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  • Lilywhite Lilith

249 Beiträge seit 29.05.2006

thomas bernhard haette [laengst] geschossen...

in einem anderen posting fragt ein forenteilnehmer, wann das volk
denn endlich von den nordafrikanischen staaten lernt.
nun, meiner beobachtung nach wird das volk von den nordafrikanischen
staaten heute und morgen eher nicht lernen. und uebermorgen wohl
vermutlich eher auch nicht. zum einen scheint mir bei einem grossteil
der bundesrepublikanischen bevoelkerung keine lernbereitschaft
vorhanden zu sein, weil gar kein lernbedarf gesehen wird. wo denn
auch? einer mehrheit geht es immer noch so gut, dass die wesentlichen
grundbeduerfnisse befriedigt werden koennen.
und diese wesentlichen grundbeduerfnisse bestehen zum anderen aus
recht einfach zu befriedigenden beduerfnissen. solange die
sportuebertragungen gesichert sind und der bierpreis nicht ueber
gebuehr steigt, man sich [beliebiges kann hier eingesetzt werden]
leisten und jedes jahr nach, sagen wir einmal, mallorca fliegen kann,
ist die welt fuer diese mehrheit vermutlich absolut ertraeglich.
wenn dann noch sportliche grossereignisse in deutschland stattfinden
["deutschland, ein fussballmaerchen"], der papst zu besuch kommt
["wir sind papst"], und uns frau merkel ein ums andere mal davon
ueberzeugt, dass es zu ihrer politik sowieso keine wirklichen
alternativen gibt, ist es der deutsche michel mehr als zufrieden.
die masse der meinungsbildenden medien kommt diesen als wesentlich
erkannten grundbeduerfnissen in idealer weise entgegen, indem sie
ihrerseits durch absenkung des niveaus die menschen nicht
ueberfordert, sondern sie in der richtigen wahrnehmung ihrer
wesentlichen grundbeduerfnisse bestaerkt.
in einer perfekt funktionierenden spassgesellschaft interessiert es
eine mehrheit wesentlich mehr, wo prinz ernst august seine notdurft
neuerlich verrichtet, der papst die erde gekuesst hat [ach so, das
ist ja nun nicht mehr. schade eigentlich!?] oder hansi hinterseer
seinen naechsten urlaub verbringt, als so anstrengende und abstrakte
themen wie z. b. der schutz der privatsphaere im internet.
aufgeschreckt aus ihrer tiefen lethargie wuerden manche zeitgenossen
wohl [wenn ueberhaupt] erst dann, wenn die ersten schuesse fallen.
aber die situation heute ist grundlegend anders als in den 68-ern.
fallende schuesse wuerden die mehrheit in ihrem glauben bestaerken,
dass es ja nun offensichtlich sei, warum sich der staat gegen die
verbreitung von kinderpornographie im internet durch strenge und
praeventive ueberwachung aller buerger vehement zur wehr setzen
muesse.
man kann eigentlich in diesem unserem lande nur noch zum zyniker
werden. oder sich alternativ auch weichspuelen lassen wie die
mehrheit, ganz so, wie es ingeborg bachmann einmal sehr treffend in
einem ihrer gedichte beschrieben hat.
weichgespuelt sieht die welt dann wohl gar nicht mehr so uebel aus...
vielleicht sollte man allmaehlich wirklich anfangen zu wuenschen, die
prophezeiung des films "melancholia" von lars von trier moege sich
gnaedig erfuellen. bevor extraterrestrische wesen uns am ende
tatsaechlich noch entdecken und, nach eingehendem studium der spezies
mensch, kollektiv an schreikraempfen verenden...

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