskreditieren, betrachte ich als Unverschämtheit, angesichts der
Tatsache, dass man damit im Wesentlichem auf  Beleidigungsdelikte
zielt und nebenbei die Medienindustrie schützt, ansonsten aber kaum
stichhaltige Argumente vorweisen kann.Eine weiter steigende
Belastung der Gerichte mit Bagatellverfahren zu prognostizieren
scheint wenig gewagt. Die Folge wird eine Einschränkung der
Möglichkeiten sein, sich gegen falsche Beschuldigungen zu wehren; ein
Trend, den man heute schon im Abmahnunwesen der MI beobachten kann.

Wenn man postuliert, dass Kriminalität bekämpft werden muss, solllte
man erklären, warum denn die im Internet Vorrang vor anderen
Kriminalitätsfelder hat. Die Aufklärungsquote von im Internet
durchgeführten Straftaten ist höher als irgendwo sonst. Offenbar kann
die Gesellschaft, können de Protagonisten der Forderung nach einer
VDS gut damit leben, dass die Aufklärungsquoten von Straftaten
andernorts weit von 100% entfernt sind. Ein Schelm, wer Schlechtes
dabei denkt!

Nach der Einführung einer VDS, egal wie gering oder stark sie die
Bürgerrechte ein weiteres Stück einschränkt, werden unmittelbar
danach die selbsternannten, einschlägig bekannten
Sicherheitspolitiker von Parteien nicht nur der sogn. Rechten,
fordern, den "Bundestrojaner" verstärkt einzusetzen, weil immer mehr
Leute ihre Kommunikation verschlüsseln und die Behörden mittels der
VDS nicht genügend Informationen erhalten würden. Bei diesem Thema
scharren die üblichen Verdächtigen immer mal wieder mit den Hufen.
Die ehemals sozial und demokratisch aufgestellte Partei SPD darf sich
dann damit schmücken, dem autoritären Staat ein weiteres Stück näher
gerückt zu sein. 

Zu guter Letzt: ich weiß nicht, wer die SPD steuert und ihr die
Themen und die politische Richtung vorgibt. Diejenigen, die meist als
Wortführer auftreten, sind mir überwiegen widerlich. Ich unterstütze
diese Partei daher seit vielen Jahren nicht mehr. Vermutlich würden
die Seeheimer, die Vorschläge des Papiers sogar passieren lassen.
Landet man dann 2013 in einer Koalition mit der CDU/CSU, wird man dem
Partner noch ein Stück entgegen kommen. Pech, dass dabei dann
faktisch die Forderungen der CDU umgesetzt werden. Das ist nämlich
die Crux, wenn man 2/3 des Weges auf den politischen Wettbewerber zu
schon zurück gelegt hat. Der endgültige Kompromiss sieht dann noch
schrecklicher aus. Zudem drängt sich der Verdacht auf, die Vorschläge
dienten dem Ziel, sich der CDU als geeigneterer Partner anzudienen,
als es die FDP aus Sicht der CDU derzeit ist.

M. Boettcher


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