So jedenfalls sah es Harald, der sich recht schnell von dem Erlebnis
mit dem denkenden Handy erholt hatte. Zwar tränte sein Auge noch
etwas, aber dennoch... immerhin hatte Sylvie ihn fürsorglich mit
Kaffee und Muffins versorgt und - eher wegen der Wärme als wegen
seiner Anmerkung, dass "Frauen vor dem Computer trotzdem sexy
Kleidung tragen könnten" - sogar ein kurzes schwarzes Strechkleid
angezogen.
Harald war also ganz zufrieden. Bis denn diese Meldung kam, die
voraussichtlich wieder seinen Sonntag zu einem Schattentag mutieren
lassen würde.
"Zensur gibt es bei uns nicht?" fragte Sylvie und holte sich selbst
eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Harald hoffte, sie würde nicht
wieder aus der Flasche trinken. Frauen, die aus der Flasche tranken,
wirkten irgendwie vulgär. Er kratze über seinen 5-Tage-Bart und sah
aus sein T-Shirt, dass mittlerweile durch die diversen Kaffee- und
Tabakflecke wie ein Shirt mit Reptildruck aussah.
"Nein, bei uns gibt es keine Zensur." wiederholte er und erklärte
Sylvie dann, nachdem er wieder auf seine Eignung als
Internet-Konifere hingewiesen hatte, warum es keine Zensur gab.
Immerhin hieß ja Zensur Vorzensur, ergo war es nur dann Zensur, wenn
man etwas gar nicht erst sehen durfte. Aber hier war dies nicht der
Fall. Man durfte es ja sehen, nur wurde dann eben die Illegalität
festgestellt und das Ganze verboten. So einfach war das.
"Hm." Sylvie war nicht überzeug. Sie runzelte die Stirn und trank
einen Schluck. "Wenn jetzt also Webseiten, die in Amerika legal sind,
in Amerika gehostet werden, wenn diese Webseiten hier in Deutschland
also gesperrt werden - dann ist das weder Zensur noch eine
Beschränkung der Informationsfreiheit?"
"Richtig. Das ist die normale Schutzfunktion des Staates."
"Wie ist das bei dieser McDonald-Sache?" hakte Sylvie nach.
"McDonalds verklagt doch den italienischen Kritiker, der ihre
Brötchen gummiartig nannte und ihre Fritten als "nach Pappe
schmeckend" bezeichnete. Wenn sie jetzt Recht bekommen - was ist das
dann? Zensur, Beschränkung der Meinungsfreiheit?"
"Weder noch - denn so etwas haben wir ja in den freien Staaten nicht.
Das ist letztendlich das ganz normale Verfahren, wenn man sich
diffamiert fühlt oder jemand einer Firma schaden möchte."
"Warum darf er nicht sagen, dass die Fritten wie Pappe schmecken?"
"Sylvie..." Harald seufzte. "Er darf es doch sagen. Aber wenn er, als
anerkannter Kritiker, dies veröffentlicht, schadet er einer Firma.
Und die Firma hat das Recht und die Pflicht, sich zu schützen."
"Hm - und wenn jetzt Reich-Ranicki, als anerkannter Kritiker,
veröffentlicht, dass das Buch xy grottenschlecht ist und man es nicht
kaufen soll?"
"Dann ist das eine freie Meinungsäußerung." meinte Harald
bemerkenswert inkonsequent.
Sylvie stöhnte auf. "Dann gibt es also gar keine Zensur, keine
Einschränkung der Meinungsfreiheit, keine Einschränkung der
Informationsfreiheit?"
"Genau - das alles existiert nur in den Köpfen dieser Paranoiker. Die
werden schon ihre Gründe haben, warum sie diese Nazi und Gewaltseiten
verteidigen."
Sylvie schüttelte den Kopf und wandte ihren Blick wieder zum Monitor.
"Aber wenn das alles, inclusive Auftrittsverbote oder
Bücherverbote... wenn das alles keine Zensur ist sondern lediglich
die Schutzfunktion des Staates, warum ist es dann nciht auch eine
Schutzfunktion vom Irak, wenn sie zum Beispiel den Zugang zu
Demokratie-Seiten sperren?"
"Ganz einfach." meinte Harald lässig und ließ sich von Sylvie eine
neue Flasche Bier bringen. Er selbst war noch zu leidend dazu.
"Ganz einfach, Schatz? Dann erklär es mir."
Harald lächelte und drückte sie an sich. Hach, wenn sie so lieb war
und sich so hübsch anzog, dann konnte man es direkt mit ihr
aushalten. Wenn sie jetzt noch die Themen wechseln würde, wäre alles
paletti. Es war ja doch gar nicht so schwer, sich hübsch zu machen,
wo war also das Problem? Sylvie deutete mit einem Kopfnicken nach
unten und Harald zupfte seine Boxershorts zurecht. "Tja, wenn man
nichts drunter trägt, fällt schon mal was raus..." meinte er grinsend
und Sylvie seufzte.
"Also, warum ist es denn im Falle der Iraker keine Zensur?" hakte sie
nach.
"Ganz einfach, Sueße. Überleg doch mal, welche Staatsform wir hier
haben. Na?"
Sylvie sah ihn irritiert an.
"Sueße, wir sind eine Demokratie. Und dort gibt es keine Zensur. Und
der Irak ist eine Diktatur. Zumindest war es eine. Jetzt ist er ja
befreit. Aber dort gibt es eben Zensur."
"Also sollten wir diese ganzen Bestrebungen unterstützen weil wir ja
eine Demokratie sind und deshalb überhaupt nichts mit Zensur zu tun
haben können?"
Langsam kam sich Sylvie wie im Zirkus vor, in dem Das Oppossum gerade
einen rhetorischen Zaubertrick anwandte um alle davon zu überzeugen,
dass Sicherheit die größte Freiheit sei.
"Genau!" strahlte Harald.
"Und wenn jetzt aus Versehen zuviel gesperrt, pardon... beschützt
wird?"
Und diese Frage konnte Harald jetzt noch lässiger beantworten:
"Dann ist das ein Kollateralschaden der Demokratie."
mit dem denkenden Handy erholt hatte. Zwar tränte sein Auge noch
etwas, aber dennoch... immerhin hatte Sylvie ihn fürsorglich mit
Kaffee und Muffins versorgt und - eher wegen der Wärme als wegen
seiner Anmerkung, dass "Frauen vor dem Computer trotzdem sexy
Kleidung tragen könnten" - sogar ein kurzes schwarzes Strechkleid
angezogen.
Harald war also ganz zufrieden. Bis denn diese Meldung kam, die
voraussichtlich wieder seinen Sonntag zu einem Schattentag mutieren
lassen würde.
"Zensur gibt es bei uns nicht?" fragte Sylvie und holte sich selbst
eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Harald hoffte, sie würde nicht
wieder aus der Flasche trinken. Frauen, die aus der Flasche tranken,
wirkten irgendwie vulgär. Er kratze über seinen 5-Tage-Bart und sah
aus sein T-Shirt, dass mittlerweile durch die diversen Kaffee- und
Tabakflecke wie ein Shirt mit Reptildruck aussah.
"Nein, bei uns gibt es keine Zensur." wiederholte er und erklärte
Sylvie dann, nachdem er wieder auf seine Eignung als
Internet-Konifere hingewiesen hatte, warum es keine Zensur gab.
Immerhin hieß ja Zensur Vorzensur, ergo war es nur dann Zensur, wenn
man etwas gar nicht erst sehen durfte. Aber hier war dies nicht der
Fall. Man durfte es ja sehen, nur wurde dann eben die Illegalität
festgestellt und das Ganze verboten. So einfach war das.
"Hm." Sylvie war nicht überzeug. Sie runzelte die Stirn und trank
einen Schluck. "Wenn jetzt also Webseiten, die in Amerika legal sind,
in Amerika gehostet werden, wenn diese Webseiten hier in Deutschland
also gesperrt werden - dann ist das weder Zensur noch eine
Beschränkung der Informationsfreiheit?"
"Richtig. Das ist die normale Schutzfunktion des Staates."
"Wie ist das bei dieser McDonald-Sache?" hakte Sylvie nach.
"McDonalds verklagt doch den italienischen Kritiker, der ihre
Brötchen gummiartig nannte und ihre Fritten als "nach Pappe
schmeckend" bezeichnete. Wenn sie jetzt Recht bekommen - was ist das
dann? Zensur, Beschränkung der Meinungsfreiheit?"
"Weder noch - denn so etwas haben wir ja in den freien Staaten nicht.
Das ist letztendlich das ganz normale Verfahren, wenn man sich
diffamiert fühlt oder jemand einer Firma schaden möchte."
"Warum darf er nicht sagen, dass die Fritten wie Pappe schmecken?"
"Sylvie..." Harald seufzte. "Er darf es doch sagen. Aber wenn er, als
anerkannter Kritiker, dies veröffentlicht, schadet er einer Firma.
Und die Firma hat das Recht und die Pflicht, sich zu schützen."
"Hm - und wenn jetzt Reich-Ranicki, als anerkannter Kritiker,
veröffentlicht, dass das Buch xy grottenschlecht ist und man es nicht
kaufen soll?"
"Dann ist das eine freie Meinungsäußerung." meinte Harald
bemerkenswert inkonsequent.
Sylvie stöhnte auf. "Dann gibt es also gar keine Zensur, keine
Einschränkung der Meinungsfreiheit, keine Einschränkung der
Informationsfreiheit?"
"Genau - das alles existiert nur in den Köpfen dieser Paranoiker. Die
werden schon ihre Gründe haben, warum sie diese Nazi und Gewaltseiten
verteidigen."
Sylvie schüttelte den Kopf und wandte ihren Blick wieder zum Monitor.
"Aber wenn das alles, inclusive Auftrittsverbote oder
Bücherverbote... wenn das alles keine Zensur ist sondern lediglich
die Schutzfunktion des Staates, warum ist es dann nciht auch eine
Schutzfunktion vom Irak, wenn sie zum Beispiel den Zugang zu
Demokratie-Seiten sperren?"
"Ganz einfach." meinte Harald lässig und ließ sich von Sylvie eine
neue Flasche Bier bringen. Er selbst war noch zu leidend dazu.
"Ganz einfach, Schatz? Dann erklär es mir."
Harald lächelte und drückte sie an sich. Hach, wenn sie so lieb war
und sich so hübsch anzog, dann konnte man es direkt mit ihr
aushalten. Wenn sie jetzt noch die Themen wechseln würde, wäre alles
paletti. Es war ja doch gar nicht so schwer, sich hübsch zu machen,
wo war also das Problem? Sylvie deutete mit einem Kopfnicken nach
unten und Harald zupfte seine Boxershorts zurecht. "Tja, wenn man
nichts drunter trägt, fällt schon mal was raus..." meinte er grinsend
und Sylvie seufzte.
"Also, warum ist es denn im Falle der Iraker keine Zensur?" hakte sie
nach.
"Ganz einfach, Sueße. Überleg doch mal, welche Staatsform wir hier
haben. Na?"
Sylvie sah ihn irritiert an.
"Sueße, wir sind eine Demokratie. Und dort gibt es keine Zensur. Und
der Irak ist eine Diktatur. Zumindest war es eine. Jetzt ist er ja
befreit. Aber dort gibt es eben Zensur."
"Also sollten wir diese ganzen Bestrebungen unterstützen weil wir ja
eine Demokratie sind und deshalb überhaupt nichts mit Zensur zu tun
haben können?"
Langsam kam sich Sylvie wie im Zirkus vor, in dem Das Oppossum gerade
einen rhetorischen Zaubertrick anwandte um alle davon zu überzeugen,
dass Sicherheit die größte Freiheit sei.
"Genau!" strahlte Harald.
"Und wenn jetzt aus Versehen zuviel gesperrt, pardon... beschützt
wird?"
Und diese Frage konnte Harald jetzt noch lässiger beantworten:
"Dann ist das ein Kollateralschaden der Demokratie."