Die USA haben ähnlich wie Europa ein großes Netz in denen die Staaten für ihre jeweiligen Teile verantwortlich sind. Nachbarstaaten sind verpflichtet bei Stromknappheit zu liefern und im Gegensatz gibt es gewisse Mindeststandards wie widersterstandsfähig ein Netz sein muss.
Texas hat sich wissentlich aus dieser Gemeinschaft verabschiedet um diese Mindeststandards nicht mehr einhalten zu mĂĽssen.
Ziel war durch reduzierte Zuverlässigkeitsanforderungen die Kosten für Stromerzeugung stark zu senken und so massiven Zubau zu ermöglichen attraktiver für Energie Industrie zu werden.
Das war ein voller Erfolg: Obwohl in Texas erst extrem spät mit den Erneuerbaren angefangen wurde erzegeut Texas mit einem fünftel der Einwohner halb so viel Solarstrom und mehr Windenergie als ganz Deutschland. Und die kWh kostet in Houston üblicherweise 5Cent/kWh statt 40Cent.
Das ganze hat aber eben auch seine Schattenseiten: Gespart wurde an Wetterfestigkeit und Reservekapazitäten zum Regeln. Der Stromausfall bei Extremwettersituationen ist vorprogrammiert und kommt defakto jedes Jahr. Und der fetteste Sparpunkt war das Netz. Das jetzt defakto in Dauerüberlastung läuft und auf dem Land wird der Strom trotz noch schlechterer Verfügbarkeit ähnlich teuer wie hier.
Lösen tun das die Texaner indem sie entweder die Stromausfälle erdulden oder sich einen Diesel in den Keller stellen der zumindest Basisanforderungen erfüllt. (Vor allem aufm Land absolut nicht unüblich da.) Das ist halt was die Texaner unter Freiheit verstehen. Du kannst billigen Flackerstrom vom Netz bekommen oder du musst halt Selbstversorger auf deiner Ranch spielen.
Daneben: Die in Deutschland verhassten energieintensiven Industrie profitiert von dieser Flexibilität und zieht massiv dahin. In Florida, dass sonst eine ähnlich Industriefreundliche Politik fährt und ähnlich viele Einwohner hat, verbraucht die Industrie gerade mal ein Viertel des Stroms von der in Texas. Wer wie die Bitcoinminer auf billigen Strom angewiesen ist zieht nach Texas und arbeitet halt die 360 Tage im Jahr, wenn der verfügbar ist. Wer es zuverlässig braucht nimmt 360 Tage im Jahr den billigen mit und lässt die restlichen 5 den Notstrom-Diesel laufen.
Insgesamt wirken sich die Strompreise auch sonst aus. Pro Kopf verbrauchen die Texaner im Schnitt doppelt so viel Energie wie die Leute in Florida und fĂĽnf mal so viel wie die Deutschen.
Das passt auch wunderbar zu den Erneuerbaren weil wenn man massig Überkapazität für Bitcoinminer aufgebaut hat eventuell doch noch genug in der Dunkelflaute übrig hat, wenn die abschalten.
Kurz: Das System da ist einfach mit Absicht anders: Auf billig getrimmt. Passt absolut nicht zur Mentalität in New York oder Hintertupfingen, wo man es für selbstverständlich hält dass der Strom halt zu vorhersehbaren Preisen aus der Steckdose kommt wann und wo man das für gut und richtig hält. Aber man sollte verstehen, dass das halt seinen Preis hat und dass die Texaner das halt einfach andere Prioritäten haben.
Und dass das weniger als von vielen Politikern herbeigesehnt eine Debatte zwischen Erneuerbaren und Konventionellen ist. Denn erstere Sind in Texas so groß wie kaum sonst wo. Und das obwohl das das Öl förmlich aus dem Boden sprudelt.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (15.07.2022 12:44).