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Presseerklärung

P r e s s e e r k l ä r u n g

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Gericht: Speicherung von
Internetadressen durch T-Online illegal

Die T-Online AG speichert von ihren Kundinnen und Kunden, mit welcher
Internetadresse ("dynamische IP-Adresse") sie sich jeweils im
Internet bewegen. Diese Daten werden mehrere Monate lang (80 Tage
nach Rechnungsversand) aufbewahrt.

Diese Speicherung von Verbindungsdaten ist illegal. Das entschied am
gestrigen Donnerstag das Amtsgericht Darmstadt 1) mit Bezug auf
geltende Datenschutzbestimmungen 2).

Geklagt hatte ein 32jähriger T-Online-Kunde aus Münster. Der sah die
Speicherung der dynamischen IP-Adressen als unzulässige Überwachung
an, die er nicht länger hinnehmen wollte. Unterstützt wurde er in
dieser Auffassung durch den Bundesdatenschutzbeauftragten, von dem
das Gericht eine Stellungnahme eingeholt hatte.

Die T-Online AG konnte das Gericht nicht von ihrer Darstellung
überzeugen, nach der die Speicherung der IP-Adressen für den
technischen Betrieb sowie für Abrechnungszwecke erforderlich sei. Der
Kläger verwies darauf, dass andere Internetanbieter auch ohne
Speicherung dieser Daten arbeiten und abrechnen können. Die T-Online
AG konnte nicht darlegen, warum das in ihrem Fall anders sei.

Weiter hatte die T-Online AG argumentiert, die Internetadressen für
Missbrauchs- und Störungsfälle zu benötigen. Dass eine Speicherung
der IP-Adressen in solchen Fällen allerdings zulässig sein kann,
hatte der Kläger gar nicht bestritten. Diese Einzelfälle seien im
Gesetz auch geregelt 3). Eine Vorratsdatenspeicherung, bei der
unabhängig von einem konkreten Anlass pauschal die Adressen aller
Kunden und Kundinnen gespeichert würden, sei aber illegal. Auch
dieser Argumentation schloss sich Richter Kirchhoff in seiner
mündlichen Urteilsbegründung an.

Abgewiesen wurde allerdings der Antrag des Klägers, auch die Zeiten
und die Datenmengen seiner Internetverbindungen nicht mehr zu
speichern: Diese Informationen seien beim Pauschaltarif ("Flatrate")
des Kunden tatsächlich für die Abrechnung nicht erforderlich, könnten
aber in eventuellen Rechtsstreitigkeiten über Internetrechnungen
wichtig werden. Außerdem seien Nutzungszeiten und Datenmengen
datenschutzrechtlich nicht so problematisch wie die IP-Adressen. Die
schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.

Weil der Klage nicht in allen Punkten stattgegeben wurde, muss der
Kläger die Gerichts- sowie seine Anwaltskosten selbst zahlen.

Gegen das Urteil sind noch Rechtsmittel möglich.

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Kläger: Holger Voss, Münster
Rechtsanwalt: Stefan Jaeger, Wiesbaden

Beklagte: T-Online International AG, Darmstadt

Gericht: Amtsgericht Darmstadt, Julius-Reiber-Straße 15
Richter: Herr Kirchhoff
Geschäftsnummer: 300 C 397/04

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Fußnoten:

1) Aktenzeichen: 300 C 397/04, Amtsgericht Darmstadt

2) § 6 Abs. 1 TDDSG bzw. § 97 Abs. 3 TKG

3) § 6 Abs. 8 TDDSG bzw. § 100 Abs. 3 TKG

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Gesetzestexte:

TDDSG § 6 (Nutzungsdaten) Absatz 1:

Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers ohne
dessen Einwilligung nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies
erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telediensten zu
ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten). Nutzungsdaten sind
insbesondere
a) Merkmale zur Identifikation des Nutzers,
b) Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen
Nutzung
   und
c) Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Teledienste.

TDDSG § 6 (Nutzungsdaten) Absatz 8:

Liegen dem Diensteanbieter zu dokumentierende tatsächliche
Anhaltspunkte vor, dass seine Dienste von bestimmten Nutzern in der
Absicht in Anspruch genommen werden, das Entgelt nicht oder nicht
vollständig zu entrichten, darf er die personenbezogenen Daten dieser
Nutzer über das Ende des Nutzungsvorgangs sowie die in Absatz 7
genannte Speicherfrist hinaus nur verarbeiten und nutzen, soweit dies
zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Nutzer erforderlich
ist. Der Diensteanbieter hat die Daten unverzüglich zu löschen, wenn
die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht mehr vorliegen oder die Daten
für die Rechtsverfolgung nicht mehr benötigt werden. Der betroffene
Nutzer ist zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des mit der
Maßnahme verfolgten Zweckes möglich ist.

TKG 2004 § 97 (Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung) Absatz 3:

Der Diensteanbieter hat nach Beendigung der Verbindung aus den
Verkehrsdaten nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 5 unverzüglich die für
die Berechnung des Entgelts erforderlichen Daten zu ermitteln. Nicht
erforderliche Daten sind unverzüglich zu löschen. Die Verkehrsdaten
dürfen - vorbehaltlich des Absatzes 4 Satz 1 Nr. 2 - höchstens sechs
Monate nach Versendung der Rechnung gespeichert werden. Hat der
Teilnehmer gegen die Höhe der in Rechnung gestellten
Verbindungsentgelte vor Ablauf der Frist nach Satz 3 Einwendungen
erhoben, dürfen die Verkehrsdaten gespeichert werden, bis die
Einwendungen abschließend
geklärt sind.

TKG 2004 § 100 (Störungen von Telekommunikationsanlagen und
Missbrauch von Telekommunikationsdiensten) Absatz 3:

Soweit erforderlich, darf der Diensteanbieter bei Vorliegen zu
dokumentierender tatsächlicher Anhaltspunkte die Bestandsdaten und
Verkehrsdaten erheben und verwenden, die zum Aufdecken sowie
Unterbinden von Leistungserschleichungen und sonstigen rechtswidrigen
Inanspruchnahmen der Telekommunikationsnetze und -dienste
erforderlich sind. Zu dem in Satz 1 genannten Zweck darf der
Diensteanbieter die erhobenen Verkehrsdaten in der Weise verwenden,
dass aus dem
Gesamtbestand aller Verkehrsdaten, die nicht älter als sechs Monate
sind, die Daten derjenigen Verbindungen des Netzes ermittelt werden,
für die tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht der rechtswidrigen
Inanspruchnahme von Telekommunikationsnetzen und -diensten begründen.
Insbesondere darf der Diensteanbieter aus den nach Satz 1 erhobenen
Verkehrsdaten und den Bestandsdaten einen pseudonymisierten
Gesamtdatenbestand bilden, der Aufschluss über die von den einzelnen
Teilnehmern erzielten Umsätze gibt und unter Zugrundelegung
geeigneter Missbrauchskriterien das Auffinden solcher Verbindungen
des Netzes ermöglicht, bei denen der Verdacht einer
Leistungserschleichung besteht. Die Daten der anderen Verbindungen
sind unverzüglich zu löschen. Die Regulierungsbehörde und der oder
die Bundesbeauftragte für den Datenschutz sind über Einführung und
Änderung eines Verfahrens nach Satz 1 unverzüglich in Kenntnis zu
setzen.

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