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  • Engineer5

72 Beiträge seit 09.10.2002

Powerline: und die Telekom verdient mit

Ein Punkt, der in der Diskussion über Powerline nicht diskutiert
wird, ist der folgende:

Nehmen wir an, die Stadtwerke der Stadt M. möchten Powerline
einführen. Dazu benötigen sie nicht nur die Powerline-Modems auf der
letzten Meile (mit allen Problemen und Kinderkrankheiten), sondern
sie müssen auch sicherstellen, dass die gewünschte Menge Kunden (also
z.B. 50 Kunden pro 2MBit) tatsächlich auch über die letzte
Trafostation (an der ein Powerline-Einspeisemodem steht) auch in das
Netz eingebunden werden kann. Nun ist jedoch nicht an jede kleine
Trafostation eine Glasfaser-Leitung von den Stadtwerken gelegt,
manche Trafostationen und Stromnetz-Installationen sind ja schon
ziemlich alt. Daher muss nun, wenn Kundenwünsche aus der A-Straße
kommen, aber die 230V/380V-Netzebene in der A-Straße keine
Glasfaseranbindung im Verteilerkasten hat, überlegt werden, wie das
Einspeisemodem (das ja irgendwo in der A-Straße stehen darf) denn an
den Backbone angebunden wird.

Buddeln ist kein Konzept, denn das dauert deutlich zu lange (nicht zu
reden von Genehmigungen, Arbeitsaufwand, Kosten).

Die Lösung: die Stadtwerke mieten bei der Telekom (oder Tesion, oder
Arcor oder einem anderen Provider ihrer Wahl) eine
2MBit-Standleitung, die sie entweder an einen Verteilerschrank
terminieren, oder, was einfacher zu handhaben ist, im Keller eines
(Nutzer-)Haushalts. Dort wird die 2MBit-Leitung der Telekom dann mit
dem Einspeisemodem verbunden.

Das Faszinierende daran ist:
die Telekom (alle anderen haben keine ausgebauten Strecken in der
letzten Meile) verdient auf diese Weise daran mit, dass sie in
bestimmten Stadtteilen (die sie mit Vermittlungstechnik auf
Glasfaserbasis ausgestattet hat) kein DSL anbieten kann, sondern alle
auf Powerline angewiesen sind. Und sie hat dann auch nicht mehr
unbedingt Interesse, einen DSL-Ausbau hier zu forcieren, denn
symmetrische Standleitungen werden ja viel teurer verkauft als
ADSL-Strecken.
Für die Telekom ist also Powerline kein echtes Konkurrenzprodukt,
sondern auch sie verdient daran.

Diese enormen Netzinfrastruktur-Probleme im MAN-Bereich sind es, die
die Stadtnetzbetreiber in vielen Städten von Powerline-Konzepten
wieder abgebracht haben. Betrachtet man die Kosten, die in den
Netzausbau gesteckt werden müssen, um einen Stadtteil powerline-fähig
zu machen, wird ganz schnell klar, dass sich das nur in
Ausnahmefällen gegen das Preisniveau der DSL-Anbieter rechnen kann.
Und wir reden hier noch lange nicht von den Upstream-Traffic-Kosten,
den Investitionen für das (hoffentlich redundante) IP-Kern-Netz, die
Administrativa (Accounting, Billing, Marketing etc.) und den
signifikanten Modem-Kosten.

Und der ganze Aufwand für einen Shared-Medium-Zugang mit ernsthaften
Problemen in der Störfestigkeit...
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