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889 Beiträge seit 30.08.2002

Auch Anzeige wegen IP-Adressspeicherung gegen Heise?

Ich frage mich, warum nicht mit gleicher Begründung Anzeige gegen
Heise erstattet wurde, denn damit die Staatsanwaltschaft von T-Online
die Herausgabe der zu der IP-Adresse gespeicherten Nutzerdaten
fordern kann, muss sie die IP-Asdresse ja erst einmal von Heise
erhalten haben. Da stellt sich doch die Frage, warum Heise diese
IP-Adresse speichert. Abrechnungszwecke scheiden in dem Fall ja ganz
sicher aus, bleibt also m.E. nur noch die Ermöglichung von
Strafverfolgung. Was soll das aber für einen Sinn haben, wenn genau
das wegen Nichtspeicherung der zugehörigen Nutzerdaten beim ISP
verhindert wird?

Das passt doch nicht zusammen: entweder sollen Straftaten im Internet
verfolgt werden können, dann ist die Speicherung sowohl bei Heise,
als auch beim Provider gewollt. Oder es soll keine Strafverfolgung im
Internet möglich sein, dann ist die Speicherung der IP-Adresse bei
Heise genauso unerwünscht, wie die Speicherung der IP-Adresse beim
Provider.

Vollends irre finde ich, dass die Möglichkeit, Straftaten im Internet
zu verfolgen davon abhängig sein soll, was für ein Tarifmodell der
Täter nutzt. Hätte der in
http://www.heise.de/newsticker/data/anw-15.04.03-004/ erwähnte
Kinderporno-Ring nur auf eine Flatrate wechseln müssen, um sicher
davor zu sein, erwischt zu werden? Hatten die Mitglieder des
Kinderporno-Rings einfach nur Pech, weil für ihre Anschlüsse kein DSL
verfügbar war und ihnen eine ISDN/analog-Flatrate zu teuer war?

Die Forderung, dass die ISPs bei einer Flatrate keine IP-Adressen
speichern dürfen, kommt mir jedenfalls so vor, wie eine Forderung,
dass Fahrer von Wagen mit mehr als vier Liter Hubraum ohne
Kennzeichen fahren dürfen.

Hat sich mal jemand gefragt, warum T-Online (und sicherlich nicht nur
die) an der Speicherung der Sessiondaten festhält? Für T-Online wäre
doch vermutlich nichts einfacher und billiger, als die Daten einfach
nicht zu mehr speichern, wenn sie denn tatsächlich nicht zur
Abrechnung benötigt werden. Das kostet T-Online weder Geld noch Zeit
und alle sind glücklich. Ich bin mir deshalb ziemlich sicher, dass
großen Providern wie T-Online von staatlicher Seite recht deutlich
klar gemacht wurde, dass eine Speicherung dieser Daten erwünscht ist.
Wenn höchstrichterlich entschieden werden sollte, dass das mit der
Begründung "Abrechnungsdaten" zumindest bei Pauschaltarifen nicht
zulässig sei, dann wird der Gesetzgeber innerhalb kürzester Frist
eine Gesetzesänderung vornehmen, welche es Providern nicht nur
erlaubt die sessiondaten zu speichern, sondern sie sogar dazu
verpflichtet. Die ganze Empörung und Augfregung ist also letztlich
völlig für die Katz, denn daran, dass bei dem Ganzen im Ergebnis
herauskommt, dass man tatsächlich als Nutzer eines Pauschaltarifs im
Internet anstellen kann, was man möchte, ohne befürchten zu müssen,
erwischt und zur Verantwortung gezogen zu werden, das halte ich für
völlig ausgeschlossen.

Die ganze Debatte um "Abrechnungszwecke" scheint mir im Übrigen
völlig an der Sache vorbei zu gehen. Meiner Meinung(!) nach, sollte
die Begründung der Speicherung von IP-Adressen mit "zu
Abrechnungszwecken erforderlich"  aufgegeben werden und statt dessen
sollte der Gesetzgeber ehrlich eine Speicherung der IP-Adressen zum
Zwecke der Strafverfolgung erlauben und vorschreiben. Der Gesetzgeber
hat ja schließlich auch kein Problem damit, dem Fahrzeughalter
vorzuschreiben, Kennzeichen an sein Fahrzeug zu schrauben. Warum soll
das bei IP-Verbindungen also ein Tabu sein?

Ich sehe auch keinen Nachteil für mich als Nutzer. Der Staat hat
sogar das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen meine Wohnung zu
durchsuchen, dagegen ist die Möglichkeit, bei meinem Provider über
die IP-Adresse die zugehörigen Nutzerdaten zu erfragen ein Lacher.
Ich verstehe nicht, was *genau* die Sorge derjenigen ist, die eine
Speicherung dieser Daten so vehement ablehnen. Solange die
Staatsanwaltschaft nicht wegen einer Straftat ermittelt, kommt die
Speicherung der Sessiondaten überhaupt nicht zum Tragen. Einen
Unterschied zwischen Speicherung und Nichtspeicherung kann es in der
Praxis also nur geben, wenn es tatsächlich eine Ermittlung seitens
der Staatsanwaltschaft gibt. In einem solchen Fall ist es aber doch
nur vorteilhaft, wenn dabei auf die Sessiondaten zugegriffen werden
kann. Es gibt nur einen Fall, in dem die Speicherung für den Nutzer
nachteilig ist, nämlich dann, wenn er tatsächlich ein Straftäter ist
(wie zum Beispiel der oben erwähnte Kinderporno-Ring). In dem Fall
ist der Nachteil für den Straftäter aber ein Vorteil für die
Gesellschaft. 

Ich jedenfalls sehe den Wunsch von Straftätern, nicht erwischt und
für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden nicht als legitimen
Grund für die Forderung nach einer Nichtspeicherung von Sessiondaten
an. Und als moralisches Recht schon gar nicht.
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