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9 Beiträge seit 20.03.2002

Kleine Historie und Meinung zum ESP, ASR

In den 70ger war die Welt für Mercedes, BMW und andere Anbieter von
(relativ) stark motorisierten Hecktrieblern noch in Ordnung.
Frontantrieb war gut für Kleinwagen und Limousinen bis ca. 180 PS,
darüber war nur Heckantrieb wirklich akzeptabel, obwohl die gering
belastete Hinterachse schon häufig mit dem gebotenen Drehmoment
überfordert war. Bei den Amis gab es zwar Frontantriebsfahrzeuge mit
großen V8 Motoren (z.B. Cadillac Seville Elegante mit
Zylinderabschaltung, Oldsmobile Toronado), aber das war keine
ernstzunehmende Konkurrenz, da nur zum Cruisen gedacht.
Obwohl der Heckantrieb nicht ohne Fehl war. Stärkere BMW (323i, 528i)
galten als Heckschleudern und waren nicht ungefährlich auf feuchter
Strasse.

Mit dem Erscheinen des Audi Quattro und vor allem den starken
Limousinen 200 Quattro (20V) und Audi V8 gab es plötzlich eine
ernstzunehmende Alternative zum klassischen Heckantrieb. Mit
hervorragender Traktion und geringen Antriebseinflüssen in der
Lenkung war hier echte Konkurrenz für den Heckantrieb in Sicht.
Während Porsche (928, 944, 968), Ferrari (Daytona), Alfa Romeo und
Volvo  (343) das Getriebe an die Hinterachse anflanschten und damit
die Traktion verbesserten, hatten Mercedes und BMW, spätestens mit
Erscheinen des BMW 750i und des 560ger, ein Problem ihre Fahrzeuge
trotz der hohen Leistung beherrschbar zu machen. Ein
Sperrdifferential hilft zwar die einseitig am durchdrehenden,
kurveninneren Rad verrauchende Leistung gleichmäßig zu verteilen,
führt aber zum Ausbrechen des Fahrzeugs wenn beide Hinterräder
durchdrehen (hilft also der Traktion aber nicht der Sicherheit).
Allrad war keine Option, da man erstens der Konkurrenz keine Blöße
geben wollte und zweitens die Antriebkonfiguration (Motor über der
Vorderachse) dies nur mit erheblichem Aufwand zugelassen hätte (z.B.
später: Mercedes 300E 4-Matic und BMW 325iX).
Die Lösung war, die Sensorinformation vom ABS zur Regelung des
Antriebsschlupfes  über die Motorsteuerung zu verwenden (ASR =
Antriebsschlupfregelung). Zusätzlich kann auch noch die Traktion
durch Abbremsen des durchdrehenden Rades verbessert werden und man
spart sich ein mechanisches Sperrdiffential.
Die logische Weiterentwicklung zum ESP kam durch hinzufügen von
Sensoren für Beschleunigung und Drehung um die Hochachse. ESP
versucht über Bremseingriffe die Fahrtrichtung so zu korrigieren, das
sie wieder mit der Lenkungsstellung übereinstimmt.
Wenn beim Beschleunigen die Warnlampe blinkt, ist häufig nur ASR im
Eingriff aber noch nicht ESP.
Da ESP bei heutigen Systemen nur über Bremseingriffe (und natürlich
das Motordrehmoment) eingreift, kann insbesondere Untersteuern in
Kurven schlecht ausgeglichen werden, da das geringbelastete
kurveninnere Hinterrad kaum Bremsleistung übernimmt. Übersteuern, die
ursprüngliche Gefahr für starke Heckantriebsfahrzeuge, läßt sich
besser ausgleichen. Wenn Mercedes nicht wegen der umfallenden
A-Klasse gezwungen worden wäre, ESP im Kompaktwagen anzubieten (was
so nie vorgesehen war), dann wäre es womöglich immer noch ein Feature
ausschließlich für Luxusfahrzeuge.
Meiner Erfahrung nach (mit Fiat Uno, Renault Clio) sind Kleinwagen
mit Frontantrieb auch ohne ESP ziemlich fahrsicher, während stark
motorisierte Hecktriebler ohne ASR/ESP bei Näße und Schnee gefährlich
werden können (E39 M5).
Mich persöhnlich hat ESP/ASR nie gestört. Im Gegenteil: Durch diese
elektronischen Helfer wird die hohe Leistung erst gefahrlos
einsetzbar.

Gruß,

RM
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