Natürlich fahren die meisten Leute mit dem Auto, aus zwei ganz einfachen Gründen:
1. Es bringt mich immer da hin, wo ich auch hin möchte, auch über weite Entfernungen hinweg, und nicht nur dahin wo irgend ein verschrobener Verkehrsplaner glaubt, dass ich vielleicht ab und an hinkommen möchte oder was nahe genug ist, dass ich es auch mit dem Rad oder zu Fuß erreichen kann.
2. Es bringt mich zu jeder Zeit dorthin, wo ich dorthin fahren möchte oder aus terminlichen Gründen muss und nicht nur dann, wenn irgend ein verschrobener Verkehrsplaner das für sinnvoll hält.
Ich weiß was jetzt viele sagen: Ja, aber die Verkehrsplaner, die erheben ja Statistikdaten und diese Daten sagen, die meisten Menschen fahren eben nur dort hin und dass auch nur zu diesen Zeiten.
Aber wer das denkt, der soll mir bitte eines mal beantworten: Wie sollten denn die Menschen dorthin fahren, wohin kein Verkehrsmittel fährt zu den Zeiten, zu denen es nicht dorthin fährt? Also was hätte bitte die Statistik auch anderes ergeben sollen? Da wo kein Angebot ist, da können Menschen es auch nicht nutzen.
Das ist so wie wenn eine Bäckereikette Weizen- und Roggenbrötchen anbietet, allerdings bieten sie Roggenbrötchen nur dort an, wo die meisten Menschen Weizenbrötchen bevorzugen und auch nur zu den Zeiten, wo Menschen normalerweise generell wenig Brötchen kaufen. Und dann wird eine Statistik erhoben und das Ergebnis ist "Wir können aufhören Roggenbrötchen zu verkaufen, weil die kauft so gut wie eh niemand" Ach was, na wer hätte auch mit diesem Ergebnis rechnen können? Das war doch eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Auch ein gerne gebrachtes Argument ist: Wir haben ja mal 4 Wochen dort einen Bus hin fahren lassen in kurzen Zeitintervallen und auch da wurde das Angebot kaum genutzt.
Darauf kann ich nur sagen: Viel zu kurz. Bis überhaupt mal irgendwer was davon mitbekommen hat, ist das Angebot ja schon wieder eingestellt worden. Außerdem werden Menschen nicht ihr Leben umstellen, nur weil da ein 4-wöchiges Versuchsprojekt läuft, weil sie dann in 4 Wochen alles wieder rückgängig machen müssen, wenn das nicht dauerhaft so bleibt. Und wer eh schon ein Auto hat, der fährt das natürlich auch weiterhin. Ein Effekt stellt sich erst dann ein, wenn dieses Auto eines Tages verkauft oder verschrottet wird und man sich dann überlegt "Brauche ich jetzt überhaupt eines neues, angesichts der guten Verkehrsanbindung?" Nur bis dahin ist sie ja schon lange nicht mehr gut, also kauft er wieder ein neues. Das Angebot muss immer da sein und es muss gesichert da sein über Jahre, damit mehr und mehr Menschen es annehmen. Das dauert. Aber wenn da kein Angebot ist, dann wird sich auch nie etwas ändern, weil die Menschen können hier nicht den ersten Schritt machen.
Alleine schon bei der Zeitplanung setzt hier oft das Hirn aus. Zwei Beispiele aus der Praxis:
Meine Arbeitsstätte liegt in einem Gewerbegebiet außerhalb einer größeren Stadt. Erreicht werden kann es nur mit dem Auto oder mit dem Zug. Es fährt hier zwar auch ein Bus herum, aber der fährt nur innerhalb des Gewerbegebietes und innerhalb der darum liegenden Wohngebieten, um z.B. Leute zum Zug zu bringen. Er hält aber auch an einem Supermarkt und an einem Schnellimbiss.
Der Bus fährt den ganzen Tag nach einem normal getakteten Fahrplan. Den ganzen Tag? Nein, zwischen 12 Uhr und 14 Uhr fährt er so gut wie gar nicht (etwa 1x pro Stunde nur). Also ausgerechnet in der Zeit, wo die ganzen Büroarbeiter schön ihre Mittagspause haben, so wie die Schüler der benachbarten Berufsschule, und gerne mit dem Bus zum nächsten Supermarkt oder Schnellimbiss fahren würden, beide zu weit weg um sie zu Fuß zu erreichen, da fährt also kein Bus. Also müssen sie selber mit dem Auto fahren oder direkt mit dem Zug zur nächsten Stadt, nur im letzten Fall hat man das Problem, dass wenn man in der Stadt ankommt, in 25 Minuten der Zug in die Gegenrichtung fährt und den müssen die meisten erwischen und 25 Minuten ist nicht viel Zeit um vom Bahnhof irgendwo hinzugehen, dort was zu essen und es pünktlich zurück zum Bahnhof zu schaffen.
Auch haben sich viele gefreut über den Bus, weil der seine Endstation an der Stadtgrenze hat. Wenn also mal wieder der Zug ausfällt, und das passiert doch recht oft, vor allem im Winter, dann kommt man so wenigstens auch ohne Auto aus dem Gewerbegebiet zur nächsten Stadt. Von dort kann man dann mit einem anderen Bus weiter in die Stadt fahren und mit noch einmal umsteigen erreicht man einen Bus, der einen dort wieder zum Bahnhof bringt, wo einem diverse Verkehrswege offen stehen. Natürlich ist der Zug viel schneller und bequemer, aber wenn er nicht fährt, dann wäre der Bus doch der ideale Ersatz und die Bahn kann sich den Schienenersatzverkehr sparen. Eigentlich. Nur wenn Leute mal wieder vergebens auf den Zug warten, dann ist das natürlich nach Feierabend, denn wenn der Zug in der Früh nicht fährt, dann kommen sie j gar nicht bis zur Arbeit. Ja... nach Feierabend. Doof nur, dass kurz vor 19 Uhr der letzte Bus fährt und danach keiner mehr, viele aber auch erst um 19 Uhr oder danach Feierabend haben, bzw. eben auch mal Überstundungen schieben müssen.
Ein anderes Beispiel ist die Kleinstadt, wo ich früher gewohnt habe. Die hatte bis auf Busse gar kein ÖPNV, aber immerhin, da fuhr ca. alle 2 Stunden (alleine dieses Zeitintervall ist schon eine Hindernis) ein Bus - also nicht ein einziger, die hatten schon mehre Linien, aber pro Linie fuhr da alle 2 Stunden nur ein Bus. Aber eben auch nur bis 18 Uhr und nicht am Sonntag. Also wer erst um 18 Uhr oder danach Feierabend hatte, der konnte nicht mehr mit dem Bus nach Hause fahren, ergo ist natürlich niemand mit dem Bus zur Arbeit gefahren. Auch wer abends mal fortging und auch was trinken wollte, konnte nicht mit dem Bus nach Hause fahren, obwohl das sehr viele Leute gerne getan hätten. Und ausgerechnet am Sonntag, wo die Menschen am meisten Zeit haben, wo Familien auch mal einen Ausflug machen, da fährt gar kein Bus? Für wen bitte haben die diese Buslinien in's Leben gerufen? Wer haben sie gedacht, soll damit fahren? Die Busse sind fast immer leer gefahren? Kein Wunder, immer dann, wenn man sie gebraucht hätten, sind sie ja gar nicht gefahren! Also zwingt man Menschen sich ein Auto zu kaufen und haben sie erst einmal eines, dann müssen sie es auch fahren, weil sonst verlieren sie mehr Geld als wenn sie es nicht fahren.
Ich bin in einer Großstadt aufgewachsen, da habe ich weder Auto noch Führerschein gebraucht, warum auch, wenn teilweise alle 5 Minuten irgendwo irgend was fährt und man auch Nachts um 2 Uhr mit dem ÖPVN von einer Ecke der Stadt noch in die andere kam, auch wenn man da länger Wartezeiten in Kauf nehmen musste? Aber selbst Nachts um 2 Uhr ist da noch mehr gefahren wie den ganzen Tag über in vielen Kleinstädten. Würde man den ÖVPN in Großstädten um 20% einschränken, wäre das immer noch kein Problem, denn außerhalb der Pendlerzeiten fahren auch dort viele Busse und U-Bahnen so gut wie leer auf bestimmten Strecken. 20% länger warten zu müssen macht bei einer Taktung von 20, 10 oder sogar nur 5 Minuten doch wirklich keinen Unterschied. Aber würde man das Geld, das man dabei einspart, in den ÖPVN von Kleinstädten investieren, dann bekämen die auch endlich mal etwas, das den Namen ÖPVN auch verdient. So wie die Situation jetzt ist, ist ein Auto dort absolut unverzichtbar und weiter draußen am Land gleich dreimal.
/Mecki