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  • Moody

mehr als 1000 Beiträge seit 08.05.2001

Es gab und gibt immer gute Gruende...

...fuer den Staat...

...die Rechte von Angeklagten zu suspendieren
...die eigene Bevoelkerung zu ueberwachen
...Geheimdienstaktivitaeten zu legitimieren und auszuweiten
...Polizei und Geheimdienst schlagkraeftig zu verbinden
...staatlichen Stellen Amnestie vor den eigenen Gesetzen zu gewaehren
...Pressefreiheit und Kommunikationsfreiheit zu kontrollieren und
ggf. einzuschraenken
... (...)

aber: Warum jetzt das alles? Was ist die neue Qualitaet?

Weder Naz*s noch Kinderp**no noch "Organisierte Kriminalitaet" (das
darf man noch ausschreiben ohne dass sich Filter darum kuemmern) noch
"T**ror" rechtfertigen die Vehemenz mit der der Abbau von privater
Handlungsfreiheit nun betrieben wird. All dies gab es schon immer,
und in nicht allzuferner Vergangenheit sogar staerker als heute.

Rechtstaatlichkeit scheint einfach nicht mehr en Vogue zu sein,
Buergerrechte sind nur ein Klotz am Bein, Pluralitaet in der
Gesellschaft steht unter dem Generalverdacht Verbrechen zu
beguentigen.

Also was ist es? Das einzige was ich sehe was sich grundlegend
geaendert hat sind die Spielregeln der nationalen und vor allem der
internationalen Oekonomie. Alle westlich orientierten
Industriestaaten bauen Sicherheiten und staatliche
Versorgungsleistungen (Rente, Kuendigungsschutz, ...) bei der
arbeitenden (sprich lohnabhaengigen) Bevoelkerung ab, die billige
Rohstoffversorgung, die den Wachstumsmotor auf Kosten der periphaeren
Laender am Laufen gehalten hat stottert. Trotzdem sind wir (noch)
nicht in einer echten Rezession, sondern unser (insgesamter) Reichtum
vermehrt sich halt langsamer, waehrend die interne Umverteilung immer
extremer wird.

Das heist: Die Karten innerhalb der Bevoelkerung werden neu gemischt,
wenige Gewinner werden mehr Verlierern gegenueberstehen - hier
massive soziale Spannungen vorauszusehen bedarf keines Hellsehens.

Und genau vor diesem Hintergrund machen alle Aenderungen Sinn: Um den
Status quo auch mittel- und langfristig abzusichern kann der Staat
nicht mehr auf Ausgleich setzen, den Ueberschuss zur Sicherung des
sozialen Friedens kann er nicht beliebig produzieren ohne die
Kapitalfinanzierten Schichten staerker zu belasten, was nicht
offensichtlich nicht gewuenscht wird, im Gegenteil.
Wenn er das nicht kann, dann muss er zu anderen Formen sozialer
Kontrolle greifen: Erzeugen von Konformitaet, Abbau von Pluralitaet,
Aufbau eines schlagkraeftigen Repressionsapparates (allein die
Drohung gegen Nicht-Konformisten ist die maechtigste Waffe),
Verschleierung der eigenen Arbeit bei steigerung der Transparenz der
Buerger usw. "Internetueberwachung" ist ein Mosaikbaustein, der sich
perfekt einpasst in das große Gemaelde - und genau das sehen wir
gerade.

Alle diese Instrumente gehen hand in Hand, wenn man das grose Bild
betrachtet. Ter**r, K*po usw. machen keinen Sinn zur Rechtfertigung
der konzertierten Aktionen, die Leute erkennen halt keine
Salamitaktik wenn sie sie sehen oder zu dicht vor dem Mosaik stehen
(das ist auch Sinn und Zweck dieses Vorgehens).

Andererseits gibt es noch deutlich genug Freiheit um einen Schritt
zurueckzutreten, den Weg und das Bild zu erkennen und das politisch /
gesellschftliche Ziel zu dem es fuehrt.

Wer das erkennen kann, der hat zumindest die Chance den Willen zu
aeussern in eine andere Richtung gehen zu wollen, ein anders Bild aus
den Steinchen (anderen Steinchen) einzubauen, oder zumindest eine
Ecke des Gemaeldes zu retten.

Wer aber den Versuch macht wirklich zu gestalten, anstatt nur
mitzulaufen, der wird die interessante Erfahrung machen wie weit es
mit der gefuehlten Freiheit tatsaechlich her ist in unserem liberalen
Land. Eine sehr interessante Erfahrung zumeist, welche die meisten
Leute, die sich zu eigenstaendigem Denken und Handeln hinreissen
liessen, dazu bringt nicht mehr mit dem Widerstand (in welchem Sinn
auch immer) nachzulassen.

Es gibt immer eine bessere und es besteht immer die Gefahr einer
schlechteren Zukunft - was soll's denn sein?

Gruss,
M.
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