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  • gvzdus

158 Beiträge seit 07.12.2017

Leserbrief an Herrn Kuri

Ich habe mir jetzt mal meinen Ärger über Heise m.E. strukturiert vom Leib geschrieben - immerhin wird der Artikel ja vom Chef-Redakteur persönlich empfohlen...

Lieber Herr Kuri,

ich vermute, ich bin einer Ihrer langjährigsten Abonennten (etwa 30 Jahre, denke ich).

Für mich war c't zeitweise so etwas wie der alte Spiegel in der Politik: Investigativjournalismus, der hinterfragt, bisweilen aufdeckt. Und technisch hochkompentent ist.

Solche Artikel gibt es weiterhin bei Ihnen, nur als ein Beispiel: Z.B. Ihre Untersuchung, welche Stromzähler wie genau messen:
https://www.heise.de/tests/Acht-Energiekosten-Messgeraete-fuer-den-Hausgebrauch-4614351.html?seite=all

Und dann gibt es Artikel, die eigentlich besser in "Brigitte" oder ein Jugendmagazin für Nichttechniker passen, z.B. der Artikel zu Wifi-Lampen, den Sie in Person empfehlen. Haben Sie ihn überhaupt selber gelesen?

Standby-Verbrauch nicht erwähnt

Ihr Autor erwähnt bei genau einem Produkt den Standby-Verbrauch, anstatt das systematisch für alle Produkte zu untersuchen. Ein Watt Standby sind 2,62 Euro im Jahr, also 26 Euro auf 10 Jahre. Für *ein* Watt.

Shelly mal wieder nicht dabei

Wenn man irgendwie mit den Smarthome-Communities zu tun hat (unterstelle ich, ich kann es nur für FHEM sagen). Seit länger als einem Jahr ist Shelly inzwischen der Shooting-Star in der Szene. Inzwischen launchen die Bulgaren ihre Produkte live in einem Facebook-Event…
Man muss nicht jedes Produkt in Tests aufnehmen, nur weil ein Leser es empfiehlt, aber möglicherweise irren die SmartHome-Maniacs nicht und man könnte sich damit beschäftigen, warum denn diverse Leute so begeistert sind.

Vendor-Lock

Der wichtigste Aspekt, der aber im genannten Artikel zumindest ansatzweise abgedeckt wird ist der Vendor-Lock: Herr Kolbow-Lehradt hat wenigstens alle Produkte auf IFITT-Kompatibilität abgeprüft. IFITT ist aber nur ein "Notnagel" - natürlich ist jedes System besser im Sinne von schneller, datenschutzverträglicher und stabiler, dass im heimischen LAN funktioniert (wie z.B. die Shelly-Produkte mit dem Standard MQTT - aber das kennen SIe ja nicht).

Es ist großartig, was man z.B. bei Philips Hue kaufen kann. Nur: Dieses
System lässt kein Event nach außen außer per API-Pollen, also kein IFITT und kein gar nichts. Es bedeutet: Bewegungsmelder und Schalter von Hue können über die Hue-Bridge niemals zu Triggern irgendwelcher Nicht-Zigbee-Geräte werden. Das weiß der Kunde nicht von der Verpackung, aber ein Journalist mit Hintergrundwissen kann es wissen, und seine Leser vor diesen Fallen warnen.

Ihre Werte

Insgesamt steht der Heise-Verlag für mich seit eh' und je für Werte - und zwar u.a. ziemlich
unpolitisch unumstrittene:
- Statt "Spontankäufen" auf langfristige Kompatibilität achten
- Ökologisch: Weder Wegwerf-Produkte noch Stromfresser zu promoten
- Messen statt Glauben

Diese Werte finde ich in Ihren Artikeln bisweilen einfach nicht vertreten. Es ist aber m.E. die Aufgabe des Chefredakteurs, die große Linie zu wahren. Das bedeutet z.B. als Vorschlag:

- Wer bei uns über SmartHome schreibt, muss eines der Systeme wie FHEM, ioBroker o.ä.
kennen und betreiben. Wir wollen den Leuten keine "Spontan-Käufe" empfehlen, die
sie später nicht mehr nutzen können. In jeden Vergleichstest gehört ein Link zu
unserem Universal-Artikel xy, warum das für den Leser einmal relevant sein könnte.

- Jedes Gerät, bei dem Stromverbrauch relevant ist, untersuchen wir auf den Stromverbrauch
und schreiben die 10-Jahres-Standby-Kosten dazu. Wir haben dazu die Mittel, also nutzen wir sie.

- Bei einem Test wie dem von Lampen messen wir nach. Immer. Ob die Herstellerangabe
an Lumen stimmt oder nicht. Weil wir es können, weil wir Heise sind.

Ich würde mich freuen, wenn Sie über meine Anregungen nachdenken würden und bin mir sicher, dass es sich auch geschäftlich für Heise lohnen würde, einen Qualitätsstandard einzuhalten.

Viele Grüße,

(Hans-)Georg (Name im Original enthalten)

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