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  • PremKavi

mehr als 1000 Beiträge seit 16.08.2006

Ich lese immer wieder Tauschbörsen

Dabei sind Tauschbörsen ohnehin schon längst auf dem absteigenden
Ast. An ihre Stelle ist an erster Stelle Rapidshare und an zweiter
Stelle die beiden großen deutschsprachigen Usenet Provider getreten,
die mit ihren Clients auffinden und herunterladen von Dateien aus dem
Usenet erheblich erleichtert haben.

Wobei übrigens, interessanterweise, die Googlestatistik ausweist, das
nach diesen beiden Usenet Anbietern wesentlich häufiger als nach
Usenet gesucht wird. Nach Usenet wird im Schnitt der letzten sechs
Monate nur noch etwa 30.000 mal pro Monat gesucht, nach firstload
schon 40.000 mal und nach Usenext sogar 90.000 mal.

Nicht, dass ich das etwa gutheißen würde. Die kleineren Usenet
Provider, die niemals mit den Urheberrechtsverletzungen im Usenet
geworben haben, können nur hilflos zusehen, wie diese beiden großen
Kasse machen. Dabei sind viele der kleineren auch noch wesentlich
billiger und bieten abgesehen vom Client auch deutlich mehr Leistung
ohne sich vertraglich gleich für ein Jahr binden zu müssen.

Wenn also Kultur Flatrate, dann müsste man entweder bei den
Internetservice Providern die Gebühr erheben, das wäre dann
wenigstens im Großen und Ganzen National flächendeckend oder bei
Rapidshare und dem Usenet Anbietern. Wobei Letzteres auf die
Problematik stößt, dass niemand verpflichtet ist, einen Vertrag mit
einem deutschen Usenet Provider zu machen. Und nationale
Vereinbarungen interessieren einen holländischen oder amerikanischen
Usenet Provider nicht die Bohne. Andererseits würden sämtliche nicht
deutschen kulturschaffenden dabei leer ausgehen. Das trifft bereits
auf schweizerische und österreichische Produktionen zu. Man kann es
auch nicht EU-weit zum Gesetz machen, denn dann würden alle Länder
außerhalb der EU, in denen Sprachen aus der EU gesprochen werden
(Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch und
Italienisch)praktisch kostenlos von einer EU Flatrate profitieren.
Und umgekehrt Künstler aus diesen Ländern bei der Verteilung der in
der EU eingenommenen Gelder leer ausgehen.

Es hat sich offensichtlich auch noch nicht bis zur FDP
herumgesprochen, dass die Musikindustrie mit ihren DRM Maßnahmen sich
die illegal herunterladende Kundschaft überhaupt erst in großem
Maßstab gezogen hatte. Wer einmal erlebt hatte, wie durch das
einlegen einer Musik-CD das Betriebssystem kompromittiert wurde, hat
anschließend bestimmt nie wieder eine CD gekauft, die einen DRM
Schutz aufweist. Stattdessen hatte er/sie sich höchstwahrscheinlich
umgesehen, wo man diese Musik ohne DRM bekommt. Also in den Kanälen,
in denen der Bezug als illegale gilt.

Wer einmal, wie gerade in den USA passiert, erlebt hat, dass ein
legal erworbenes Buch vom Händler (Amazon) von seinem Lesegerät
gelöscht wird, ein Buch, an dem er gerade gelesen hatte, hat mit
Sicherheit auch die Nase voll von diesen Systemen und wird in Zukunft
nach Downloadmöglichkeiten ohne Eingriffsmöglichkeiten des Händlers
suchen. Dass das Geld zurückerstattet wurde, ändert nichts daran,
dass man ein Buch nicht zu Ende lesen konnte.

Ansonsten spricht der Berliner Autor Thomas Brussig nur für die
Autoren, für die er schon mal Euro 5 monatlich fordert, gleichzeitig
jedoch die weit überhöhten Euro 50 der Justizministerien ablehnt.
Nur, wenn anschließend auch noch die Filmindustrie, die
Musikindustrie, die Software Hersteller und die Spieleindustrie
jeweils fünf Euro fordern, dann sind wir ohnehin schon bei 25 €.

Würden dann Hartz4 Empfänger ähnlich der GEZ von der Gebühr befreit?
Denn, so viel ist sicher, 25 € oder 50 €, beides könnte sich ein
Hartz4 Empfänger keinesfalls leisten, müsste er es dennoch zahlen,
dann würde das bedeuten, er kann sich einen Internetzugang nicht mehr
leisten und bleibt vom wichtigsten Informations und
Kommunikationsmedium unserer Zeit ausgeschlossen. Damit wäre ihm auch
jede Chance verbaut, jemals nochmal aus dem Kreislauf der
Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe herauszukommen. Doch gerade er/sie
ist es, die sich kostenpflichtige Angebote im Internet ohnehin
keinesfalls leisten könnten.

Von all diesen Kultur Flatrate Ideen würde vor allem die
Besserverdienende Schicht profitieren, die sich für ihre ganze
Familie den Kulturrummel überhaupt noch leisten kann. Denn selbst mit
50 € monatlich würde diese Schicht wesentlich besser fahren als mit
dem legalen Kauf.

Man kann auch nicht einfach mit dem Argument daran gehen, das sich
eben nur derjenige bei der Kultur bedienen darf, der sie sich auch
leisten kann. Gerade Radio und Fernsehen liefern gegen eine
Grundgebühr, von der die Ärmsten der Armen zumindest auf Antrag
ohnehin befreit sind, schließlich auch eine meist mittelmäßige Kultur
frei Haus.

Kultur ist nicht etwas für die reichen. Kultur entsteht aus der
Gesamtgesellschaft und kommt ihr auch zugute. Kultur abhängig zu
machen von der finanziellen Leistungsfähigkeit, das entspricht zwar
dem Credo des Kapitalismus, hat jedoch mit Kultur, die viel viel
älter ist als der Kapitalismus nichts mehr zu tun.

Kultur sollte auch nicht ein Selbstbedienungsladen für
Musikindustrie, Verlage und so weiter sein. Also Firmen, die
ausschließlich von der Verwertung des Schaffens und der Rechte
Dritter leben. Mithin ohnehin schon hart an der Grenze zum
Schmarotzertum. Kultur sollte kein Handelsobjekt sein. Ebenso wenig
wie Kinder und was es sonst noch alles gibt, was zum Menschsein
dazugehört und niemals gehandelt werden sollte. Es ist schon mehr als
fragwürdig, wenn die Lebensgrundlagen von uns allen, nämlich die
Ressourcen der Erde wie auch die nutzbaren Flächen der Erde
Handelsobjekte sind. 

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich kein Gegner des Handels
bin. Dass ich aber deutliche Grenzen für das sehe, was zum
Handelsobjekt degradieren darf.

Ich sehe weder die Kultur Flatrate noch schon dreimal nicht den
Vorschlag des FDP-Abgeordneten als Lösung für die Herausforderungen
des digitalen und insbesondere des Internetzeitalters an. Beides
entspringt alten Mustern einer Verwertung von Rechten, die längst
überholt sind.
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