Ansicht umschalten
Avatar von Ulriko
  • Ulriko

mehr als 1000 Beiträge seit 26.06.2001

Solidarbeitrag, Marktwirtschaft, Tiefensee - Re: Ossi-Wessi-Schubladen

Carolus Magnus schrieb am 25. August 2008 11:09
> Ulriko schrieb am 25. August 2008 11:01

> > Ja, aber m.E. aus den falschen Gründen: "Sie muss (!) in
> > Leipzig bleiben weil sie für den Osten (!) so wichtig ist".
> Sehe ich anders:
> Das ist doch die beste Wirtschaftsförderung für den Osten anstatt
> über den Solidarbeitrag immer nur Geld zuzuschiessen.

Klar, aber man macht eine Aussage gegen die Marktwirtschaft
wenn man als Bundes(!)politiker sich plötzlich den Regionalhut
des Ossis aufsetzt und einer letztlich planwirtschaftlichen
Idee das Wort redet, nämlich dirigieren zu wollen, wo eine
Messe hinkommt. Wenn ein sächsischer Landes(!)politiker sagt,
wir kämpfen (!) für die Messe, ist das i.O.

Und ob man nun Geldströme von A nach B lenkt, indem man
sie über Steuern erhebt und umverteilt (Solidarbeitrag)
oder indem man Unternehmen drängt, nach B statt nach A 
zu gehen, ist letztlich egal, das Geld fehlt in A und 
landet in B. So etwas darf also nur Ergebnis eines
_fairen_ (also nicht durch Bundespolitiker, die ja dem
Gesamtinteresse aller Bürger verpflichtet sein müssen)
Wettbewerbs sein. Tiefensee hat einfach den Zweck seines
Amtes verfehlt, wenn er pro Leipzig und contra Köln
spricht. Ich als Privatmensch darf das und sächsische
Politiker dürfen das (als Wettbewerbspartei) natürlich
auch.

Dazu kommt noch, dass Leipzig ja sowieso nicht gerade
der Ort ist, wo die Not am größten ist. Ganz Regionen
der ex-DDR sind notleidend, die Ballungszentren Sachens
stehen dagegen weit überdurchschnittlich gut da und 
übertreffen so manche Westregion an BIP pro Kopf, von
der Qualität der Straßen, renovierten Fassaden etc. ganz
zu schweigen, die in Leipzig derzeit besser ist als in
den meisten Großstädten des Westens. 

> > Obwohl ich für Leipzig bin, ist das m.E. die falsche Denke
> > und genau das, was wir hier teils im Forum an Ossi-Wessi-
> > Beschimpferei haben.
> Ich bin ein Wessi, Jahrgang 1962, im Rheinland bei Aachen (mein
> Nickname ist eine Reminiszenz an meine Heimat) geboren,

Das sollte alles nichts zur Sache tun und zeigt, wie viele
hier die Diskussion eben unter dem wir-und-die-da-Gesichtspunkt
führen.

> habe dort mehr als 35 Jahre meines Lebens verbracht und wohne nun
> mehr in Südhessen.

Wie so viele, die aus strukturschwächeren Gegenden Richtung
Rhein-Main, München, Stuttgart u.a. gezogen sind. Diese
Boomregionen wurden aber ebenfalls nicht dadurch erfolgreich,
dass die Bundespolitik entschieden hat, die und die Stadt
wird bevorzugt gefördert und die und die Städte lassen wir
dafür verkommen. Vielmehr sind diese Regionen aus dem
Wettbewerb der Städte und Regionen als Sieger hervorgegangen.
Ein von ganz oben geförderter Erfolg schafft nicht nur Unmut
und Gegner, sondern ist auch substanziell schwächer da nicht
aus eigener Kraft erarbeitet und wird daher immer weiter auf
Förderung angewiesen bleiben. Das sieht man sehr gut an den
großen Hafenstädten: Die wurden tatsächlich nach dem Krieg
besonders gefördert, erhielten Landesstatus und Bundesmittel
für ihre besondere Bedeutung und eine imaginierte "Belastung",
die sie angeblich aus dem Auftrag hätten, Güter aus Übersee
herbeizuschaffen (was die Sache geradezu auf den Kopf stellt,
weil sich diese Städte darum natürlich auswirtschaftlichen
Gründen geradezu reißen). Was ist das Ergebis? Hamburg steht
heute wirtschaftlich ganz gut da (wenn auch nicht so gut wie
Stuttgart, Frankfurt oder München), aber sicher nicht wegen
dieser Ausgleichszahlungen. Das Gegenbeispiel haben wir mit
Bremen, das trotz aller Subventionierung ziemlich schwächelt
und seit vielen Jahren zusätzlich über den Länderfinanzsausgleich
gestützt werden muss, um nicht noch weiter abzusinken. Ob das
aber motiviert, eine andere Politik zu machen und sich selbst
aus dem Sumpf zu ziehen, oder ob damit solche Verhältnisse nicht
zementiert werden, wird zurecht schon länger diskutiert. Ich
glaube, dass es langfristig schlecht für Leipzig wäre, wenn
es so liefe, dass Leipzig die Messe (und wenn auch nur scheinbar!)
durch eine Intervention auf Bundesebene behielte. Das würde
den Erfolg nur "vergiften".

Daher: Viel Glück für Leipzig, dass es mit der GC bestehen kann,
auch gegen die BIU in Köln. Aber bitte keine Parteinahme auf
Bundesebene für die eine oder andere Stadt. Das wird niemals
gut ausgehen.

Ulriko


Bewerten
- +
Ansicht umschalten