Von Johann Gottfried Herder
Das größte Übel des Staats, die Ratte in der Bildsäule
Hoan-Kong frage einst seinen Minister, den Koang-Tschong, wofür man
sich wohl in einem Staat am meisten fürchten müsse. Koang-Tschong
antwortete: "Prinz, nach meiner Einsicht hat man nichts mehr zu
fürchten, als was man nennet: die Ratte in der Bildsäule."
Hoan-Kong verstand diese Vergleichung nicht; Koang-Tschong erklärte
sie ihm also:
"Ihr wisset, Prinz, daß man an vielen Orten dem Geiste des Orts
Bildsäulen aufzurichten pflegt; diese hölzernen Statuen sind inwendig
hohl und von außen bemalet. Eine Ratte hatte sich in eine
hineingearbeitet; und man wußte nicht, wie man sie verjagen sollte.
Feuer dabei zu gebrauchen getraute man sich nicht, aus Furcht, daß
solches das Holz der Statue angreife; die Bildsäule ins Wasser zu
setzen, getraute man sich nicht, aus Furcht, man möchte die Farben an
ihr auslöschen. Und so bedeckte und beschützte die Ehrerbietung, die
man vor der Bildsäule hatte, die - Ratte."
"Und wer sind diese Ratten im Staat?" fragte Hoan-Kong.
"Leute", sprach der Minister, "die weder Verdienst noch Tugend haben
und gleichwohl die Gunst des Fürsten genießen. Sie verderben alles;
man siehet es und seufzet darüber; man weiß aber nicht, wie man sie
angreifen, wie man ihnen beikommen soll. Sie sind die Ratten in der
Bildsäule."
Scheint wohl als ob Cromme und Löscher jetzt mit der eisernen Faust
vorgehen. Weiter so!
Das größte Übel des Staats, die Ratte in der Bildsäule
Hoan-Kong frage einst seinen Minister, den Koang-Tschong, wofür man
sich wohl in einem Staat am meisten fürchten müsse. Koang-Tschong
antwortete: "Prinz, nach meiner Einsicht hat man nichts mehr zu
fürchten, als was man nennet: die Ratte in der Bildsäule."
Hoan-Kong verstand diese Vergleichung nicht; Koang-Tschong erklärte
sie ihm also:
"Ihr wisset, Prinz, daß man an vielen Orten dem Geiste des Orts
Bildsäulen aufzurichten pflegt; diese hölzernen Statuen sind inwendig
hohl und von außen bemalet. Eine Ratte hatte sich in eine
hineingearbeitet; und man wußte nicht, wie man sie verjagen sollte.
Feuer dabei zu gebrauchen getraute man sich nicht, aus Furcht, daß
solches das Holz der Statue angreife; die Bildsäule ins Wasser zu
setzen, getraute man sich nicht, aus Furcht, man möchte die Farben an
ihr auslöschen. Und so bedeckte und beschützte die Ehrerbietung, die
man vor der Bildsäule hatte, die - Ratte."
"Und wer sind diese Ratten im Staat?" fragte Hoan-Kong.
"Leute", sprach der Minister, "die weder Verdienst noch Tugend haben
und gleichwohl die Gunst des Fürsten genießen. Sie verderben alles;
man siehet es und seufzet darüber; man weiß aber nicht, wie man sie
angreifen, wie man ihnen beikommen soll. Sie sind die Ratten in der
Bildsäule."
Scheint wohl als ob Cromme und Löscher jetzt mit der eisernen Faust
vorgehen. Weiter so!