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941 Beiträge seit 17.09.2001

Die einseitig Darstellung zu Open Access

Was penetrant verschwiegen wird, ist, dass Wissenschasftler hier zwei
im Konflikt stehende Interessen haben: 1. Dass ihre Arbeiten
möglichst frei und einfach im Internet abrufbar sind, damit Kollegen
es leicht abrufen können, es viel gelesen und drauf aufgebaut wird --
und, was quasi immer unter den Tisch fällt, 2. sie wollen ihre
Arbeiten mit der Marke eines angesehenen Journals veröffentlicht
haben; als eine Art Qualitätsstempel, der Reputation einbringt.

Das sind zwei in der momentanen Situation unvereinbare Ziele, da die
meisten angesehenen Journale fest in der Hand von Verlagen stecken
(Elsevier, ...), die an ihrem traditionellen Modell ziemlich strikt
festhalten.

Also versucht man es mit der gesetzlichen Keule, indem man per
Urheberrechtsparagraph verhindern will, dass ein Verlag trotz
übertragenem ausschließlichem Nutzungsrecht es dem Autor untersagen
kann, den publizierten Artikel auf seine Webseite zu stellen. Da
beschweren sich die Verlage zu recht, denn sie geben dann ihr
Qualitätssiegel kosenlos her, während keine Bibliothek mehr das
Journal kauft, da sie nur noch Linklisten zusammenstellen müssen.

Auch ignoriert wird dabei, dass das alleine schon deshalb ein Schuss
in den Ofen ist, weil im Internet selbstverständlich nicht exklusiv
deutsche, sondern vielmehr Gesetze vieler verschiedener Länder
gelten, und dass diese alle eingehalten werden müssen. Wäre also ein
solcher "Open access"-Paragraph  (ich schreibe bewusst
Anführungszeichen, denn was gesetzlich vorgeschlagen ist, hat mit der
Open-Access-definition diverser Initiativen nicht viel zu tun) im
deutschen Gesetz, würde das die Veröffentlichung im Internet nur
erlauben, wenn der Zugang auf den deutschen Raum beschränkt ist. Ist
das Werk weltweit abrufbar, kann der Verlag in jedem anderen Land,
die alle keine solchen Regelungen haben, gegen den Autor klagen
(Forum shopping).

Man muss entweder mit der Orthodoxie der traditionellen Marken
brechen, oder mit dem Wunsch, dass die Arbeit frei abrufbar ist. Die
momentane Diskussion ist schitzophren, scheinheilig und unehrlich.

Leider gibt es mutige Schritte wie beim JALG (Elsevier) nur selten,
wo das prestigeträchtige Herausgeberkommitee geschlossen dem Verlag
Konsequenzen androht, wenn die Preisgestaltung nicht erheblich
korrigiert wird, und wo diese Drohung dann auch konsequent wahr
gemacht wird, und das Kommitee zu einem Verlag überwechselt, der
neben akzeptablen Preisen zusätzlich den Autoren beim
Vertragsabschluss diverse Optionen bezüglich Rechteübertragung lässt.

Wissenschaftler müssen sich an solche Herausgeberkommitees wenden
(auf die letztendlich das Prestige der Marke aufbaut), die immerhin
ihre Kollegen sind. Sie müssen sie auf ihre Verantwortung aufmerksam
machen und dazu drängen, zu anderen Verlagen zu wechseln, die den
Autoren bessere Konditionen einräumen. Für die Wissenschaftsgemeinde
ist es dann sowieso nur "Raider heißt jetzt Twix". Erst wenn das bei
mehr als nur einem Journal passiert ist, werden die traditionellen
Verlage erkennen, welche Stunde es geschlagen hat, und dass sie sich
den Gegebenheiten des Internetzeitalters angemessen weiterentwickeln
müssen, wenn sie nicht untergehen wollen.

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