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  • skagerrak,

76 Beiträge seit 11.05.2004

Ceterum censo

Wer die Meinungen zu Software-Patenten hier im Forum liest, kann nur
zu dem Schluss kommen, dass die Mehrheit der Vertreter der
betroffenen Industrie, die Einführung von Software-Patenten unisono
ablehnt und darüber hinaus als hochgefährlich für den gesunden
Fortbestand Ihrer Branche einstufen.

Angesichts dieses Umstandes ist es zynisch oder verfehlt
Software-Patente und die Förderung und den Erhalt von Arbeitsplätzen
in einem Atemzug zu nennen. Arbeitsplätze werden i.d.R von den
Grosskonzernen eher abgebaut als geschaffen und SW-Patente können
diesen bedauernswerten Abbau eher beschleunigen, da sich die grossen
Konzerne darauf konzentrieren werden, mittels SW-Patenten ihre
Vormachtsstellung eher auszubauen als durch die Schaffung von
Arbeitskräften innovative Produkte zu entwickeln. Produktionskosten
werden minimiert (gegen Null), während Gewinne maximiert werden
(gegen Unendlich). So funktionieren die wirtschaftlichen Giganten.

Genau diese Konzerne propagieren die Bedeutung von SW-Patenten für
den europäischen Arbeitsmarkt, obwohl sie zusehends ihre
Produktionsstätten in Billiglohnländer auslagern. Konzerne, welche
sich dermassen paradox und heuchlerisch verhalten. verlieren nicht
nur ihre Glaubwürdigkeit sondern auch ihr Anhörungsrecht und ihre
politische Bedeutung. Wahrscheinlich werden genau aus diese Kreisen
erpresserisch Studien und Bemerkungen zu erwarten sein, welche die
Attraktivität des Standortes Europa ohne SW-Patente in Frage stellen
werden.

Arbeitsplätze werden vorwiegend im Segment der KMUs geschaffen, für
die die Freiheit im Software-Bereich eine essenzielle Triebfeder ist,
da nicht für jeden Codeschnipsel Lizenzen bezahlt oder
Eigenentwicklungen aus dem Hut gezaubert werden können.
Software-Entwicklung war, ist und wird immer eine Tätigkeit sein, die
auf bereits vorhandenen Errungenschaften/Verfahren aufbaut. Wenn nun
also sämtliche "logischen Vorstufen" patentrechtlich unzugänglich
sind, wird der Entwicklung von Software die Basis entzogen.

Deshalb ist auch gerade die Angst der Entwickler freier und
quell-offener Software, dass die grossen kommerziellen Anbieter
ähnlicher Produkte Patente als Keule gegen OSS einsetzen werden,
begründet. Denn wenn sich die Qualität von kostenloser OSS-Software
und diejenige von teueren kommerziellen Produkten immer mehr
annähert, bleiben dem kommerziellen Anbieter längerfristig lediglich
patentrechtliche Argumente, um den Konkurrenten auszuschalten. Die
Wahrscheinlichkeit, dass dies nach der Einführung von SW-Patenten
eintrifft, ist gross, denn die Patentbatterien sind geladen,
ausgerichtet und feuerbereit.

Opfer dieses Gemetzels werden kleine Betriebe, freischaffende
Entwickler, Entwickler freier und quell-offener Software sein, und
nicht zuletzt die europäische Eigenständigkeit. Ferner werden die
Kosten für kommerzielle Software steigen, da die Lizenzkosten für
patentrechtliche Ansprüche in den Preis des Produktes einfliessen
werden. Auch der einfache Anwender von Software wird somit die
negativen Auswirkungen von SW-Patenten ertragen müssen.

Aus psychologischer Sicht sind SW-Patente nur durch ihr blosse
Existenz eine Hemmschwelle für die Entwicklung oder den Einsatz von
Software, wie sich dies ja bereits am Beispiel der Stadt München
gezeigt hat. Rechtsunsicherheit ist also eine weitere schädliche
Folge von SW-Patenten. Dies würgt die Innovationskraft und das
Wachstum des Marktes ab.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass Software-Patente ge-shreddert
werden müssen.

skagerrak
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