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  • Eff0ktiv

11 Beiträge seit 01.07.2015

"Im Artikel steht aber"

Ich finde es ja schon interessant, dass die Autorin vorgibt, die Richtlinie sorgfältiger gelesen zu haben als Axel Voss, denn das ist offensichtlich nicht der Fall. Vermutlich bricht sie deshalb auch den Satz "Im Artikel steht aber" plötzlich ab, ohne auszuführen, was dort eigentlich steht (und was nicht). Dort steht nämlich eben nicht, dass das Google-Rechenzentrum zum Maßstab aller Inhalteanbieter werden soll - ganz im Gegenteil.

Es müssen lediglich "hohe branchenübliche Standards" eingehalten werden (Art. 17 Abs. 4b ). Jeder Diensteanbieter muss sich also lediglich an Anbietern aus der eigenen Branche mit hohen Standards orientieren - für das hier genannte Modelleisenbahnforum gilt also nicht das, was für Google und Twitch gilt, sondern das, was bei vergleichbaren Anbietern üblich und angemessen ist. Weiterhin steht in der Richtlinie, dass der Filter auf keinen Fall zu viel filtern darf (Art. 17. Abs. 7). Außerdem muss bei der Haftung von Diensteanbietern insbesondere auch "Art und Umfang des Dienstes" sowie " die Verfügbarkeit geeigneter und wirksamer Mittel und die Kosten, die den Anbietern dieser Dienste hierfür entstehen" berücksichtigt werden (Art. 17 Abs. 5). Das heißt im Klartext: Jeder ist nur zu solchen Maßnahmen gezwungen, die auch tatsächlich sinnvoll und für ihn wirtschaftlich zumutbar sind.

Ich würde in dem hier gemachten Beispiel sogar noch weitergehen und behaupten, die meisten Internet-Foren sind von der Richtlinie überhaupt nicht erfasst, da sie die Definition von "Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten" i.S. der Richtlinie nicht erfüllen. Betroffen sind nämlich nur Anbieter, "der HAUPTzweck bzw. einer der
Hauptzwecke darin besteht, eine große Menge an von seinen Nutzern hochgeladenen,
urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zu speichern und der Öffentlichkeit Zugang hierzu zu verschaffen, wobei dieser Anbieter diese Inhalte
organisiert und zum Zwecke der Gewinnerzielung bewirbt." (Art. 2 Abs. 6). Es werden dann nochmal ein paar explizite Gegenbeispiele wie Wikipedia und GitHub aufgeführt, das ist allerdings nicht als abschließende Auflistung zu verstehen.

Grund zur Kritik an der Richtlinie gibt es trotzdem genug. Versprochen hat man uns ein Urheberrecht für das digitale Zeitalter. Bekommen haben wir vor allem wieder die alten Regeln, die jetzt besser durchgesetzt werden sollen. Stattdessen hätte es eine Verringerung der Schutzfristen, Fair Use, Recht auf Remix usw. geben müssen.

Schade, dass die Diskussion sich weiterhin so auf die inzwischen unglaubwürdig gewordenen Schreckensszenarien verhärtet.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (27.03.2019 11:50).

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