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  • Gottwalt Thiersch

mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.2000

Re: Alles nicht zu Ende gedacht

kkeane schrieb am 10.11.2022 10:29:

Aehnliche Partnerschaften gibt es auch hier. Angeblich sogar mit McDonalds und Starbucks. Deswegen war ich so ueberrascht. Die meisten dieser Partnerschaften scheinen mir aber eher unlogisch. Beipielsweise haben viele Bankfilialen der Bank of America 300kW-Lader von Elektrify America (also Volkswagen). Ist mir schleierhaft, wieso - kaum jemand geht noch in die Bankfilialen, und wer einen Schnellader braucht, schon gleich garnicht...

Ja. Das verstehe ich auch nicht. Fast Food Restaurants und Supermärkte sind eigentlich die besten Partner, und so wird das hier auch weitestgehend gehandhabt. Und natürlich Tankstellen.

Viele Ladesäulen, die ich kenne, sind inzwischen schon deutlich älter als fünf Jahre, und werden sicherlich weiterbetrieben.

Ueberrascht mich. Ist das, weil sie von vornherein auf laengere Lebensdauer konzipiert wurden? Oder werden die einfach ueber das vorgesehene Lebensende hinaus weiterbetrieben?

Das weiß ich nicht, wie lange die geplante Nutzungsdauer war. Bei den Drehstromladern von Mennekes rechnete hier der Säulenbetreiber bei seiner Kalkulation mit einer Nutzungsdauer von sieben Jahren mindestens, bei den Gleichstromladern kalkuliert Tesla mit vier Jahren. Wie die anderen das rechnen weiß ich nicht. Viele der Triplecharger (diese alten klobigen ABB-Säulen) sind zwischen 2014 und 2016 aufgestellt worden, und werden jetzt langsam abgebaut, weil sie wirklich anfällig werden.
Ach ja, weil ich gerade vorhin drüber schrieb: Gerade kam ich an einer dieser Tritium-Ladesäulen hier vorbei, und da waren Monteure dran. Also fragte ich nach, und sie meinten, doch, die werden jetzt Stück für Stück ausgetauscht, gegen neue Säulen von Alpitronic. Freue mich drauf, denn die Alpitronic-Säulen scheinen die verläßlichsten zu sein, neben den Superchargern von Tesla.

Ich glaube nicht, dass das moeglich war. Bei der Gleichstromladung will man ja gerade eine Spannungsumwandlung vermeiden, auch eine 1200V-Ladesaeule wird nur 400V an eine 400V-Batterie liefern. Solange es also 400V-Autos gibt, braucht man eben doch die dicken Kabel.

Die 400V-Systeme brauchen keine hohen Ströme, die laden generell langsam. CCS 2 begrenzt auf kleiner 500A.

Mal 400V sind immer noch 200 kW...

Wieviel kW ist völlig egal, die Kabeldicke bemißt sich ja an der Stromstärke, also wieviel Ampère dort durch müssen. Höhere Spannung ermöglicht deshalb immer dünnere Kabel bei gleicher kW-Leistung. Wie wir ja beim Thema Hausanschluß gesehen haben.

Ja, das braucht dicke Kabel und Kühlung. Ja, das nutzt bisher ausschließlich Tesla, und die schaffen es mit passiv gekühlten Kabeln, die relativ dünn sind. Und die 400V-Systeme werden mit bis zu 500V Spannung geladen, es braucht ja ein Spannungsgefälle, damit geladen werden kann.

Stimmt natuerlich. Das sind ja die Ladeverluste.

Nein, das ist erstmal einfach nur das Spannungsgefälle, damit überhaupt Strom geladen wird.

Allerdings muessen wir wohl aufpassen, nicht nominaler und realer Spannung zu mischen. Wenn ein 400V-System 500V Ladespannung braucht, dann braucht ein 1000V-System natuerlich auch 1250V Ladespannung!

Ja. Die wenigsten Autos haben wirklich 400V-Systeme, die liegen alle so zwischen 380V und 440V, eben je nach Zellanzahl und deren Verschaltung. Dementsprechend sind die dann anders verschalteten Systeme (einfach zwei Akkuhälften seriell geschaltet anstatt sie parallel zu verschalten) bei 760V bis 880V in der Spitze, und die 1.000V als Ladespannung genügen auch dort.

Nein, ich bin schon sehr lange der Ansicht, daß die Beschränkung auf derart niedrige Spannungen ein Fehler ist, daß der Schritt auf 1kV von Anfang an hätte gemacht werden müssen. Es ist ja kein Problem, im Auto das zu splitten und aus 1kV quasi zweimal 500V zu machen. Einfach wie im Umspannwerk, so richtig physisch verschaltet.

"Kein Problem" halte ich fuer nicht so ganz richtig. Es ist natuerlich machbar, Zellen von Parallel- auf Serienbetrieb umzukonfigurieren - aber nur solange die Zellenanzahl ein Vielfaches von ca 500 ist (400V sind ca 100 Zellen in Serie, 1000V sind ca. 250 Zellen in Serie). Aber das wuerde ja das Batteriemodul-Design ganz gravierend einschraenken.

Jein. Bei 100 Zellen genügen die 150kW, die heute mit 500V mit nicht so dicken Kabeln problemlos möglich sind. Für die 300kW werden dann 200 Zellen benötigt, die seriell verschaltet sind. Und Hyundai/Kia, Porsche und Audi handhaben das tatsächlich so, daß sie die Zellen wahlweise als zwei serielle halbe Akkus mit 800V laden lassen oder als zwei parallel geschaltete halbe Akkus mit 400V, je nachdem, was die Säule kann. Dabei werden die Zellen tatsächlich noch komplexer verschaltet, um die gewünschten Spannungs- und Leistungsverhältnisse im Akku zu erreichen. So werden z. B. mehrere Zellen jeweils zu seriell verschalteten Modulpacks zusammengefaßt, die dann wiederum an einen Strang angeschlossen werden.

Und ausserdem muesste man ja dann waehrend des Ladevorgangs nicht die 400V-Verbraucher des Autos abklemmen, und muesste beispielsweise die Klimaanlage und Batteriekuehlung rein aus der 12V-Batterie speisen.

Die werden auch bisher komplett aus 12V betrieben. Noch hat kein Elektroauto ein Bordnetz mit 400V. Das wäre schon zulassungstechnisch ein Alptraum, es müßte der Nachweis geführt werden, daß zu keinem Zeitpunkt in keinem noch so absurden Sonderfall 400V an irgendeiner anfaßbaren Stelle anliegen können.
Nein, es wird umgekehrt gemacht: Wie bisher läuft alles mit 12V Gleichstrom, Pluspol über Kabel, Minuspol über die Karosserie. Und gespeist wird das aus einer eigenen 12V-Batterie. Diese wiederum wird natürlich aus der Fahrbatterie gespeist, egal welche Spannung diese hat, allerdings galvanisch getrennt. Mit erstmal Wechselrichter, dann Spannungswandler, dann Gleichrichter. Noch hat nichtmal Tesla lediglich einen Spannungswandler von 400V auf 12V, weil die galvanische Trennung eine Sicherheitsstufe herstellt, auf die man nicht verzichten kann, ohne eben den umfangreichen Nachweis über die sichere Trennung unter allen Umständen (auch bei Unfall etc.) zu führen.
Das Hochvoltsystem ist ja aktuell komplett als Inselanlage ausgeführt, vollständig abgekoppelt von allen anderen Komponenten, sodaß selbst wenn durch einen Unfall ein Pol blank an Metall anliegt kein Kurzschluß entstehen kann, da der zweite Pol nicht erreichbar ist.

Deswegen wird sowas in der Regel eher auf der Ladesaeulen-Seite gemacht, aber damit braucht man eben doch die dickeren Kabel.

Nein, es gibt ja bereits 800V-Systeme, die eben auch an 400V laden können und dafür einfach zwei halbe Akkus parallel schalten.

Mit so einem Schwenkarm kann man das ganze sogar vollautomatisch machen, dann koennen beispielsweise Behinderte im Auto sitzen bleiben.

Das sehe ich nicht wirklich, es gehört schon auch die optische und haptische Kontrolle der Stecker und der Verbindung immer dazu.

Es gab sowas sogar fuer Benzin-Zapfsaeulen. Hat sich aber nicht durchgesetzt. Vermutlich ist die Roboter-Technik dafuer zu teuer und aufwaendig, und die Kunden wollten wohl nicht dafuer bezahlen.

Es gab auch entsprechende Ideen für Ladesäulen. Aber auch da halte ich es mit den derzeitigen Steckersystemen für völlig utopisch. Und ja, ich halte es für wichtig, daß man die Stecker regelmäßig optisch überprüft und fühlt, ob da alles festsitzt, ob die Verriegelung eingeklickt ist usw.

Genau dies ist mein Punkt.
Konkretes Beispiel: Ein Seniorenpaar hier im Bekanntenkreis hat sich durchaus in den Honda e verguckt. Und ich kann das durchaus verstehen. Sie sind ihn probegefahren und waren eigentlich absolut begeistert und wollten das Auto als Alltagsfahrzeug unbedingt haben. Allerdings scheitert sie daran, den CCS-Stecker verläßlich von oben in diese Ladedose auf der Fronthaube zu stecken (schau Dir Bilder davon an, dann verstehst Du das Problem wahrscheinlich). Der Stecker ist einfach zu schwer und auch zu schwergängig.
Also wurde es dann ein Fiat 500e.

Richtig. Ich bin ueberrascht, dass sie in der Situation ueberhaupt ein Batterieauto gewaehlt haben.

Na ja, die sonstigen Vorteile sind halt deutlich. Allein schon einen Automatik-Kleinwagen mit Standheizung und Standklimaanlage bekommt man eigentlich nicht. Und im Normalfall laden sie natürlich zuhause in der eigenen Garage (na ja, Carport, aber immerhin). Der Typ 2 Stecker ist nicht zu schwer und auch nicht so sperrig-klemmend bei der Nutzung.

Ja klar. Dafür gibts die Scheinannahme. Man kann also sowohl mit Karte als auch mit Geldschein bezahlen. Halt wie an Fahrscheinautomaten.

Eine Tankstellenkette (ARCO/BP) hatte frueher auch so ein System. Haben sie aber abgeschafft; heute zahlt man bar doch wieder im Laden.

In Deutschland sind das nicht so sehr viele, aber es gibt diverse Tankstellen, bei denen während der schwächeren Betriebszeiten nur der Automat läuft und niemand an der Tankstelle ist. Gerade in dünner besiedelten Regionen in Frankreich und sehr zahlreich in der Schweiz gibts einfach nur Automatentankstellen, ganz ohne Personal (oder Personal nur z. B. vormittags, oder während die angegliederte Werkstatt geöffnet hat, usw.). Das ist eine Frage der Versorgung auf dem flachen Land.

Interessant. Das ist bei uns voellig anders. Ich habe ich schon oft gefragt, wo all die Autobahn-Tankstellen (und auch die Motels, Restaurants etc.) im Nirgendwo entlang der I-5 das Personal kriegen, aber es scheint wohl kein Thema zu sein. Meist ja doch im Umkreis von 20-30 km ein Ort.

Na ja, das ist natürlich auch eine Frage der Rentabilität. Wenn da am Tag dreißig Tankvorgänge sind, müssen diese ja das Verkaufspersonal bezahlen. Und 24/7 bekommt man das sicherlich nicht abgedeckt. Da ist dann der Automat durchaus von Vorteil.
Hier
> https://fastly.4sqi.net/img/general/original/64449221_q_0sbrIFIEqqnitrJiXw5OjRnim-KXyrGUYp8Z015j4.jpg
sind wir gerade neulich wieder vorbeigefahren, das ist in Airolo, am Ende des Gotthardpasses. Die Tankstelle hängt quasi an der dahinterliegenden Autowerkstatt, ist allerdings 24/7 geöffnet und eben ausschließlich automatenbetrieben. Das ist in der Schweiz abseits der Autobahnen eher die Regel als die Ausnahme.
Auch hier, mitten im Ort, direkt um die Ecke von meiner Schwester, ist das so:
> https://www.abflachdach.ch/wp-content/uploads/2015/03/Flachdach-NeubauAVIATankstelleArlesheim600-opt-600x400.jpg
Die haben zwar einen Shop, aber der hat eng begrenzte Öffnungszeiten, die Tankstelle jedoch ist 24/7 geöffnet, immer mit Automat.
Ja, das sind natürlich alles Mini-Tankstellen mit einer oder zwei Zapfsäulen, manchmal auch vier oder in Ausnahmefällen sechs. Du siehst es bei der Avia, der Automat steht in der Mitte, insgesamt haben die zwei Zapfsäulen vier Entnahmestellen. Solche Situationen sind da wirklich eher die Regel als die Ausnahme.

Ach ja, gerade noch lustig reingekommen: Mein Zweitältester maulte ja vorgestern, daß sie bei McDonalds nicht laden konnten und stattdessen nebenan bei Penny geladen (und dann auch dort im Stehcafé gegessen haben). Jetzt waren sie gerade wieder beim selben McDonalds (Baustelle ist halt dort um die Ecke) und da sind nun Monteure, die zwei weitere Ladesäulen aufstellen bzw. die Vorbereitungen dafür leisten. Es scheint also durchaus so zu sein, daß die Auslastung der Säulen gut ist. Er bekam erklärt, daß bis etwa Mittag hauptsächlich Monteure und Vertreter dort laden, und ab Mittag dann vorallem die Lieferando-Fahrer, die ja für McDonalds das Essen ausliefern.

Gruß

Gottwalt

Noch ein Nachtrag: Mein Sohn fragte die Monteure dort, wie groß die Verluste (Umspannung, Gleichrichtung usw.) in den Säulen seien. Die sagten, die Nenn-Abwärme läge bei maximal 2,5kW. Das überrascht mich, denn das entspricht einer Effizienz von knapp über 99% und spricht dafür, daß man da einen großen Schritt nach vorne schaffte.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (10.11.2022 12:11).

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