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  • Dracocephalus

mehr als 1000 Beiträge seit 25.09.2002

Re: wissenschafftliche abhandlungen. ausgerechnet...

3.14159265 schrieb am 10. Februar 2006 14:01

> Der Prof. mit der Abhandlung über "Mitochrondrienevolution unter
> Berücksichtigung der Gaiatherorie" in 600 Seiten, meinetwegen als PDF
> hinwirft, wird durch uns Steuerzahler finanziert. Wenn er dieses Werk
> 'gratis' veröffentlicht, bezahlt schlicht und einfach wieder der
> Steuerzahler. - Einer bezahlt immer!

Und wer konsumiert? Auch der Steuerzahler! Wo ist da das Problem? Da
weiß man wenigstens, das man für etwas nützliches Geld ausgegeben
hat. Das sollte jetzt aber nicht davon ablenken, daß Google ganz
sicher nicht geeignet ist, das Wissen der Menschheit zu konservieren.
Das sollten sich viele verlinkte staatliche Bibliotheken in aller
Herren Ländern und reichlich BackupServern teilen.

> Meiner Meinung nach soll der bezahlen, der WISSEN KONSUMIERT. wenn
> einer aufgrund des erworbenen Wissens Geld verdient, ists sowiso
> recht, wenn einer mit erworbenem Wissen einfach schlauer werden will,
> ebenso.

Warum soll ich, um mal im Bild zu bleiben, für Wissen zahlen, das mit
meinen Steuergeldern finanziert wurde, an einen Autoren, der von
meinen Steuergeldern bezahlt wird, an einer Institution, die von
meinen Steuergeldern lebt?

> Das ausgerechnet im (natur)wissenschaftlichen Bereich Bibliotheken
> unglaublich teuer sind, liegt weniger daran, dass sich die Verlage
> Viertvillen auf Mallorca finanzieren, sondern eher daran, dass es
> unglaublich aufwendig ist, korrektes Wissen auf hohem Niveau zu
> publizieren.

Nein, es liegt schlicht daran, daß die Auflagen so gering sind.
Sicherlich ist die Nachfrage auch geringer als bei "The
DaVince-Code", weil die Informationen nicht von jedem verstaden
werden und es daher nicht für jeden ideal ist, z.B. im "Cancer
Handbook" nachzublättern, wenn sie die Gründe für Lungenkrebs wissen
wollen. Es ist sogar herzlich wenig aufwendig, wissenschaftlich zu
publizieren. Einzig die Verlage machen es teuer, dabei leisten sie
eigentlich nichts. Die Autoren werden von ihren Institutionen bezahlt
(meist also vom Steuerzahler). Dazu zählen auch Ausgaben für die
Publikation. Die PeerReview machen ebenfalls solche Wissenschaftler
für Ruhm und Ehre, also für Lau. Alles was man braucht ist also einen
Artikel, den als PDF schön aufmachen und ein paar Experten
drüberlesen lassen. Das Ganze dann kostenlos ins Netz stellen.
Fertig. Was die Verlage dann noch drumherum machen, ist nicht
Wissenschaft, sondern Kommerz. Und der Steuerzahler zahlt dann
nochmal drauf, weil ja die UBs die Journals immer kaufen müssen (und
den Online-Zugang oft extra). Und dann soll er auch noch zahlen, wenn
er es wieder lesen möchte (also ein drittes Mal)? Am besten noch
Pay-Per-View für 30$/24h? Wohl kaum...

> Wenn Du schon mal ein Paper geschrieben hast, dass dann
> nach der 5. Review und einem halben Jahr endliche ins Paper gelang,
> weisst Du auch warum.

Nein, weiß ich tatsächlich nicht. Die Xte Review macht es nicht
teurer und die Zeit, die Du dafür geopfert hast, zahlt auch der
Steuerzahler (oder in der freien Wirtschaft eben der Kunde, der meist
auch Steuerzahler ist). Und was hast Du jetzt noch für Rechte an
Deinem Paper? Darfst Du es kostenlos auf dem UB-Server oder Deiner
Homepage der Welt zugänglich machen? Bei den meisten Verlagen darfst
Du das nicht, was letztlich die Perversion sichtbar macht: Jemand,
der eigentlich nur ein Handlanger für Dich sein sollte, schreibt Dir
vor, was Du mit Deinem Wissen tun darfst oder eben nicht. In meiner
Diss werden hauptsächlich Artikel zitiert, die kostenlos im Netz zu
finden sind. Weil ich einfach keinen Bock mehr hab, ständig zur UB zu
laufen, nur weil ich um 3 Uhr morgens in ein Paper von 1994
reinschauen will. Von freiem Zugang zu allem Wissen profitiert
letztlich die Wissenschaft am meisten. Verlierer sind die Verlage,
die sind dann überflüssig oder zumindest in ihrer Macht stark
beschnitten.

Das möchte ich, besonders dann, wenn ich wieder mal auf ein Paper
klicke und mit Elseviers 30$-Nachricht hochpoppt...:-(

D.

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